Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerberatergebührenrecht

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die gesetzliche Zuständigkeit des Berichterstatters des Finanzgerichtsverfahrens erstreckt sich auch auf die Entscheidung über Erinnerungen, sofern die Kostenentscheidung im vorbereitenden Verfahren durch den Berichterstatter getroffen worden ist. Der Senat des Finanzgerichts ist nur dann zuständig, wenn die Kostenentscheidung nicht im vorbereitenden Verfahren ergeht.

2) Nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Teil 3 VV RVG wird eine wegen desselben Gegenstands nach den Nummern 2300 bis 2303 entstandene Geschäftsgebühr zur Hälfte, jedoch höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75 auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Die Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG findet auch im finanzgerichtlichen Verfahren Anwendung.

 

Normenkette

FGO § 4; StBGebV § 45; VV RVG Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Teil 3; FGO § 79a Abs. 1 Nr. 5

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob eine Geschäftsgebühr zur Hälfte auf eine nach der Steuerberatergebührenordnung (StBGebV) entstandene Verfahrensgebühr anzurechnen ist.

In dem Verfahren 11 K 2192/11 E vor dem Finanzgericht (FG) Münster wurden nach Erledigung der Hauptsache mit Beschluss vom 05.10.2011 dem Erinnerungsgegner (Eg) die Kosten des Verfahrens aufgelegt und mit Beschluss vom 12.10.2011 die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt.

Die Erinnerungsführerin (Efin) beantragte mit Schriftsatz vom 10.10.2011 folgende Kostenfestsetzung:

1.

Vorverfahren

Gegenstandswert

3.244,11 EUR

(2000:

607,91 EUR

2001:

544,04 EUR

2002:

560,16 EUR

2003:

545,00 EUR

2004:

967,00 EUR

11,5/10 Geschäftsgebühr

§ 40 Abs. 2, 5 StBGebV

249,55 EUR

Gebühren für Post und Telekommunikationsleistungen (§ 16 StBGebV)

20,00 EUR

Zwischensumme

269,55 EUR

19 % Umsatzsteuer (§ 15 StBGebV)

51,21 EUR

Summe 1

320,76 EUR

2.

Klageverfahren Gegenstandswert 1,6 Verfahrensgebühr § 45 StBGebV

3.244,11 EUR

§§ 2, 13 RVG i.V.m. Nr. 3200, 1008 VV

347,20 EUR

1,0 Erledigungsgebühr, § 45 StBGebV

§§ 2, 13 RVG i.V.m. Nr. 1003 VV

217,00 EUR

Gebühren für Post und Telekommunikationsleistungen (§ 45 StBGebV, Nr. 7001 f VV)

20,00 EUR

Zwischensumme

584,20 EUR

19 % Umsatzsteuer (§ 45 StBGebV Nr. 7008 VV)

111,00 EUR

Summe 2

692,20 EUR

Gesamtsumme

1.015,96 EUR

Mit Beschluss des FG Münster vom 12.10.2011 hat der/die Urkundsbeamte/in der Geschäftsstelle die zu erstattenden Kosten auf 391,84 EUR festgesetzt. Zur Begründung hat er/sie ausgeführt, dass sich der Streitwert nach der steuerlichen Auswirkung bei der ESt richte und im vorliegenden Verfahren 1.968,82 EUR betrage. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf den Beschluss verwiesen. Zur weiteren Begründung hat er/sie ausgeführt, dass die Geschäftsgebühr zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr im gerichtlichen Verfahren anzurechnen sei. Des Weiteren sei eine Erledigungsgebühr nicht entstanden. Nach diesem Beschluss berechnen sich die Kosten wie folgt:

1.

Vorverfahren

11, 5/10 Geschäftsgebühr

152,95 EUR

Auslagen

20,00 EUR

2.

Klageverfahren

1,6 Verfahrensgebühr

212,80 EUR

Anrechnung ½ Geschäftsgebühr

./. 76,47 EUR

Auslagen

20,00 EUR

Gesamt

329,28 EUR

Umsatzsteuer, 19 v.H.

62,56 EUR

Gesamt

391,84 EUR

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss vom 12.10.2011 verwiesen, der sich in der beigezogenen Gerichtsakte in dem Verfahren 11 K 2192/11 E vor dem FG Münster befindet.

Hiergegen hat die Efin. mit Schriftsatz vom 17.10.2011 Erinnerung eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass nach der StBGebV eine Geschäftsgebühr nicht auf die Verfahrensgebühr anzurechnen sei. Der Wortlaut des RVG sei eindeutig und beziehe sich nur auf die anwaltliche Geschäftsgebühr nach den Nummern 2300 bis 2303 RVG VV. § 40 StBGebV enthalte keinen Hinweis auf das RVG. Es handele sich um eine völlig selbstständige Vorschrift für das Rechtsbehelfsverfahren. Die sinngemäße Anwendung der Vorschrift des RVG sei ausdrücklich auf die Vergütung des Steuerberaters im gerichtlichen Verfahren beschränkt (§ 45 StBGebV). Die §§ 40 ff. StBGebV sähen keinen Hinweis auf das RVG vor, da sie nicht das gerichtliche Verfahren beträfen. Sie seien – anders als § 45 StBGebV – im 6. Abschnitt der StBGebV geregelt. Die sinngemäße Anwendung der Vorschriften der RVG bezöge sich gemäß § 45 StBGVO eben gerade nicht auf das Vorverfahren. Die Verfahren, für die die sinngemäße Anwendung in Frage komme, seien in § 45 StBGebV abschließend aufgezählt. Mithin könne es sich bei der Geschäftsgebühr für das Vorverfahren nicht um eine Geschäftsgebühr i.S.v. Nr. 2300 ff. RVG VV handeln. Dies wäre aber Voraussetzung für eine hälftige Anrechnung.

Die Efin. weist weiter darauf hin, dass es eine entsprechende Anrechnungsvorschrift auch in der BRAGO gegeben habe, ohne dass diese jahrzehntelang auf Steuerberater angewandt worden sei. Es seien keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des RVG etwas daran ändern wollte. Gebührenminderungstatbestände seien im Übrigen in § 40 Abs. 2 bis 4 und 6 StBGebV enthalten. Eine Anwendung der Anrech...

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