Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer 1991 und 1992

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

 

Tatbestand

Der Kläger (Kl), der seinen Wohnsitz in Deutschland hat, erzielte in den Streitjahren 1991 und 1992 aus einem Angestelltenverhältnis Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Daneben erzielte er aus seiner Schachspieltätigkeit Einnahmen. Im wesentlichen handelte es sich um Vergütungen der Schachvereine, für die er spielte, um Start- und Preisgelder auf Turnieren, um Honorare für Beiträge für Schachzeitungen, um Trainingshonorare und Honorare für Simultanveranstaltungen. Der Beklagte (das Finanzamt –FA–) wich 1991 bei der Einkommensteuer(ESt) – Veranlagung insoweit von der Erklärung ab, als er die Einkünfte des Kl aus seiner Tätigkeit als Schachspieler in Höhe von insgesamt 36.901 DM mit 1.093 DM den Einkünften aus selbständiger Arbeit (schriftstellerische Tätigkeit und Lehrtätigkeit) und mit 35.808 DM den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuordnete.

Im ESt-Bescheid 1992 hat das FA die Einkünfte des Kl aus seiner Tätigkeit als Schachspieler bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit erfaßt. Im Einspruchsverfahren beantragte der Kl für 1991 die Einkünfte aus seiner Schachspieltätigkeit als Einkünfte aus selbständiger Arbeit zu erfassen und die in Österreich erzielten Einkünfte aus seiner Schachspieltätigkeit nicht der inländischen Besteuerung zu unterwerfen. Für 1992 beantragte der Kl, die in Österreich und in Holland erzielten Einkünfte aus seiner Schachspieltätigkeit nicht der inländischen Besteuerung zu unterwerfen. Die Einsprüche hatten keinen Erfolg. Nach entsprechendem Hinweis qualifizierte das FA in der Einspruchsentscheidung vom 5. September 1994 die Einkünfte des Kl aus seiner Schachspieltätigkeit von insgesamt 27.063 DM des Jahres 1992 mit Ausnahme der Einkünfte aus schriftstellerischer Tätigkeit und der Lehrtätigkeit in Höhe von 5.657 DM zu einem Teilbetrag von 21.406 DM als Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Nachdem der Kl ursprünglich mit seiner Klage begehrt hatte, die in Österreich (1991: 2.700 DM; 1992: 3.000 DM) und in Holland (1992; 1.760 DM) erzielten Einkünfte nicht der inländischen Besteuerung zu unterwerfen, ist nunmehr nur noch streitig, ob der Bundesrepublik Deutschland das Besteuerungsrecht für die vom Kl in Österreich erzielten Einkünfte in Höhe von 2.700 DM (1991) bzw. 3.000 DM (1992) zusteht.

Zur Begründung seiner Klage trägt der Kl vor, daß es bereits zweifelhaft sei, ob er das Schachspiel berufsmäßig ausübe. Im Gegensatz zu den meisten deutschen Spitzenspielern habe er eine abgeschlossene Berufsausbildung. Er übe auch seinen Beruf aus. Für ihn sei Schach immer ein Hobby gewesen. Er habe das Spiel in der Vergangenheit auch rein amateurhaft betrieben. Erst 1991 habe er seine Leistung so stark verbessert, daß er seitdem zu den deutschen Spitzenspielern gehöre.

Der Behauptung des FA, Schach sei Sport, müsse entgegengetreten werden/ wenn Schach Sport wäre, hätte es der Fiktion des § 52 Abs. 2 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) „Schach gelte als Sport” nicht bedurft. Schach habe eine Jahrhundertalte Tradition. Schach sei schon gespielt worden, als es noch gar keinen Sport gegeben habe. Daß es heutzutage als Denksport gelte, heiße noch lange nicht, daß es die gleichen Tatbestandsmerkmale wie die Körpersportarten erfülle. Im übrigen ergebe sich die „richtige” Einkommensart nicht aus der Abgabenordnung, sondern aus dem Einkommensteuerrecht. Die Abgabenordnung rechne zum Verfahrensrecht. Die Vorschrift des § 52 AO regele auch lediglich die Abgrenzung zwischen gemeinnützigen und nicht gemeinnützigen Zwecken.

Der Hinweis des FA auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu den Berufssportlern übersehe, daß bisher ausschließlich Urteile zur Besteuerung von Körpersportlern ergangen seien. Schachspieler seien Kopfarbeiter und somit keine Sportler im klassischen Sinn. Nach seinen Tätigkeitsmerkmalen ähnele der Schachprofi vielmehr einem Wissenschaftler, einem Künstler oder einem Rechtsanwalt als einem klassischen Sportler. Von dem wissenschaftlich Tätigen werde gefordert, daß er eine schwierige Aufgabe nach wissenschaftlichen Grundsätzen, also nach strengen sachlichen und objektiven Gesichtspunkten anhand einer überprüfbaren Methodik zu lösen versuche. Nach der Rechtsprechung setze eine wissenschaftliche Tätigkeit kein Hochschulstudium, wohl aber wissenschaftliche Kenntnisse voraus. Wende man diese Rechtsgrundsätze auf den Schachprofi an, sei festzustellen, daß dieser sich wissenschaftliche Kenntnisse im Selbststudium aneigne. Jede Partie erfordere die Lösung schwieriger Aufgaben. Bis heute sei eine allgemein gültige Gewinnstrategie noch nicht entdeckt worden. Unter diesem Aspekt könne das Schachspielen als ein ständiges Streben nach Erkenntnis über den objektiven Partieausgang betrachtet werden. Weitere Erkenntnisse gewinne der Schachspieler mit Hilfe der nachträglichen Partieanalyse. Eine professionelle Ausübung des Schachs erfordere den Rückgriff auf Schac...

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