Aus der Praxis – für die Praxis - Betriebsveranstaltungen

Unter der Rubrik „Aus der Praxis ‒ für die Praxis“ greifen wir Kundenanfragen aus dem Bereich Jahresabschluss, Buchhaltung und Steuern auf, die ein Fachautor für uns beantwortet. Heute die Frage: Warum kann bei einer Betriebsveranstaltung, bei der die 110 EUR Grenze überschritten wird, der Vorsteuerabzug für die Kosten, die auf den Unternehmer entfallen, geltend gemacht werden?

Aufteilung der Aufwendungen einer Betriebsveranstaltung auf die Anzahl der Teilnehmer

Der Unternehmer addiert alle Aufwendungen. Die Gesamtsumme teilt er durch die Anzahl aller Teilnehmer. Liegt das Ergebnis pro Arbeitnehmer nicht über 110 EUR, handelt es sich insgesamt um lohnsteuerfreie Zuwendungen.

Es ist nicht auf die Anzahl der angemeldeten Teilnehmer abzustellen. Entscheidend ist die Anzahl der tatsächlich anwesenden Teilnehmer (BFH, Urteil v. 29.4.2021, VI R 31/18).

Konsequenz: Diese Auffassung hat den Nachteil, dass sich die Steuerbelastung unbeabsichtigt erhöht, wenn wesentlich weniger Gäste zu einer Betriebsveranstaltung erscheinen als ursprünglich angemeldet waren. Denn in diesem Fall bleiben die Kosten der Feier häufig im Wesentlichen gleich, müssen aber auf weniger Personen umgerechnet werden als ursprünglich geplant, sodass der 110-EUR-Freibetrag schneller überschritten wird. Die Finanzbehörden des Bundes der Länder lehnen in diesem Zusammenhang die Einführung einer Nichtbeanstandungsregelung generell ab. Das gilt für die Cateringkosten, die sich wegen der geringeren Teilnehmerzahl nicht mindern.

Praxis-Beispiel: Prüfung des Freibetrags für die Kosten eines Betriebsausflugs

Ein Unternehmer führt einen eintägigen Betriebsausflug durch. An diesem Betriebsausflug nimmt der Unternehmer teil und seine 4 Arbeitnehmer, zu denen auch seine Ehefrau gehört. Insgesamt sind Aufwendungen von 618 EUR entstanden, die sich wie folgt zusammensetzen:

Fahrtkosten

196,00 EUR

Verpflegung und Getränke

328,00 EUR

andere Nebenkosten

94,00 EUR

insgesamt

618,00 EUR

geteilt durch 5 Teilnehmer

123,60 EUR

Die Ehefrau des Unternehmers ist Arbeitnehmer, sodass auf jeden der 4 Arbeitnehmer somit ein Betrag von 123,60 EUR entfällt. Davon sind (110 EUR × 4 =) 440 EUR lohnsteuerfrei. Die Differenz von (13,60 EUR × 4 =) 54,40 EUR ist als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu versteuern, wobei es sinnvoll ist, die pauschale Besteuerung zu wählen. Da der Betrag pro Arbeitnehmer über 110 EUR liegt, entfällt der Vorsteuerabzug. Im Gesamtbetrag ist die Vorsteuer mit 19 % enthalten. Der Unternehmer bucht wie folgt:

Konto SKR 03/04 Soll

Kontenbezeichnung

Betrag

Konto SKR 03/04 Haben

Kontenbezeichnung

Betrag

4140/6130

Freiwillige soziale Aufwendungen, lohnsteuerfrei

440,00

4145/6060

Freiwillige soziale Aufwendungen, lohnsteuerpflichtig

54,40

1200/1800

Bank

494,40

Die Aufwendungen, die auf den Unternehmer entfallen, sind ebenfalls als Betriebsausgaben abziehbar. Es ist allerdings ein anderes Konto zu verwenden.

Konto SKR 03/04 Soll

Kontenbezeichnung

Betrag

Konto SKR 03/04 Haben

Kontenbezeichnung

Betrag

4900/6300

Sonstige betriebliche Aufwendungen

103,87

1576/1406

Abziehbare Vorsteuer 19 %

19,73

1200/1800

Bank

123,60


Die Frage:

In diesem Beispiel wird die Aufteilung der Aufwendungen behandelt, hier wird die 110 EUR Grenze grundsätzlich überschritten. Der Vorsteuerabzug entfällt daher, dennoch wird für den Anteil des Unternehmers die Vorsteuer in Abzug gebracht. Leider wird in diesem Absatz nicht näher erläutert, warum der Vorsteuerabzug für den Unternehmer geltend gemacht werden kann. Können Sie uns dabei weiterhelfen?

Die Antwort:

Grundsätzlich gilt, dass Sachzuwendungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer steuerbar sind und somit der Umsatzsteuer unterliegen. Die Zuwendungen sind nicht steuerbar, wenn sie überwiegend durch das betriebliche Interesse des Arbeitgebers veranlasst sind. Das gilt auch dann, wenn betrieblich veranlasste Maßnahmen zwar auch die Befriedigung eines privaten Bedarfs der Arbeitnehmer zur Folge haben, diese Folge aber durch die mit den Maßnahmen angestrebten betrieblichen Zwecke überlagert wird.

Nach Abschnitt 1.8. Abs. 2 UStAE unterliegen Aufmerksamkeiten des Arbeitgebers, die nach ihrer Art und nach ihrem Wert Geschenken entsprechen, die im gesellschaftlichen Verkehr üblicherweise ausgetauscht werden und zu keiner ins Gewicht fallenden Bereicherung des Arbeitnehmers führen, nicht der Umsatzsteuer. Zu den Aufmerksamkeiten rechnen danach gelegentliche Sachzuwendungen bis zu einem Wert von 60 €, z. B. Blumen, Genussmittel, ein Buch oder ein Tonträger, die dem Arbeitnehmer oder seinen Angehörigen aus Anlass eines besonderen persönlichen Ereignisses zugewendet werden. Gleiches gilt für Getränke und Genussmittel, die der Arbeitgeber den Arbeitnehmern zum Verzehr im Betrieb unentgeltlich überlässt. Hierzu gehören auch Zuwendungen im Rahmen von Betriebsveranstaltungen, soweit sie sich im üblichen Rahmen halten. Die Üblichkeit der Zuwendungen ist bis zu einer Höhe von 110 € einschließlich Umsatzsteuer je Arbeitnehmer und Betriebsveranstaltung nicht zu prüfen.

Konsequenz: Bei Zuwendungen im Rahmen von Betriebsveranstaltungen, die sich nicht im üblichen Rahmen halten, sind nicht steuerbare Leistungen, auch wenn sie überwiegend durch das betriebliche Interesse des Arbeitgebers veranlasst sind. Betrieblich veranlasste Maßnahmen, die zwar auch die Befriedigung eines privaten Bedarfs der Arbeitnehmer zur Folge haben, werden aber durch die mit den Maßnahmen angestrebten betrieblichen Zwecke überlagert, sodass es sich um steuerbare Leistungen handelt, die den Vorsteuerabzug ausschießen.

Bei einem Unternehmer ist auf das gesamte Unternehmen anzustellen. Leistungen, die er für seinen Betrieb in Anspruch nimmt, sind deshalb anders zu beurteilen, sodass bei ihm der Vorsteuerabzug möglich ist.

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Schlagworte zum Thema:  Betriebsveranstaltung, Vorsteuerabzug