Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für Betriebsausflüge als unentgeltliche Wertabgaben an Arbeitnehmer
Leitsatz (redaktionell)
Für die Frage, wann bei einer Betriebsveranstaltung die Befriedigung des privaten Bedarfs von betrieblichen Zwecken überlagert wird, ist die Rechtsprechung des BFH zur lohnsteuerrechtlichen Behandlung von Betriebsveranstaltungen heranzuziehen. Danach waren Aufwendungen in Höhe von 200,-- bis 250,-- EUR pro Mitarbeiter nicht im überwiegenden Arbeitgeberinteresse, sondern stellten umsatzsteuerpflichtige unentgeltliche Wertabgaben an Arbeitnehmer dar.
Normenkette
RL 77/388/EWG Art. 5 Abs. 6, Art. 6 Abs. 2 Buchst. a; UStR Abschn. 12; UStG § 3 Abs. 9a Nr. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob Aufwendungen für Betriebsausflüge unentgeltliche Wertabgaben an Arbeitnehmer der Klägerin (Klin.) darstellen.
Die Klin. ist eine zum 31. März 2006 aufgelöste, aber noch nicht vollbeendete Steuerberatungspraxisgemeinschaft, die in den Streitjahren 18 Arbeitnehmer beschäftigte. Sie veranstaltete jeweils einen Betriebsausflug jährlich. Die Bruttokosten hierfür beliefen sich im Jahr 2003 auf 3.694,22 EUR und im Jahr 2004 auf 4.610,85 EUR. Die Klin. nahm eine pauschalierte Lohnversteuerung in Höhe von 25% dieser Aufwendungen vor.
In ihren am 23. August 2004 (für 2003) bzw. 15. Juli 2005 (für 2004) eingegangenen Umsatzsteuerjahreserklärungen gab die Klin. keine Umsätze im Hinblick auf die Betriebsausflüge an. Eine vom Finanzamt T durchgeführte Lohnsteueraußenprüfung kam zu dem Ergebnis, dass wegen der Überschreitung der Freigrenze von 110,– EUR pro Arbeitnehmer die Betriebsausflüge gemäß Abschn. 12 der Umsatzsteuerrichtlinien (UStR) steuerbare und steuerpflichtige Umsätze auslösten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Tz. 1.1 des Prüfungsberichts vom 8. November 2005 Bezug genommen.
Der Bekl. folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ am 23. Februar 2006 entsprechende Umsatzsteueränderungsbescheide, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung standen. Am 27. Februar 2006 beantragte die Klin., die Bescheide gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) im Hinblick auf die Besteuerung der Betriebsausflüge zu ihren Gunsten zu ändern, da sich aus einer Auslegung der UStR und der Lohnsteuerrichtlinien (LStR) ergebe, dass die Freigrenze von 110,– EUR für die Umsatzsteuer nicht gelte. Der Bekl. lehnte die Änderung mit Bescheid vom 12. Januar 2007 ab, gegen den die Klin. Einspruch einlegte.
Mit Einspruchsentscheidung vom 21. August 2007 wies der Bekl. den Einspruch als unbegründet zurück. Die Aufwendungen für die Betriebsveranstaltungen seien als Zuwendungen von sonstigen Leistungen an das Personal für dessen privaten Bedarf nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) steuerbar. Aufwendungen für den privaten Bedarf der Arbeitnehmer seien zwar nicht steuerbar, wenn sie überwiegend durch das betriebliche Interesse des Arbeitgebers veranlasst seien. Dies sei bei Betriebsveranstaltungen aber nur dann der Fall, wenn sie sich im üblichen Rahmen hielten. Zur Beurteilung der Üblichkeit seien die zur Lohnsteuer ergangene BFH-Rechtsprechung und die LStR heranzuziehen. Letztere sähen für die Streitjahre eine Freigrenze von 110,– EUR pro Arbeitnehmer vor, bei deren Überschreitung nicht mehr von einem überwiegenden betrieblichen Interesse ausgegangen werden könne.
Die Klin. hat am 20. September 2007 Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, die Frage, ob ein betriebliches Interesse vorliege oder nicht, könne nicht anhand einer allgemeinen Grenze beantwortet werden, sondern sei vielmehr kanzleispezifisch und unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles zu überprüfen. Im Streitfall seien die Aufwendungen ausschließlich im betrieblichen Interesse getätigt worden. Um die Leistungsbereitschaft ihrer Arbeitnehmer sowie die Mitarbeiter- und die Mandatsbindung zu erhöhen, zahle sie überdurchschnittlich hohe Gehälter mit entsprechenden Sozialleistungen, zu denen nach ihrer Kanzleiphilosophie auch die Veranstaltung entsprechender Betriebsausflüge gehöre. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Kanzlei in einer kleinen Stadt liege, in der sie als einer von wenigen Steuerberatern eine besondere Stellung habe.
Die Klin. beantragt,
den Bekl. unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 12. Januar 2007 und der Einspruchsentscheidung vom 21. August 2007 zu verpflichten, die Umsatzsteuerbescheide für 2003 und 2004 vom 23.Februar 2006 dahingehend zu ändern, dass die Steuer für 2003 auf 131.515,70 EUR und für 2004 auf 147.838,53 EUR herabgesetzt wird,
hilfsweise für den Unterliegensfall,
die Revision zuzulassen.
Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise für den Unterliegensfall,
die Revision zuzulassen.
Er verweist im Wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung.
In der Sache wurde am 6. Mai 2010 vor dem Senat mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Ablehnung der beantragten Änderun...