Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der Kapitaleinkünfte im Zusammenhang mit der Nutzung von Ferienobjekten einer Schweizer AG
Leitsatz (redaktionell)
1) Die Nutzungsüberlassung von Ferienwohnungen einer AG an Aktionäre führt zu einen sonstigen Bezug aus Aktien gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG im Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags über die Nutzung eines bestimmten Ferienobjekts.
2) In der Nutzungsüberlassung liegt keine verdeckte Gewinnausschüttung.
3) Die Bewertung der Höhe des Sachbezugs richtet sich nach § 8 Abs. 2 EStG. Dies ist der Bruttomietpreis für vergleichbare Ferienobjekte.
4) Hiervon sind nicht die an die AG gezahlten Jahresbeiträge, Neben- oder Vertriebskosten abzuziehen. Die Jahresbeiträge fallen unabhängig von der konkreten Nutzung eines Ferienobjekts an und stehen mit ihr nicht in einem wirtschaftlichen Zusammenhang. Sie sind als allgemeine Werbungskosten ebenso wie Neben- und Vertriebskosten gem. § 20 Abs. 9 EStG vom Abzug ausgeschlossen.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 9, 1 Nr. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Einkünfte aus Kapitalvermögen, die der Kläger im Zusammenhang mit der Nutzung von Ferienobjekten einer Aktiengesellschaft (AG) erzielt hat.
Die Kläger sind Eheleute, die in den Streitjahren 2009 und 2010 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger ist Aktionär/Partner einer nach Schweizer Recht gegründeten AG, die Ferienanlagen verwaltet und nach einem speziell entwickelten Punkte- und Reservierungssystem an ihre Aktionäre/Partner überlässt. Er hat in den Jahren 1987 und 1991 drei Aktien der AG erworben. Zudem hat der Kläger zum Erwerb der Aktien der AG eine Vereinbarung über Aktienkauf und Darlehensgewährung bzw. eine Vereinbarung betreffend den Erwerb der Mitgliedschaft bei der AG geschlossen. Danach ist mit dem Erwerb jeder Aktie der AG der Abschluss eines Darlehensvertrages verbunden. Dementsprechend hat auch der Kläger der AG mit dem Erwerb der Aktien jeweils unverzinsliche Darlehen gewährt.
Grundlage der Beteiligung an der AG bzw. der Darlehensgewährung sind die Statuten der AG sowie die Allgemeinen Bestimmungen zur Vereinbarung über Aktienkauf und Darlehensgewährung bzw. die Allgemeinen Bestimmungen zum Erwerb der Mitgliedschaft bei der AG, auf die Bezug genommen wird.
Entsprechend den Allgemeinen Bestimmungen ist der Partner berechtigt, gemäß seinem Punkteguthaben in den Ferienobjekten der AG seine Ferien zu verbringen. Das vom Partner gewährte Darlehen begründet die Wohnberechtigung (Ziff. 2.3.). Ursprünglich wurden pro Darlehen 12 Punkte pro Jahr gutgeschrieben (Ziff. 5.3.). Zum 1. Januar 2010 hat die AG ihr Punktesystem umgestellt. Seither werden pro Jahr nicht mehr 12, sondern 60 Punkte zugeteilt. Zugleich wurde auch der für die Nutzung der Wohnanlagen einzusetzende Punktewert erhöht.
Ausweislich der Allgemeinen Bestimmungen haben die Partner pro Darlehen einen Jahresbeitrag, der vom Verwaltungsrat periodisch festgesetzt wird, zu entrichten. Dieser wird verwendet für Abgaben, Gebühren, Miteigentumsspesen, Steuern,
Versicherungen, Abschreibungen, Reparaturen an den Gebäuden und der Innenausstattung, Erneuerung und Ersatz der Mobilien sowie die Verwaltung der Gesellschaft inkl. Ferienbuchungsdienst (Ziff. 7). Bezahlt der Partner den Jahresbeitrag nicht fristgerecht, so kann die AG die Wohnberechtigung sperren oder nach Mahnung und Fristsetzung den Rücktritt erklären. Die Kosten, die durch die tatsächliche Benutzung und den Betrieb der Häuser und Appartements entstehen (Strom, Wasser, Gas, Heizung, Reinigung, Wäsche, Nebenanlagen usw.) sowie die öffentlichen Abgaben wie Kurtaxe usw. muss der Partner als Nebenkosten vor Ende des jeweiligen Aufenthaltes beim örtlichen Verwalter entrichten (Ziff. 4.6.)
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die genannten vertraglichen Regelungen verwiesen.
Im Jahr 2009 nutzte der Kläger Objekte der AG in Prag (4. bis 11. Mai 2009) und Berlin (28. August bis 4. September 2009). Ausweislich des Schreibens der AG vom 30. Juni 2010 setzte er für den Aufenthalt in Prag 28 Aktienpunkte und in Berlin 32 Aktienpunkte ein. Der sog. von der AG angegebene Nutzwert betrug 56,00 EUR (Prag) und 64,00 EUR (Berlin). Im Jahr 2010 nutzte der Kläger ein Objekt der AG in Paris (21. bis 25. Juni 2010). Gemäß der Bescheinigung der AG vom 17. März 2011 setzte er hierfür 91 Aktienpunkte ein, der von der AG ermittelte Nutzwert belief sich auf 36,40 EUR. Der Kläger zahlte in den Streitjahren Jahresbeiträge an die AG in Höhe von 681,39 EUR (2009) und 698,25 EUR (2010).
Der Beklagte setzte die Einkommensteuer für die Jahre 2009 und 2010 mit Bescheiden vom 18. August 2011 fest. Abweichend von der Erklärung der Kläger berücksichtigte er die Vorteile aus der Nutzung der Objekte der AG bei den Einkünften aus Kapitalvermögen des Klägers in Höhe einer geschätzten Vergleichsmiete von 902 EUR (2009) und 230 EUR (2010). Versehentlich berücksichtigte er zunächst außerdem die von den Klägern erklärten Nutzwerte in Höhe von 120 EUR (2009) und 36 EUR (2010). Hiergeg...