Entscheidungsstichwort (Thema)
Organschaft erfordert originär gewerbliche Tätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
Eine Personengesellschaft muss für die steuerliche Anerkennung eines Organschaftsverhältnisses eine originär gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG vom Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft an ausüben.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2; KStG § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist das Vorliegen einer ertragsteuerlichen Organschaft.
Gegenstand des Unternehmens der im Jahr 1989 gegründeten Klägerin ist die Herstellung und Weiterverarbeitung von kaltgewalzten Profilen sowie die anwendungstechnische Beratung zum Einsatz von Kaltprofilen.
Mit notariellem Vertrag vom 4.11.2005 veräußerte Frau A. K., die den einzigen Geschäftsanteil in Höhe von 30.000,– EUR an der Klägerin hielt und zugleich deren Geschäftsführerin war, ihren Geschäftsanteil und trat ihn zugleich an die X. GmbH & Co KG (nachfolgend: KG) ab. Alleinige Komplementärin der KG ist die X. VerwaltungsGmbH, deren Geschäftsführer Herr B. D. ist. Kommanditisten der KG sind Herr B. D. mit einer Kommanditeinlage von 5.500,– EUR und Frau C. V. mit einer Kommanditeinlage von 4.500,– EUR.
In der Folgezeit wurden Frau D.-L. und Herr T. anstelle von Frau K. alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer der Klägerin.
Mit notariellem Vertrag vom 5.12.2005, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, schloss die Klägerin einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der KG ab, wonach die Klägerin die Leitung ihrer Gesellschaft der KG unterstellt und ihren ganzen Gewinn an sie abführt. Der Vertrag wurde am 22.12.2005 ins Handelsregister eingetragen.
Mit Kaufvertrag vom 28.02.2006 (Bl. 84 ff. GA) veräußerte die Klägerin zum 1.03.2006 ihren gesamten Geschäftsbetrieb, der den Maschinenpark, die Rotationsstanze, den bestehenden Kundenstamm sowie das in der Gesellschaft vorhandene Know-How (Firmenwert) umfasste, an die KG, die diesen Geschäftsbetrieb aufgrund eines Mietvertrages wieder ab dem 1.03.2006 an die GmbH (zurück-)vermietete zu einem Mietzins, der sich aus einem festen und einen umsatzabhängigen variablen Mietanteil zusammensetzt. Des Weiteren sind – mit einer Ausnahme – die bestehenden Arbeitsverhältnisse gem. § 613a BGB im Zusammenhang mit der Übertragung des Geschäftsbetriebs auf die KG übergegangen, die ihrerseits im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung nahezu sämtliche Arbeitnehmer der Klägerin stellt. Die Erlöse der KG aus der Personalgestellung beliefen sich im Streitjahr 2006 auf 493.072,50 EUR. Zudem wurde eine Handling Fee für den Verwaltungsaufwand in Höhe von monatlich 500,– EUR neben den tatsächlichen Lohnkosten erhoben. Die Erlöse aus der Vermietung des Betriebsvermögens betrugen im Kalenderjahr 2006 96.002,79 EUR. Die Erlöse aus der Arbeitnehmerüberlassung entsprachen im Streitjahr 2006 rd. 83 % der gesamten Umsatzerlöse der KG von 594.042,63 EUR.
In ihrer Körperschaftsteuererklärung für das Streitjahr 2006 erklärte die Klägerin Einkünfte in Höhe von 960.878,– EUR, die in voller Höhe dem Organträger, der KG, zuzurechnen seien. Der Beklagte erließ am 25.02.2008 einen erklärungsgemäßen KSt-Bescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und setzte die KSt 2006 auf 0,– EUR fest.
Anlässlich einer Betriebsprüfung durch das Finanzamt für Groß- und Konzernprüfung AStadt vertrat der Prüfer die Auffassung, dass nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 des Körperschaftsteuergesetzes – KStG – eine Personengesellschaft nur dann steuerlich Organträger sein könne, wenn diese ein gewerbliches Unternehmen betreibe. Eine rein vermögensverwaltende Gesellschaft könne nicht Organträger sein. Zur steuerlichen Anerkennung einer Organschaft müssten alle gesetzlichen Voraussetzungen grundsätzlich vom Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft an erfüllt sein. Dies gelte nach dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen – BMF – vom 10.11.2005 (BStBl I 2005, 1038, Tz. 21) auch für die eigene gewerbliche Tätigkeit des Organträgers. Die KG habe ihr gewerbliches Betriebsverpachtungsunternehmen erst durch den Kauf des Geschäftsbetriebs zum 1.03.2006 begründet. Zum 1.01.2006 habe sie lediglich die Beteiligung an der Klägerin gehalten und sei damit lediglich vermögensverwaltend tätig gewesen. Die Organschaft sei deshalb steuerlich für 2006 nicht zu berücksichtigen. Auf den Prüfungsbericht vom 19.05.2009 wird Bezug genommen.
Den Prüfungsfeststellungen folgend erließ der Beklagte am 17.09.2009 einen geänderten Körperschaftbescheid 2006 gegenüber der Klägerin, in dem er die Körperschaftsteuer auf 195.076,– EUR festsetzte. Zudem setzte er mit Bescheid vom 15.10.2009 den Gewerbesteuermessbetrag 2006 auf 38.505,– EUR fest.
Zur Begründung ihrer hiergegen eingelegten Einsprüche trug die Klägerin vor, dass im Gegensatz zum Wortlaut in § 14 Abs. 1 Nr. 1 KStG, wonach die Mehrheitsbeteiligung des Organträgers „von Beginn ihres Wirtschaftsjahres an ununterbrochen” vorliegen müss...