Entscheidungsstichwort (Thema)
Frage der Durchschnittsatzbesteuerung der entgeltlichen Entsorgung von Speiseresten bei gastronomischen Betrieben durch einen Landwirt
Leitsatz (redaktionell)
1. Die an die Restaurants und Großküchen vom Stpfl. ausgeführten Entsorgungsleistungen von Speiseresten tragen nicht "normalerweise zur landwirtschaftlichen Erzeugung" i.S.v. Art. 295 MwStSystRL bei, denn sie dienen der gewerblichen Betätigung der Restaurants und Großküchen.
2. Die Abholung und Entsorgung der Speiseabfälle ist eine sonstige Leistung, die nicht der Durchschnittssatzbesteuerung gem. § 24 UStG unterliegt.
Normenkette
UStG § 24
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die entgeltliche Entsorgung von Speiseresten bei gastronomischen Betrieben durch einen Landwirt, der die Speisereste nach Aufarbeitung an seine Schweine verfüttert, unter die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 Umsatzsteuergesetz (UStG) fällt und ob der Wert der übernommenen Speisereste die Bemessungsgrundlage für die Entsorgung erhöht.
Der Kläger ist Landwirt. Er betrieb in den Streitjahren 2003 bis 2005 auf ca. 19 ha gepachteten Flächen einen Mastbetrieb (Schweine und Rinder), der von den Beteiligten unstreitig als landwirtschaftlicher Betrieb im Sinne von § 24 UStG behandelt wurde. Ertragsteuerlich ermittelte er seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Das Wirtschaftsjahr lief jeweils vom 01.07. bis 30.06. des Folgejahres.
In den Streitjahren holte er mit einem Spezialfahrzeug von Großküchen und Restaurants gegen Bezahlung organische Abfälle ab. Die Abfälle erhitzte der Kläger und verfütterte sie anschließend ausschließlich an seine eigenen Schweine.
Nach einer Betriebsprüfung (Bp) durch das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung J beim Kläger für die Streitjahre war der Prüfer der Auffassung, die Entsorgung der Speiseabfälle stelle eine dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistung des Klägers dar. Als Bemessungsgrundlage seien die für die Entsorgung erfolgten Geldzahlungen der Restaurants und Großküchen und zusätzlich der Wert der Speiseabfälle zu berücksichtigen. Der Prüfer ermittelte die Umsätze und Vorsteuern teilweise im Schätzungswege für die Streitjahre wie folgt:
netto |
2003 |
2004 |
2005 |
Erlöse Speiseabfälle Wert Speiseabfälle |
149.601,28 Euro 37.898,72 Euro |
155.040,55 Euro 32.459,45 Euro |
128.386,98 Euro 27.863,02 Euro |
stpfl. Umsatz Umsatzsteuer 16 % Vorsteuer |
187.500,00 Euro 30.000,00 Euro 10.714,98 Euro |
187.500,00 Euro 30.000,00 Euro 12.125,60 Euro |
156.250,00 Euro 25.000,00 Euro 9.341,62 Euro |
Umsatzsteuer |
19.285,02 Euro |
17.874,40 Euro |
15.658,38 Euro |
Wegen der Einzelheiten wird auf den Bp-Bericht vom 04.07.2008 Bezug genommen. Die Entgelte aus der Speiseresteabholung überstiegen die Umsätze des Klägers aus Tierproduktion und sonstige landwirtschaftliche Tätigkeit erheblich. Es wird insoweit auf die Jahresabschlüsse des Klägers verwiesen.
Der Beklagte setzte nach Maßgabe der Prüfungsfeststellungen die Umsatzsteuer erstmalig fest (Umsatzsteuerbescheide für 2003 bis 2005, jeweils vom 29.10.2008).
Der dagegen vom Kläger eingelegte Einspruch war erfolglos (Einspruchsentscheidung – EE – vom 02.12.2009).
Dagegen richtet sich die Klage.
Der Kläger trägt vor, er habe in früheren Jahren für den Erhalt der Speisereste bezahlt. Erst nachdem ab ca. 1990 der Gesetzgeber verlangt habe, dass die Speisereste erst nach einer aufwendigen Dampfsterilisation verfüttert werden dürften, habe der Kläger, der sich eine kostspielige Dampfsterilisationsanlage hätte anschaffen müssen, für die Verwertung ein Entgelt verlangt. Ab 31.10.2006 sei die Verfütterung von Speiseresten an Masttiere verboten. Seitdem habe der Kläger die Verfütterung eingestellt und seine Schweine mit Fertigfutter gefüttert. Der Mastbetrieb sei später auf Rinder umgestellt worden. Mit den bis heute abgeholten Speiseresten betreibe der Kläger nunmehr eine Biogasanlage.
Die Finanzverwaltung habe es früher auch nach Durchführung von Bp nie beanstandet, dass die Entgelte aus der Speiseresteabholung der Durchschnittssatzbesteuerung unterworfen worden seien. Ertragsteuerlich sei die Speiseresteverwertung als landwirtschaftlicher Nebenbetrieb zur Schweinemast zu beurteilen. Die Speisereste selbst seien steuerlich unbeachtlich, weil sie bei Abholung keinen Wert hätten.
Umsatzsteuerlich sei der Nebenbetrieb (Speiseresteabholung) nur betrieben worden, um dem Hauptbetrieb zu dienen, d. h. die Mastschweine zu füttern. Wäre es umgekehrt gewesen, hätte der Kläger mit Eintritt des Verbots der Speiseresteverwertung zum 31.10.2006 den Schweinemastbetrieb einstellen müssen. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen, die Mast sei vielmehr mit Fertigfutter fortgesetzt worden. Die Verfütterung der Speiseabfälle sei ein Vorgang, der sich nach der Speiseabfallverordnung richte. Die Genehmigung nach § 2 Speiseabfallverordnung sei dem Kläger erteilt worden. Eine solche Genehmigung habe nur derjenige erhalten, der Schweine mästete oder zur Schlac...