rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kosten einer Arzthelferin für die Weiterbildung zur Heilpraktikerin sind Ausbildungskosten. Einkommensteuer 1995
Leitsatz (amtlich)
Die Berufsart und Erwerbsart einer Heilpraktikerin unterscheidet sich grundlegend von derjenigen einer Arzthelferin. Die Kosten der Weiterbildung einer Arzthelferin zur Heilpraktikerin dienen also nicht der beruflichen Fortbildung, sondern dem Erlernen eines bisher nicht ausgeübten Berufs. Es liegen daher keine Werbungskosten vor, die Aufwendungen sind vielmehr im Rahmen der Sonderausgaben als Ausbildungskosten zu berücksichtigen.
Normenkette
EStG 1990 § 9 Abs. 1 S. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 7
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
Beschluß:
Der Streitwert wird auf DM 1.998 festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist, ob Aufwendungen einer Arzthelferin für den Besuch von Lehrgängen zur Vorbereitung auf die Heilpraktiker-Prüfung als Fortbildungskosten zu berücksichtigen sind.
Die Kläger (Kl.) sind Eheleute. Die Klägerin (Klin.) ist als Arzthelferin in einer Kinderklinik nichtselbständig tätig. Sie besuchte im Jahre 1995 (Streitjahr) Lehrgänge an einer Heilpraktiker-Schule zur Vorbereitung auf die Heilpraktiker-Prüfung, Hierdurch entstanden ihr Aufwendungen von DM 7.057,82, die sie als Werbungskosten (WK) bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit geltend machte. Der Beklagte (Bekl.) berücksichtigte die Aufwendungen mit dem Einkommensteuer- (ESt-) Bescheid 1995 vom 18.03.1996 nur mit dem Höchstbetrag gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG von DM 900 als Ausbildungskosten.
Hiergegen richtet sich die nach erfolglosem Vorverfahren (Einspruchsentscheidung vom 10.07.1996) erhobene Klage.
Die Kl. tragen vor, bei der Abgrenzung der Ausbildungskosten von den Fortbildungskosten sei nicht von einer standes- und statusmäßigen, sondern von einer funktional-inhaltlichen Betrachtung der Berufstätigkeit auszugehen. So habe das Finanzgericht Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 12.11.1991, 2 K 1115/91, (EFG 92, 324) entschieden, daß Aufwendungen eines Krankenpflegers für ein Fernstudium mit dem Ziel Heilpraktiker Berufsfortbildungskosten sein könnten. Das Berufsbild eines Krankenpflegers sei mit dem eines Arzthelfers vergleichbar. Denn auch die Tätigkeit eines Arzthelfers verlange umfangreiche theoretische Kenntnisse und deren praktische Anwendung. Wenn der Bekl. demgegenüber behaupte, die Tätigkeit eines Heilpraktikers sei lediglich mit der eines Arztes, nicht aber mit der eines Arzthelfers vergleichbar, so sei dies nicht durch nachvollziehbare tatsächliche Feststellungen belegt. Wegen weiterer Einzelheiten des Klagevorbringens wird auf die Klageschrift und den Schriftsatz vom 01.10.1996 Bezug genommen.
Die Kl. beantragen,
- die ESt-Festsetzung des Streitjahres zu ändern und dabei weitere WK bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit der Klin. in Höhe von DM 7.057,82 zu berücksichtigen;
- hilfsweise, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.
Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Senat hat am 09.10.1996 mündlich verhandelt. Auf die Niederschrift über die Sitzung wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
WK sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Hierunter fallen auch Ausgaben, die ein Steuerpflichtiger tätigt, um in dem ausgeübten Beruf auf dem laufenden zu bleiben, den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden und so in dem ausgeübten Beruf besser vorwärts zu kommen (Fortbildungskosten; vgl. BFH-Urteil vom 06.03.1992, VI R 163/88, BStBl. II 92, 661, 662 m.w.N.). Sie sind abzugrenzen von Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung, die gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG nur bis zu DM 900 im Kalenderjahr als Sonderausgaben abgezogen werden dürfen. Berufsausbildungskosten liegen vor, wenn die Aufwendungen dem Ziel dienen, die Kenntnisse zu erwerben, die als Grundlage für einen künftigen Beruf notwendig sind, oder wenn die zu erwerbenden Kenntnisse die Grundlage dafür bilden sollen, von einer Berufs- oder Erwerbsart zu einer anderen überzuwechseln (BFH VI R 163/88 a.a.O.).
Die Anwendung dieser Abgrenzungskriterien auf den Streitfall ergibt, daß die streitigen Aufwendungen als Berufsausbildungskosten zu qualifizieren sind. Denn die Berufs- und Erwerbsart einer Heilpraktikerin unterscheidet sich grundlegend von derjenigen einer Arzthelferin.
Kennzeichend für das Berufsbild einer Arzthelferin ist es, daß die Arzthelferin ihre Tätigkeit unter ärztlicher Aufsicht und nach ärztlicher Weisung ausübt. Eine Arzthelferin ist nicht berechtigt, in eigener Verantwortung Befunde zu erheben, Diagnosen zu stellen und Behandlungspläne zu entwerfen, was auch die Klin. nicht bestreitet.
Im Gegensatz hierzu übt der Heilpraktiker eine eigenverantwortliche, zu den freien Berufen (vgl. § 18 Abs. 1 Hr. 1 Satz 2 EStG) gehörende Tätigkeit auf dem Gebiet der Heilkunde aus, die sich von derjenigen eines Arztes nur durch das fehlende Approbationserfo...