Entscheidungsstichwort (Thema)
Einfuhrabgaben wegen vorschriftswidriger Einfuhr von Zigaretten
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine vorschriftswidrige Einfuhr liegt auch dann vor, wenn bei der Gestellung von Waren gemäß Art. 40 ZK gleichzeitig eine summarische Anmeldung oder eine Zollanmeldung abgegeben wird, die Beschreibung der Warenart aber nicht mit den Tatsachen übereinstimmt.
Das vorschriftswidrige Verbringen ist in dem Zeitpunkt beendet, in dem der Lkw mit den nicht angemeldeten Waren den Amtsplatz des Zollamts verlässt. Bei einer Beschlagnahme der geschmuggelten Ware nach diesem Zeitpunkt kommt deshalb ein Erlöschen der Zollschuld nach Art. 233 Buchst. d ZK nicht mehr in Betracht.
2. Bei Steuerhinterziehern ist im Rahmen der Abgabenfestsetzung eine Differenzierung nach der Rolle der jeweiligen Beteiligten im Tatgeschehen und dem aus der Tat gezogenen Nutzen regelmäßig nicht geboten.
Normenkette
ZK Art. 40, 202 Abs. 1, 3, Art. 233 Buchst. d; TabStG § 21; AO §§ 235, 370 Abs. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der Kläger als Schuldner von Einfuhrabgaben in Anspruch genommen werden kann, die wegen der vorschriftswidrigen Einfuhr von Zigaretten entstanden sind.
Am 17. Februar 2001 wurden bei der Kontrolle eines ungarischen Lkw bei E 1.205.600 Stück unversteuerte und unverzollte Zigaretten vorgefunden und beschlagnahmt, die am Tag zuvor über das Zollamt S in die Bundesrepublik Deutschland eingeschmuggelt worden waren. Die Zigaretten wurden am 20. Dezember 2001 vernichtet.
Daraufhin forderte der Beklagte (das Hauptzollamt – HZA –) mit Steuer- und Zinsbescheid 30. Januar 2002 vom Kläger als Gesamtschuldner 41.665,54 DM Zoll, 184.529,14 DM Tabaksteuer und 47.764,91 DM Einfuhrumsatzsteuer (insgesamt 273.959,59 DM = 140.073,31 EUR) und Hinterziehungszinsen i.H.v. 7.699,54 EUR an, weil er für die Zwischenlagerung dieser Zigaretten eine Lagerhalle angemietet habe und damit an der Entziehung der Zigaretten aus der zollamtlichen Überwachung beteiligt gewesen sei.
Durch rechtskräftiges Urteil des LG R vom 15. April 2002 wurde der Kläger u.a. wegen dieser Tatbeteiligung wegen gewerbs- und bandenmäßiger Steuerhehlerei zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. In den Urteilsgründen wurde festgestellt, dass sich der Kläger mit den anderen Tatbeteiligten zusammengeschlossen hatte, um gemeinschaftlich, arbeitsteilig und durch räumliches Zusammenwirken den Schmuggel von Zigaretten durchzuführen. Weiter wurde festgestellt, dass die streitgegenständlichen Zigaretten unter einer Ladung von Maschinenteilen versteckt waren und auf Weisung des Klägers in eine von diesem angemietete Lagerhalle verbracht werden sollten.
Nach erfolglosem Einspruch macht der Kläger mit seiner Klage gegen die Einspruchsentscheidung vom 8. Mai 2003 im Wesentlichen geltend, dass er nicht an der Entziehung der Zigaretten aus der zollamtlichen Überwachung beteiligt gewesen sei. Das Anmieten der Lagerhalle zum Zwecke der Lagerung der Zigaretten sei lediglich der Versuch einer Unterstützungshandlung und ohne ursächliche Wirkung auf das Entziehen geblieben. Außerdem habe das HZA bei seiner Inanspruchnahme als Gesamtschuldner das ihm zustehende Ermessen falsch ausgeübt. Es habe nicht berücksichtigt, dass er nur einen geringen Tatbeitrag geleistet habe, der zudem im Versuchsstadium geblieben sei.
Der Kläger beantragt,
die Aufhebung des Steuerbescheids vom 30. Januar 2002 und der Einspruchsentscheidung.
Das HZA beantragt
Klageabweisung.
Es bringt im Wesentlichen vor, dass die Einfuhrabgabenschuld nach Art. 203 Abs. 1 Zollkodex (ZK) durch Entziehen aus der zollamtlichen Überwachung entstanden sei, da die streitgegenständlichen Zigaretten entgegen den Feststellungen des LG R nicht unter Maschinenteilen versteckt, sondern lediglich beigeladen gewesen seien und ein Erlöschen der Zoll- und Einfuhrumsatzsteuerschuld nach Art. 233 ZK somit nicht in Betracht komme. Der Kläger habe sich durch das Anmieten der Lagerhalle am Entziehen beteiligt. Die gesamtschuldnerische Inanspruchnahme des Klägers sei nicht ermessensfehlerhaft, da sich aus dem streitgegenständlichen Steuerbescheid ergebe, dass auch der andere Gesamtschuldner in vollem Umfang zur Zahlung aufgefordert worden sei.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die HZA-Akte und die im Verfahren gewechselten Schriftsätze hingewiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unbegründet.
Das HZA hat vom Kläger im Ergebnis zu Recht Einfuhrabgaben i.H.v. insgesamt 140.073,31 EUR und Hinterziehungszinsen i.H.v. 7.699,54 EUR angefordert.
1. Die Einfuhrabgabenschuld ist nach Art. 202 Abs. 1 ZK i.V.m. § 21 Abs. 2 Tabaksteuergesetz – TabStG – und §§ 13 Abs. 3 a.F., 21 Abs. 2 UStG entstanden, weil die Zigaretten vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht worden sind. Es kann dahin stehen, ob die Zigaretten unt...