Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermessensausübung, Höhe des Verspätungszuschlags

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Berechnung eines Verspätungszuschlages gemäß den vom Finanzministerium Nordrhein-Westfalen mit Erlass vom 25.8.2011 - S 0323 (AO-Kartei NW § 152 AO Karte 801) vorgegebenen Kriterien ist bei Beachtung auch der übrigen Ermessenserwägungen des § 152 Abs. 2 Satz 2 AO durch das Finanzamt nicht zu beanstanden.

 

Normenkette

AO § 152 Abs. 2 S. 2, Abs. 1

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Verspätungszuschlags.

Der Kläger ist Rechtsanwalt und erzielte aus dieser Tätigkeit im Streitjahr 2009 Einkünfte aus selbständiger Arbeit i. H. v. rd. 118.000 EUR.

Die Einkommensteuer(ESt)-Erklärungen für die Veranlagungszeiträume 2005-2008 hatte der Kläger durchweg verspätet abgegeben. Die diesbezügliche Verfahrensgeschichte stellt sich wie folgt dar:

Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 26.07.2006 und 28.08.2006 zur Abgabe der ESt-Erklärung 2005 aufgefordert worden war und ihm später eine Nachfrist bis zum 31.10.2006 gewährt worden war, gab der Kläger die Erklärung am 10.11.2006 ab.

An die Abgabe der ESt-Erklärung 2006 wurde der Kläger mit Schreiben vom 26.07.2007 und 06.09.2007 erinnert. Am 18.09.2008 erging ein Schätzungsbescheid, mit dem zugleich ein Verspätungszuschlag i. H. v. 3.000 EUR festgesetzt wurde. Die Steuererklärung wurde am 30.09.2008 abgegeben. Mit Änderungsbescheid vom 16.10.2008 wurde der Verspätungszuschlag auf 1.910 EUR herabgesetzt und mit weiterem Änderungsbescheid schließlich ganz aufgehoben. Der Aufhebungsbescheid trägt den Zusatz, dass der Kläger mit der Festsetzung eines Verspätungszuschlags rechnen müsse, wenn er künftig seine Steuererklärungen nicht oder nicht fristgemäß abgebe. Dies gelte auch dann, wenn der Kläger eine Erstattung erwarte.

In Bezug auf die ESt-Erklärung 2007 wurde dem Kläger nach Erinnerungsschreiben vom 01.08.2008 und 11.09.2008 eine Nachfrist bis zum 31.01.2009 gesetzt. Die Erklärung wurde am 06.02.2009 abgegeben. Ein Verspätungszuschlag wurde nicht festgesetzt.

An die Abgabe der ESt-Erklärung 2008 wurde der Kläger mit Schreiben vom 30.07.2009 erinnert. Es wurde ihm später Fristverlängerung bis 30.09.2009 gewährt. Am 10.11.2010 erging ein Schätzungsbescheid unter Festsetzung eines Verspätungszuschlages i. H. v. 2.180 EUR. Die Steuererklärung wurde am 15.12.2010 abgegeben. Am 04.02.2011 und 21.06.2011 ergingen Änderungsbescheide zur Einkommensteuer; der Verspätungszuschlag blieb jeweils unverändert bestehen. Im Rahmen des Klageverfahrens 15 K 3787/11 hob der Beklagte die Festsetzung des Verspätungszuschlags wegen Begründungsmängeln auf.

In Bezug auf die ESt-Erklärung für das Streitjahr 2009 hatte der Kläger um Fristverlängerung bis zum 31.09.2010 gebeten. Am 12.05.2011 erging ein Schätzungsbescheid, der zu einer festgesetzten ESt von 40.962 EUR und einer EStNachzahlung i. H. v. 21.822 EUR führte. Die Steuerfestsetzung wurde mit der Festsetzung eines Verspätungszuschlags i. H. v. 1.430 EUR verbunden. Die Höhe des Verspätungszuschlags wurde programmgesteuert ermittelt.

Die ESt-Erklärung 2009 ging am 20.05.2011 bei dem Beklagten ein. Am 09.09.2011 erging ein Änderungsbescheid, mit dem die ESt unter Berücksichtigung eines Gesamtbetrags der Einkünfte i. H. v. 111.713 EUR und eines zu versteuernden Einkommens i. H. v. 96.555 EUR auf 33.523 EUR herabgesetzt wurde. Der Bescheid trägt den Hinweis, dass der bisher festgesetzte Verspätungszuschlag unverändert bestehen bleibe.

Mit Schreiben vom 10.10.2011 legte der Kläger gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlags Einspruch ein, den er nicht näher begründete.

Der Beklagte setzte den Verspätungszuschlag mit Einspruchsentscheidung vom 23.03.2012 auf 1.340 EUR herab und wies den Einspruch im übrigen als unbegründet zurück. Im Tatbestand der Einspruchsentscheidung wies der Beklagte darauf hin, dass die ESt letztlich auf 33.523 EUR festgesetzt worden sei, Vorauszahlungen für das Streitjahr jedoch nur i. H. v. 19.140 EUR geleistet worden seien. Außerdem legte der Beklagte ausführlich dar, dass sowie in welchem Umfang auch schon die Steuererklärungen für die Jahre 2005-2008 verspätet abgegeben worden seien. Hierauf nahm der Beklagte in den Entscheidungsgründen Bezug. Er verwies darauf, dass der Kläger seine Steuererklärung nicht erstmals, sondern wiederholt verspätet eingereicht habe. Der Kläger habe sowohl im Streitjahr als auch in den Vorjahren (ausgenommen 2006) regelmäßig einen Vorteil durch seine verspätete Abgabe erlangt. Die geleisteten Vorauszahlungen seien regelmäßig geringer gewesen als die endgültig festgesetzten Steuern, so dass der Kläger während der Dauer der Verspätung über die Nachzahlungsbeträge wirtschaftlich habe verfügen können. Ferner sei durch das Verhalten des Klägers die Ordnungsmäßigkeit der Veranlagungsprozesse gestört worden. Das Veranlagungsgeschäft sei durch die erforderlichen Erinnerungsschreiben wie die notwendigen Schätzungsveranlagungen (2006, 2008 und 2009) verzögert bzw. beeinträchtigt worden. Entschuldbare ...

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