Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Kindergeldanspruch eines geduldeten Ausländers bei Bezug von Arbeitslosenhilfe
Leitsatz (redaktionell)
1) Einem Ausländer, der sich aufgrund einer Aufenthaltsbefugnis nach § 30 AuslG bzw. aufgrund einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG im Bundesgebiet aufhält, steht weder nach dem deutsch-jugoslawischen Sozialabkommen noch nach dem EStG eine Anspruch auf Kindergeld für den Zeitraum zu, in dem er Arbeitslosenhilfe bezieht.
2) In verfassungskonformer Auslegung ist § 62 Abs. 2 EStG auch auf nach dem AuslG begründete Aufenthaltstitel anzuwenden, wenn er zum Zwecke der Erwerbstätigkeit erteilt wurde und sowohl der Titel als auch die Zustimmung zur Ausübung einer Beschäftigung unmittelbar verlängert werden konnte.
3) Eine nach § 30 Abs. 3 AuslG erteilte Aufenthaltserlaubnis ist mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG vergleichbar.
Normenkette
AufenthG § 25 Abs. 5; AuslG § 30 Abs. 3; EStG § 62 Abs. 2
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Aufhebung einer Kindergeld(Kg)-Gewährung, die einem geduldeten Ausländer bewilligt worden war, für den Zeitraum des Bezugs von Arbeitslosenhilfe und die Rechtmäßigkeit der Rückforderung von Kg für die Monate August und September 2003.
Der Kläger (Kl.) ist makedonischer Staatsangehöriger und war seit 1991 im Inland bei verschiedenen Firmen nichtselbständig beschäftigt. Von Mai 2002 bis 25. März 2003 und ab 29. Juli 2003 war er arbeitslos. Aufgrund seiner Arbeitslosigkeit erhielt er vom 03. Mai 2002 bis zum 25. März 2003 und ab dem 02. August 2003 Geldleistungen vom Arbeitsamt, wobei er ab August 2003 Arbeitslosenhilfe bezog. Die ab 29. Juli 2003 eingetretene Arbeitslosigkeit beruhte laut Schreiben seines ehemaligen Arbeitgebers S GmbH vom 25. Juli 2003 auf einer einvernehmlichen Beendigung zum 28. Juli 2003 des mit dem Kl. eingegangenen Arbeitsverhältnisses.
Laut Schreiben des Kreises L vom 16. Februar 2000 verfügte der Kl. gemeinsam mit seiner Ehefrau und seinen Kindern ab März 2000 und laut Schreiben seines Prozessvertreters vom 17.10.2003 über eine im Oktober 2003 nach dem Ausländergesetz 1990 (AuslG) erteilte Aufenthaltsbefugnis. Ausweislich seines in der mündlichen Verhandlung vom 24.04.2007 vorgelegten Passes besaß der Kl. seit dem 13.01.2004 eine Aufenthaltsbefugnis nach dem AuslG und seit dem 12.12.2005 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG).
Der Kl. bezog für seine Kinder B, geboren am 13.01.1984, L, geboren am 28.02.1987, und J, geboren am 01.06.1991, spätestens ab Oktober 2002 Kg. Durch Bescheid vom 11.11.2003 hob die Familienkasse B rückwirkend ab August 2003 die Kg-Gewährung für alle Kinder auf und forderte vom Kl. für August und September 2003 gezahltes Kg von 924 EUR mit der Begründung zurück, einem Ausländer stehe ein Anspruch auf Kg nur dann zu, wenn er im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 15 AuslG oder einer Aufenthaltsberechtigung nach § 27 AuslG sei. Gegen den Bescheid legte der Kl. erfolglos Einspruch ein. Laut Abvermerk gab die beklagte Arbeitsagentur (AA) ihre Einspruchsentscheidung (EE) vom 11.06.2004 am 14.06.2004 mit einfachem Brief zur Post auf.
Hiergegen richtet sich die Klage vom 15.07.2004. Als Begründung trägt der Kl. vor, ihm stehe aufgrund des deutsch-jugoslawischen Sozialabkommens ein Anspruch auf Kg zu, da er nach dem Verlust seines Arbeitsplatzes bei der Firma S als Arbeitsuchender dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden habe und sich noch heute um Arbeit bemühe. Seine Ehefrau beziehe ab März 2004 Kg für die Kinder.
Der Kl. beantragt,
den Kg-Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 11.11.2003 in der Fassung der EE vom 11.06.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kl. Kg für die Zeit von August 2003 bis Februar 2004 für seine drei Kinder zu bewilligen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Einem aus dem ehemaligen Jugoslawien stammenden Ausländer stehe weder nach dem deutsch-jugoslawischen Sozialabkommen noch nach den gesetzlichen Bestimmungen ein Anspruch auf Kg für den Zeitraum zu, in dem er Arbeitslosenhilfe und kein Arbeitslosengeld bezogen habe.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Der Kg-Aufhebungs und -Rückforderungsbescheid vom 11.11.2003 in der Fassung der EE vom 11.06.2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kl. nicht in seinen Rechten und der Kl. hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Kg für die Zeit von August 2003 bis Februar 2004, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO, § 101 FGO.
Zutreffend hat die AA angenommen, dass einem Ausländer, der sich aufgrund einer Aufenthaltsbefugnis nach § 30 AuslG bzw. aufgrund einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG im Bundesgebiet aufhält, weder nach dem deutsch-jugoslawischen Sozialabkommen noch nach dem EStG ein Anspruch auf Kg für den Zeitraum zusteht, in dem er Arbeitslosenhilfe bezogen hat.
I.) Der Kl. hat keinen Anspruch auf Kg nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland un...