Revision eingelegt (BFH VI R 10/19)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung von Mehraufwendungen für Verpflegung eines (verbeamteten) Postzustellers mit festem Zustellstützpunkt - Abgrenzung zwischen Auswärtstätigkeit und weiträumiger Tätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. a) Der Hinweis in einem Arbeitsvertrag auf eine Versetzungsmöglichkeit des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber spricht für eine Zuordnung zu einer konkreten ersten Tätigkeit.
1b) Bei Beamten erfolgt die Zuordnung zu einer konkreten ersten Tätigkeitsstelle durch Versetzung in Form eines Verwaltungsaktes.
1c) Eine dauerhafte Zuordnung eines Postzustellers zu einem festen Zustelllungsstützpunkt ergibt sich auch aus den täglich im Zustellungsstützpunkt zu erledigenden Sortierarbeiten einschließlich der nach Rückkehr zum Zustellungsstützpunkt zu erledigenden Nacharbeiten.
1d) Maßgeblich für die Ermittlung und den Abzug für Verpflegungsmehraufwendungen ist daher § 9 Abs. 4 a EStG n.F, so dass keine Verpflegungsmehraufwendungen nach Reisekostengrundsätzen berücksichtigt werden können.
2. Bei der Berücksichtigung beruflich veranlasster Fahrten, bei der das weiträumige Tätigkeitsgebiet in § 9 Abs. 1 Nr. 4a Satz 3 EStG n.F. ausdrücklich genannt ist, ist Voraussetzung, dass der Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte hat. Arbeitnehmer, die einer ersten Tätigkeitsstätte zugeordnet sind, aber außerhalb derselben tätig werden, üben keine Tätigkeit in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet, sondern eine Auswärtstätigkeit aus.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 4a, 1 Nr. 4a S. 3
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit Mehraufwendungen für Verpflegung als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.
Die Kläger sind verheiratet und wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielten Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, der Kläger als verbeamteter Postzusteller.
Der Kläger ist seit 1977 bei der Deutschen Post beschäftigt. Seit circa Anfang der 90iger Jahre ist er als Postzusteller in P tätig. Die Postzusteller der Deutschen Post AG arbeiten in einer 5-Tage-Woche; die Stammzusteller tragen an diesen fünf Arbeitstagen in ihrem festen Bezirk aus. Der Kläger ist Zusteller in einem Stammbezirk, ist also in diesem an fünf Tagen pro Woche fest eingeteilt. Den 6. Tag übernimmt ein sog. fester Springer. Für Krankheitsfälle und Urlaubsvertretung sind sog. Vertreter zuständig. Im Jahr haben die Zusteller insgesamt drei Saison-Dienstpläne (z.B. von der 3. bis zur 22. Kalenderwoche). Zudem gibt es für jeden Stammbezirk 12-Wochen-Pläne, in denen festgehalten ist, wann jeder Zusteller eines Bezirks seine freien Tage hat.
Der gewöhnliche Arbeitstag eines Zustellers am Zustellpunkt P sieht wie folgt aus: Die Kompaktbriefe kommen morgens vorsortiert aus dem Briefzentrum T. Diese werden so von den Zustellern zum Austragen übernommen. Großbriefe, Kataloge, Zeitschriften und Tageszeitungen kommen unsortiert. Sie werden ebenso wie die unsortierten Kompaktbriefe, die z.B. die Maschine nicht lesen konnte oder fehlgeleitet waren, von einem Teil der Zusteller des Zustellstützpunkts gemeinsam auf die einzelnen Zustellbezirke sortiert. Die Pakete kommen unsortiert auf Rollwägen aus dem Frachtzentrum S und werden von den übrigen Zustellern gemeinsam auf die Bezirke verteilt. Diese Verteilung sowohl der Briefe als auch der Pakete erfolgt nur grob auf die Bezirke.
Im Anschluss steckt jeder Zusteller seine eigene auszutragende Post für die Runde auf Gangfolge. Der Kläger selbst hat nur einen Handwagen für die Briefe, Pakete stellt er nicht zu. Im Anschluss daran macht der Zusteller seine Runde.
Nach der Zustellrunde macht der jeweilige Zusteller die Abschreibpost (d.h. die Post, bei der der Adressat unbekannt, unbekannt verzogen oder verzogen ist) und Abrechnungen z.B. für Nachnahmen, Nachentgelte oder Zollgebühren.
Der Kläger stempelt morgens, wenn er in den Zustellpunkt kommt. Die Vorarbeiten dauern 2 bis 2,5 Stunden. Wenn er den Zustellpunkt verlässt, um seine Runde zu machen, stempelt er "Auf Zustellung", bei Rückkehr stempelt er "Kommen von Zustellung". Im Anschluss an die Nacharbeiten, die ca. 20 bis 30 Minuten dauern, stempelt er "Gehen". Er kann nur im Zustellpunkt P stempeln.
Im Zustellpunkt P sind zwei Teamleiter, die die Urlaubsplanung und die Dienstpläne machen. Diesen meldet der Kläger auch, wenn er erkrankt ist.
In den Einkommensteuererklärungen 2015 und 2016 machte der Kläger Mehraufwendungen für Verpflegung bei einer Auswärtstätigkeit als Werbungskosten geltend. In den Anlagen N erklärte er, in 2015 habe an 144 Tagen eine Abwesenheit von mehr als 8 Stunden vorgelegen, in 2016 an 133 Tagen. In Zeile 33 der Anlagen N gab der Kläger jeweils als „Sammelpunkt/nächstgelegener Zugang zum weiträumigen Tätigkeitsgebiet“ die Adresse des Zustellzentrums P an. Ferner reichte er die monatlichen Zeiterfassungen (Beginn und Ende der Dienstzeit) und eine vorformulierte standardisierte...