Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerberechnung bei erweiterter beschränkter Steuerpflicht und Bindungswirkung eines Feststellungsbescheids im Hinblick auf das Vorliegen in- und ausländischer Einkünfte
Leitsatz (redaktionell)
1) Gemäß § 50 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 EStG (2016) ist § 32a Abs. 1 EStG mit der Maßgabe anzuwenden, dass das zvE um den Grundfreibetrag des § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG erhöht wird.
2) Gilt für das um den Grundfreibetrag erhöhte Einkommen ein besonderer Steuersatz nach § 2 Abs. 5 AStG, ist gemäß § 50 Abs. 1 Satz 3 EStG 2020 dieser auf das zvE anzuwenden.
3) § 50 Abs. 1 Satz 3 EStG 2020 ist gemäß § 52 Abs. 46 Satz 1 EStG in allen offenen Fällen anzuwenden.
4) Die Entscheidung, ob die ESt für Einkünfte aus ausländischen Kapitaleinkünften gemäß § 50 Abs. 2 i.V. mit § 50a EStG als abgegolten gelten, ist in dem Feststellungsverfahren gemäß §§ 179 ff. AO zu treffen, in dem ansonsten diese Einkünfte festzustellen wären; erfolgt keine Feststellung, liegen (ausschließlich) inländische Einkünfte aus Kapitalvermögen vor, mit der Folge einer verbindlichen Feststellung dieser (negativen) Feststellung für das Veranlagungsfinanzamt.
Normenkette
EStG § 32a; AStG § 2 Abs. 5; EStG § 52 Abs. 46; AO §§ 179-180, 182; EStG § 50
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Berechnung der Einkommensteuer eines (erweitert) beschränkt Steuerpflichtigen im Einkommensteuerbescheid 2016 und in diesem Zusammenhang über die Bindungswirkungen eines Feststellungsbescheides.
Der Kläger, der bis Ende September 2015 seinen Wohnsitz in C hatte, verzog im Oktober 2015 nach Spanien, ohne in Deutschland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu behalten. Als deutscher Staatsangehöriger war der Kläger in den letzten zehn Jahren vor seines Wegzuges aus Deutschland insgesamt mindestens fünf Jahre unbeschränkt einkommensteuerpflichtig und im Streitjahr 2016 in einem ausländischen Gebiet, Spanien, ansässig ist, in dem er mit seinem Einkommen nur einer niedrigen Besteuerung unterlag; seine wesentlichen wirtschaftlichen Interessen in Form von inländischen Vermögen i.H.v. fast 600.000 € waren im Geltungsbereich des Außensteuergesetzes (AStG).
Aufgrund einer Beteiligung i.H.v. 30% an der I GbR, die als private Vermögensverwaltungsgesellschaft u.a. Anteile an inländischen Investmentfonds besaß, erzielte der Kläger im Streitjahr Einkünfte aus Kapitalvermögen i.H.v. 6.008 € sowie ausweislich der teilweise berichtigten Bescheinigungen der Bank I und der Bank II weitere 27 €, d.h. insgesamt abzüglich des Pauschbetrages i.H.v. 5.234 €. Aufgrund einer Beteiligung an der J GbR erzielte der Kläger im Streitjahr Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.H.v. 5.359 € sowie Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft abzüglich des Freibetrages i.H.v. 7.854 €. Zudem erzielte er in Spanien Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit i.H.v. 63.851 €.
Mit bestandskräftigem Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 20.06.2017 stellte das Finanzamt C die Einkünfte der I GbR fest und rechnete u.a. dem Kläger Kapitalerträge, die dem Steuerabzug nach § 32d Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) unterlegen haben, i.H.v. 6.008,57 € zu.
Im Einkommensteuerbescheid 2016 vom 26.04.2018 des Finanzamts T wurde der Kläger als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt; die Steuerfestsetzung erfolgte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO).
Mit nach § 164 Abs. 2 AO geändertem Einkommensteuerbescheid 2016 vom 02.10.2018 des Beklagten wurde der Kläger als nach § 2 AStG erweitert beschränkt steuerpflichtig behandelt und einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. Bei der Besteuerung legte er die mit Feststellungsbescheid vom 20.06.2017 festgestellten und dem Kläger zugerechneten Kapitalerträge i.H.v. 6.008 € zugrunde. Dabei ermittelte er den Steuersatz wie folgt: Das zu versteuernde Einkommen i.H.v. 18.447 € erhöhte er um den Grundfreibetrag i.H.v. 8.652 € und verminderte es um Einkünfte aus Kapitalvermögen i.H.v. 5.234 €. Den sich daraus ergebenden Betrag i.H.v. 21.865 € erhöhte er um die ausländischen Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.H.v. 63.851 €. Auf den sich daraus ergebenden Betrag i.H.v. 85.716 € ermittelte er die Steuer lauf Grundtarif mit 27.606 € sowie den sich darauf ergebenden Steuersatz i.H.v. 32,20%. Diesen Steuersatz wendete der Beklagte auf den Betrag i.H.v. 21.865 € an und ermittelte eine Steuer i.H.v. 7.041 €. Hierzu addierte er die auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen anfallende Steuer (Steuersatz i.H.v. 25%) i.H.v. 1.308 €. Die addierte tarifliche Einkommensteuer betrug 8.349 €.
Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Zur Begründung trug der Kläger im Wesentlichen vor, die gesondert und einheitlich festgestellten Kapitaleinkünfte aus der Beteiligung an der I GbR seien fehlerhaft vollständig als inländische Einkünfte ausgewiesen worden. In dem festgestellten Betrag i.H.v. 6.008,57 € sei ein Betrag i.H.v. 3.684,01 € enthalten, der aus thesaurierten ausländischen Dividendenanteilen in...