Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1995
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Recht versagt wurde.
Die Klägerin (Klin) ist von Beruf Erzieherin. Im Einkommensteuerbescheid 1995 vom 13.9.1996 erkannte der Beklagte (Finanzamt – FA–) geltend gemachte Aufwendungen (insbesondere Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte) mit der Begründung nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit an, daß die Aufwendungen nicht nachgewiesen seien. Stattdessen wurde lediglich der Arbeitnehmer-Pauschbetrag in Höhe von 2.000 DM in Abzug gebracht. Der Einkommensteuerbescheid vom 13.9.1996 wurde von der Bearbeitungsstelle des FA in I. erstellt.
Mit Schreiben vom 10.10.1996 legte die Klin gegen den Einkommensteuerbescheid Einspruch ein. Dieses Schreiben wurde von der Klin in den Briefkasten des Finanzamts R. eingeworfen. Der Eingangsstempel des Finanzamts R. (angebracht auf dem Briefumschlag) enthält den Vermerk 16. Okt. 1996 Frühleerung. Da das Finanzamt R. die Steuerakten bereits am 6.4.1995 wegen Zuständigkeitswechsels (Umzug) an das FA abgegeben hatte, leitete es das Einspruchsschreiben an das FA weiter. Der Eingangsstempel des FA trägt das Datum des 21.10.1996.
Ein weiteres Einspruchsschreiben (ebenfalls vom 10.10.1996; Einkommensteuerakte Bl 22) übersandte die Klin auf dem Postwege an die Bearbeitungsstellte des FA in I. Der Briefumschlag dieses Schreibens ist mit Poststempel vom 22.10.1996 von der Post abgestempelt. Auf dem Schreiben selbst ist ein Eingangstempel des FA vom 24.10.1996 angebracht.
Nachdem das FA die Klin darauf hingewiesen hatte, daß die Einspruchsfrist bereits am 16.10.1996 abgelaufen und der Einspruch somit verspätet eingelegt worden sei, teilte die Klin mit, daß sie in der Zeit vom 8.9.–28.9.1996 in Urlaub gewesen sei. Außerdem beantragte sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Begründung, daß sie der (irrigen) Meinung gewesen sei, den Einspruch zur Fristwahrung bei jedem bayerischen Finanzamt einlegen zu können.
Der Einspruch blieb ohne Erfolg. In der Einspruchsentscheidung (EE) vom 23.2.1998 wurde der Einspruch wegen Überschreitens der Einspruchsfrist als unzulässig verworfen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde vom FA nicht gewährt.
Mit der Klage wird vorgetragen, daß das FA die geltend gemachten Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitstätte zu Unrecht nicht anerkannt habe. Das Einspruchsschreiben sei beim Finanzamt R. noch innerhalb der Einspruchsfrist eingeworfen worden. Dieses Amt sei früher für die Klin zuständig gewesen, weswegen sie auch nicht zur Bearbeitungsstelle nach I. habe fahren wollen. Zudem habe es das FA versäumt, die Klin darauf hinzuweisen, daß der Einspruch in M. abzugeben sei. Außerdem käme es immer wieder vor, daß für die Klin bestimmte Post aus dem Briefkasten an ihrer Wohnung verschwinde oder erst Tage später im Briefkasten liege.
Die Klin beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 1995 vom 13.9.1995 in Gestalt der EE in der Weise zu ändern, daß die in der Einkommensteuererklärung geltend gemachten Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt werden.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Schriftsatz vom 9.3.1999 übersandte die Klin das Orginal des Einkommensteuerbescheids 1995 vom 13.9.1996.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist nicht begründet.
1. Die Klin hat die Einspruchsfrist (vgl. § 355 Abs. 1 AO) versäumt. Im Zeitpunkt des Eingangs der Einspruchsschreiben beim FA am 21. bzw. am 24.10.1996 war die Einspruchsfrist bereits abgelaufen. Die Frist endete mit Ablauf des 16.10.1996.
Das FA hat es zu Recht abgelehnt, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 110 AO zu gewähren. Nach dieser Vorschrift ist auf Antrag Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn ein Steuerpflichtiger ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Im Streitfall rechtfertigen die von der Klin vorgetragenen Gründe es nicht, die Versäumnis der Frist um 5 bzw. 8 Tage als entschuldbar anzusehen.
2. Gem. § 357 Abs. 2 Satz 1 AO ist ein Einspruch bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird. Anzubringen bedeutet in diesem Falle, daß das Einspruchsschreiben die zuständige Behörde als Adressaten aufführt und daß es dieser Behörde auch übermittelt wird.
Zuständige Behörde in diesem Sinne war im Streitfall das FA und nicht das Finanzamt R. Nur das FA hatte den angefochtenen Einkommensteuerbescheid erteilt, so daß der Einspruch auch nur bei dieser Behörde anzubringen war. Dies entspricht den Angaben in der Rechtsbehelfsbelehrung, wonach der Rechtsbehelf (Einspruch) entweder beim FA in M. oder bei dessen Bearbeitungsstelle in I. einzureichen gewesen wäre. Danach war das Einspruchsschreiben vom 10....