Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit von § 62 Abs. 2 Nr. 3 EStG; Übergangsregelung des § 52 Abs. 61a EStG
Leitsatz (redaktionell)
1) Die Neuregelung der Anspruchsberechtigung von Ausländern hinsichtlich des Kindergeldes durch § 62 Abs. 2 Nr. 3 EStG i.d.F. des AuslAnsprG vom 13.12.2006 (BGBl. I 2006, 2915) ist verfassungsgemäß.
2) Die Anwendungsregelung des § 52 Abs. 61a Satz 2 EStG zur Änderung von § 62 Abs. 2 EStG vom 13.12.2006 ist auf Kindergeldfestsetzungen des Jahres 2006 anwendbar.
Normenkette
EStG § 62 Abs. 2 Nr. 3, § 52 Abs. 61a S. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Klägerin (Klin.) Kindergeld für das Kind X ab Mai 2006 zu gewähren ist.
Die Klin. ist algerische Staatsangehörige und hält sich seit 1998 in der Bundesrepublik Deutschland auf.
Sie verfügte jedenfalls bis zum 20.06.2007 über eine gültige Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 3 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).
Am 22.05.2006 stellte die Klin. einen Antrag auf Kindergeld für ihr Kind X. Diesen Antrag lehnte die Beklagte (Bekl.) am 30.05.2006 mit der Begründung ab, die Klin. gehöre nicht zu den in § 62 Einkommensteuergesetz (EStG) genannten ausländischen Staatsangehörigen, die Kindergeld beanspruchen könnten.
Den hiergegen eingelegten Einspruch vom 08.06.2006 wies die Bekl. mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 26.06.2006 als unbegründet zurück. Zur Begründung trägt sie vor, die Klin. sei lediglich im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG. Sie falle somit nicht unter die Bestimmungen des § 62 Abs. 2 EStG in der ab dem 01.01.2005 geltenden Fassung.
Mit der hiergegen am 10.07.2006 erhobenen Klage vertritt die Klin. die Auffassung, ihr stehe gemäß Artikel 3 Grundgesetz (GG) ein Anspruch auf Kindergeld zu. Eine sachliche Rechtfertigung, Ausländer mit einer Aufenthaltsgenehmigung nach den in § 62 EStG nicht aufgeführten Vorschriften des AufenthG zu benachteiligen, gebe es nicht. Sie dürfe nicht deshalb benachteiligt werden, weil ihr in ihrem Heimatland menschenrechtswidrige Behandlung nicht durch staatliche Institutionen, sondern durch andere Gruppen drohe. Nur aus diesem Grund habe sie nicht die Anerkennung als politischer Flüchtling beanspruchen können.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe durch Beschluss vom 06.07.2004 entschieden, dass die entsprechenden Vorschriften des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) in der damaligen Fassung vom 21.12.2003 mit Artikel 3 Abs. 1 GG unvereinbar seien, weil keine gewichtigen Gründe für die Ungleichbehandlung von Ausländern mit Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis und solchen ohne den entsprechenden Aufenthaltstitel ersichtlich seien. Diese Erwägungen träfen in gleicher Weise auch auf § 62 Abs. 2 EStG zu.
Die Vorschrift des § 62 EStG ist durch das Gesetz zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss (Gesetz vom 13.12.2006, Bundesgesetzblatt – BGBl. – I 2006, 2915) neu gefasst worden und gemäß § 52 Abs. 61 a EStG auf alle nicht bestandskräftigen Fälle anzuwenden.
Nunmehr vertritt die Klin. die Auffassung, es sei zwar richtig, dass sie nach dem Wortlaut des § 62 Abs. 2 EStG in der Fassung vom 13.12.2006 keinen Anspruch auf Kindergeld habe, weil sie nicht erwerbstätig sei. Diese Regelung sei jedoch ebenso verfassungswidrig wie die Vorgängerregelung. Da der Gesetzgeber die ihm bis zum 01.01.2006 gesetzte Frist zur Schaffung einer verfassungskonformen Neuregelung habe verstreichen lassen, gelte nach dem Beschluss des BVerfG vom 06.07.2004 wieder das bis zum 31.12.2003 geltende Recht. Danach habe sie Anspruch auf Kindergeld, weil sie im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sei.
Dass § 62 Abs. 2 EStG in der Fassung vom 13.12.2006 wiederum nicht mit dem GG vereinbar sei, habe das Finanzgericht Köln in seinem Beschluss vom 09.05.2007 (10 K 1690/07) bereits festgestellt. Durch die Neuregelung würden Ausländer, die lediglich im Besitz von Aufenthaltstiteln nach §§ 24, 25 AufenthG seien, sowie geduldete Ausländer ohne ersichtlichen Grund schlechter gestellt als Deutsche und Ausländer, die unter § 62 Abs. 2 EStG fallen würden.
Die Schlechterstellung dieser Gruppen von Ausländern sei nach der Zielsetzung des Gesetzgebers nicht gerechtfertigt. Danach sollte das Kindergeld nur solchen Ausländern gewährt werden, von denen zu erwarten sei, dass sie auf Dauer in Deutschland blieben. Zu diesem Personenkreis gehörten aber auch diejenigen Ausländer, denen vom Bundesamt Abschiebeschutz gewährt worden sei.
Nicht nachvollziehbar sei auch, dass der Gesetzgeber, der das Kindergeld grundsätzlich allen Ausländern gewähren wollte, die sich auf Dauer in Deutschland aufhielten, bei gewissen Aufenthaltstiteln als zusätzliche Voraussetzung die Erwerbstätigkeit aufgestellt habe.
Die Klin. beantragt,
ihr unter Aufhebung des Bescheids vom 30.5.2006 in Gestalt der EE vom 26.06.2006 Kindergeld für das Kind X ab Mai 2006 zu gewähren.
Die Bekl. beantragt,
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