rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsbehelfe gegen einen vom Finanzamt gestellten Insolvenzantrag
Leitsatz (redaktionell)
1. Für den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung gegen einen vom Finanzamt gestellten Insolvenzantrag ist der Rechtsweg zu den Finanzgerichten eröffnet.
2. Ein entsprechender Antrag ist nicht im Hinblick auf § 14 Abs. 1 InsO unzulässig.
3. Ein schwebendes Erlass- und Stundungsverfahren hindert die Vollstreckung nur dann, wenn das betreffende Verfahren voraussichtlich zur Gewährung der beantragten Billigkeitsmaßnahme führen wird.
Normenkette
FGO § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 114; InsO § 14 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob der Antragsgegner (Ag.) zu Recht einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hat.
Der Antragsteller (Ast.) ist Steuerberater. Der Ag. hat - nach vorheriger Einholung der Zustimmung der Oberfinanzdirektion (OFD) … - am 29.11.1999 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Ast. beim Amtsgericht … beantragt. Zu diesem Zeitpunkt bestanden für den Ast. Abgabenrückstände in Höhe von 561.544 DM. Zuvor waren mehrere Zwangsvollstreckungsmaßnahmen des Ag., wie Sach- und Forderungspfändungen, ohne Erfolg geblieben. Vollstreckungen in das unbewegliche Vermögen in Form von Sicherungshypotheken blieben insoweit erfolglos, als wegen vorrangig eingetragener Grundpfandrechte von dem Recht auf Zwangsversteigerung kein Gebrauch gemacht wurde. Am 26.02.1999 hat der Ast. ein Vermögensverzeichnis vorgelegt. Erfolgsversprechende Vollstreckungsmöglichkeiten sind daraus nicht ersichtlich. Zudem hat der Ast. gegenüber dem Ag. erklärt, daß er kein verwertbares Vermögen besitze. Er könne auch lediglich Raten in Höhe von 3.000 bis 5.000 DM monatlich leisten. Entsprechende Zahlungen sind aber nicht erfolgt. Gegenüber dem Insolvenzgericht hat der Ast. die Zurückweisung des Eröffnungsantrags beantragt, da er den Antrag sowohl für unzulässig als auch für unbegründet hält. Über den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat das Amtsgericht bislang nicht entschieden.
Am 21.02.2000 hat der Ast. den Erlaß einer einstweiligen Anordnung, gerichtet auf Rücknahme des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, beantragt. Zur Begründung trägt er unter Bezug auf den Vortrag im Insolvenzverfahren vor, daß der Antrag nach seiner Ansicht unzulässig und unbegründet sei. Der Antrag sei ermessensfehlerhaft, da mit ihm lediglich Druck ausgeübt und eine schnelle Abwicklung des Steuerfalles bezweckt werde. Außerdem habe der Ag. die einzelnen Forderungen konkretisieren und darlegen müssen, ob es sich um betriebliche oder private Schulden handele. Der Antrag sei auch unbegründet, weil von einer nachhaltigen Zahlungsunfähigkeit keine Rede sein könne. So habe er im Jahr 1998 annähernd 280.000 DM an Steuern an den Ag. gezahlt. Der Steuerrückstand werde nur deshalb nicht gezahlt, weil bzgl. der Einkommensteuer- (ESt) Veranlagung 1992 bzw. Gewinnfeststellung 1994 ein Klageverfahren laufe. Werde dabei der von ihm beantragte Verlustrücktrag anerkannt, würde der gesamte Steuerrückstand entfallen. Auch wenn die Vollziehung des ESt-Bescheides 1992 nicht ausgesetzt sei, stelle der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens dennoch eine voreilige Maßnahme dar. Er - der Ast. - sei nicht zahlungsunfähig, sondern lediglich nicht zahlungsbereit. Auch ergebe sich aus dem Vermögensteuerbescheid vom 14.12.1999 ein Rohvermögen für ihn und seine Ehefrau in Höhe von ca. 2,3 Mio. DM. Der Anordnungsgrund bestehe darin, daß bei Durchführung des Insolvenzverfahrens und der damit verbundenen berufsaufsichtlichen Maßnahmen der Steuerberaterkammer seine Existenzgrundlage zerstört werde. Desweiteren habe er bei der OFD … einen Erlaßantrag und beim Finanzgericht Münster einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Gewinnfeststellungsbescheides 1994 gemäß § 69 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) gestellt.
Der Ast. beantragt sinngemäß,
dem Ag. im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, den Antrag beim Amtsgericht … das Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen des Ast. zu eröffnen, zurückzunehmen.
Der Ag. beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er hält den Antrag für unzulässig, da die Frage, ob ein Bedürfnis für einen Insolvenzantrag bestehe, allein von den Insolvenzgerichten zu prüfen sei. Der Antrag sei aber darüber hinaus auch unbegründet, da ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht worden sei. Die Vernichtung der Existenzgrundlage des Ast. sei nicht zu erwarten, da aus einer Pressemitteilung vom 29.01.2000 zu entnehmen sei, daß der Ast. beabsichtige, ab Juli diesen Jahres seine Tätigkeit als Steuerberater aufzugeben und damit einer Entziehung der Zulassung durch die Steuerberaterkammer aufgrund eines Strafverfahrens zuvor zu kommen. Im übrigen seien die Voraussetzungen für den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfüllt. Die Zahlungsunfähigkeit des Ast. ergebe sich daraus, daß er gebenüber der Vollstreckungsstelle wiederholt betont habe, kein verwertbares Vermögen zu besitzen, ...