Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterbrechung der Zahlungsverjährung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist eine Vollstreckungsmaßnahme i.S. des § 231 Abs. 1 AO.

2) § 231 Abs. 2 AO regelt abschließend, welchen verjährungsunterbrechenden Maßnahmen Dauerwirkung zukommt.

3) Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat keine dauerhafte Unterbrechenswirkung.

 

Normenkette

AO § 231

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Zahlungsverjährung eingetreten ist.

Der Kläger ist als Steuerberater selbständig tätig. Die Umsatzsteuer 1991 nebst Verspätungszuschlag und Zinsen wurde vom Kläger nicht vollständig beglichen. Mit Verfügung vom 20.10.1995 hat der Beklagte beim Amtsgericht I-Stadt einen Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens gestellt, welcher mit Beschluss vom 25.03.1996 wegen Masseunzulänglichkeit abgelehnt wurde. Zuvor, nämlich am 24.01.1996 hatte der Kläger, der vom Amtsgericht M-Stadt mit Schreiben vom 19.01.1996 von dem Konkursantrag unterrichtet worden war, beim Finanzgericht einen Antrag auf einstweilige Anordnung auf Rücknahme des Konkursantrags gestellt.

Am 31.08.2001 und 29.11.2006 erließ der Beklagte Vollstreckungsankündigungen gegenüber dem Kläger. Gegen Letztere wandte sich der Kläger mit dem Einwand, dass bereits Zahlungsverjährung eingetreten sei.

Der Beklagte erließ daraufhin am 07.12.2007 einen Abrechnungsbescheid, mit dem er feststellte, dass die USt 1991 nebst Verspätungszuschlag und Zinsen noch in Höhe von 53.188,71 EUR offen, insbesondere nicht durch Zahlungsverjährung erloschen sei. Der Betrag setzt sich zusammen wie folgt:

USt 1991

fällig 02.11.1993

43.815,72 EUR

Verspätungszuschlag

fällig 02.11.1993

2.045,17 EUR

Zinsen § 233a AO

fällig 02.11.1993

1.551,26 EUR

Sonstige Zinsen

fällig 06.02.1995

4.061,70 EUR

USt 1991

fällig 02.01.1996

381,42 EUR

Zinsen § 233a AO

fällig 02.01.1996

57,26 EUR

Sonstige Zinsen

fällig 08.02.1996

1.176,18 EUR

Begründet wurde die Entscheidung vom Beklagten damit, dass die Zahlungsverjährung im Jahr 1995 durch Stellung des Konkursantrags unterbrochen worden sei. Da über diesen Antrag erst am 25.03.1996 entschieden worden sei, habe die neue Verjährungsfrist auch erst mit Ablauf des 31.12.1996 zu laufen begonnen. Durch die Vollstreckungsankündigungen vom 31.08.2001 und 29.11.2006 sei die Verjährung erneut unterbrochen worden und neue Verjährungsfristen in Gang gesetzt worden.

Gegen den Abrechnungsbescheid hat der Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage erhoben. Er ist weiterhin der Ansicht, dass bereits Zahlungsverjährung eingetreten sei.

Dass es sich bei einem Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens grundsätzlich um eine verjährungsunterbrechende Maßnahme i.S.d. § 231 Abs. 1 AO handele, werde nicht in Frage gestellt. Jedoch sei die verjährungsunterbrechende Wirkung im Streitfall nicht eingetreten, da es sich bei dem Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens um einen Verwaltungsakt handele und dieser mangels Bekanntgabe nicht wirksam geworden sei. Nicht der Beklagte, sondern nur das Amtsgericht M-Stadt habe ihn – den Kläger – von dem Insolvenzantrag unterrichtet. Die hierin liegende Bekanntgabe sei dem Beklagten jedoch nicht zuzurechnen.

Aber auch dann, wenn die Zahlungsverjährung durch den Konkursantrag im Jahr 1995 unterbrochen worden sein sollte, sei inzwischen Zahlungsverjährung eingetreten. Denn anders als der Beklagte meine, führe die Antragsstellung nicht zu einer Dauerunterbrechung i.S.d. § 231 Abs. 2 AO, weshalb die Verjährungsfrist wieder mit Ablauf des Jahres 1995 begonnen und mit Ablauf des Jahres 2000 geendet habe und die Vollstreckungsankündigung vom 31.08.2001 zu spät erfolgt sei. Abgesehen davon, dass die Aufzählung der Unterbrechungshandlungen in § 231 Abs. 2 AO abschließend sei und eine analoge Anwendung ausschließe, sei die Konkurs-/Insolvenzantragstellung auch nicht mit dem in § 231 Abs. 2 AO genannten Fall der Anmeldung im Konkurs-/Insolvenzverfahren vergleichbar, da der Beklagte bis zur Entscheidung über den Konkurs-/Insolvenzantrag (anders als nach Eröffnung des Konkurs-/Insolvenzverfahrens) nicht in der Vollstreckung beschränkt sei und es mithin kein Bedürfnis für eine Dauerunterbrechung gebe.

Nach einem Hinweis der Berichterstatterin hält der Kläger nicht länger daran fest, dass die erst in 1996 fällig gewordenen Steuerforderungen schon zahlungsverjährt seien. Er weist jedoch darauf hin, dass ihm bezüglich der „sonstigen Zinsen USt 1991 in Höhe von 1.161,18 EUR” kein Zinsbescheid vorliege.

Der Kläger beantragt nunmehr sinngemäß,

unter Änderung des Abrechnungsbescheids vom 07.12.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.10.2008 festzustellen, dass folgende Steuerforderungen erloschen sind:

USt 1991

fällig 02.11.1993

43.815,72 EUR

Verspätungszuschlag

fällig 02.11.1993

2.045,17 EUR

Zinsen § 233a AO

fällig 02.11.1993

1.551,26 EUR

Sonstige Zinsen

fällig 06.02.1995

4.061,70 EUR

Sonstige Zinsen

fällig 08.02.1996

1.176,18 EUR

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass der Konkursantra...

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