Entscheidungsstichwort (Thema)
Umzug innerhalb derselben Gemeinde führt im Regelfall nicht zu Werbungskosten. Einkommensteuer 1983
Leitsatz (amtlich)
Aufwendungen eines Arbeitnehmers für einen Umzug innerhalb derselben Gemeinde, der weder vom Arbeitgeber gefordert noch mit einem Arbeitsplatzwechsel verbunden war, sind nur dann als Werbungskosten abzugsfähig, wenn die durch den Umzug erlangte arbeitstägliche Fahrzeitersparnis wenigstens eine Stunde beträgt.
Normenkette
EStG 1983 § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1 S. 2
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
Der Rechtsstreit geht um die Anerkennung von Umzugskosten eines Arbeitnehmers als Werbungskosten.
Der alleinstehende Kläger bezieht als Lehrer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Im Juli 1983 zog er zusammen mit seiner Lebensgefährtin, mit der er bis dahin in der … in… gewohnt hatte, in eine Eigentumswohnung in der …, ebenfalls in …, um, die ihm und seiner Partnerin je zur Hälfte gehört. Die neue Wohnung befindet sich im Gegensatz zur früheren in einem Altbau und beinhaltet – ebenfalls im Gegensatz zu jener – keine Nebenleistungen, wie z. B. Erledigung der Hausordnung oder Winterdient.
Durch den Umzug erspart sich der Kläger eine Wegstrecke von rd. 5 km für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte; während er vorher rd. 11 km Entfernung zur Arbeitsstätte zurücklegen mußte, sind es jetzt nur noch 6 km einfache Wegstrecke, was einer Zeitersparnis von rd. 20 Minuten für die Benutzung des eigenen Pkw entspricht. Nach seinen Angaben ist er im Streitjahr 1983 zu seiner Arbeitsstelle und zurück ausschließlich mit dem eigenen Pkw gefahren. Nach seiner Behauptung hat er den Weg zur Arbeitsstätte bei verschiedenen Anlässen (Nachmittagsunterricht, Konferenzen, Fortbildungsveranstaltungen usw.) häufig mehrmals täglich zurück gelegt.
In der Einkommensteuererklärung für 1983 machte der Kläger u. a. Umzugskosten in Höhe von 400,– DM als Werbungskosten geltend. Bei der Durchführung der Veranlagung 1983 erkannte das Finanzamt diese Aufwendungen nicht als Werbungskosten an. Gegen den entsprechenden Einkommensteuerbescheid 1983 legte der Kläger Einspruch ein, den das Finanzamt mit Entscheidung vom 11.12.1985, auf die Bezug genommen wird, als unbegründet zurückwies.
Die daraufhin erhobene Klage wurde damit begründet, daß die kürzere Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und die Möglichkeit, zumindest in Notfällen eine einigermaßen günstige Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu haben, für die Wahl der neuen Wohnung ausschlaggebend gewesen seien. Von höherem Wohnkomfort bei der neuen Wohnung könne nicht die Rede sein.
Das Finanzamt hat den ursprünglichen Einkommensteuerbescheid 1983 zuletzt durch den Änderungsbescheid vom 31.03.1987 geändert. Weil sich die Änderung nicht auf die Anerkennung der Umzugskosten als Werbungskosten bezogen hat, hat der Kläger diesen Änderungsbescheid zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Er beantragt weiterhin, die geltend gemachten Umzugskosten von 400,– DM als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anzuerkennen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage als unbegründet abzuweisen.
Der Senat hat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet, denn die dem Kläger entstandenen Umzugskosten sind nicht als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anzuerkennen. Das Gesetz definiert Werbungskosten als Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 Abs. 1 S. 1 EStG).
Aufwendungen wegen Umzugs in eine neue Wohnung sind grundsätzlich steuerlich nicht abziehbare Kosten der privaten Lebensführung, weil das Bewohnen einer Wohnung in der Regel dem privaten Lebensbereich zuzurechnen ist (§ 12 Nr. 1 S. 2 EStG). Sie sind nur dann als Werbungskosten i. S. des § 9 Abs. 1 S. 1 EStG anzuerkennen, wenn sie weit überwiegend beruflich veranlaßt sind. Das ist der Fall, wenn die berufliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen als Arbeitnehmer den entscheidenden Grund für den Umzug darstellt, Umstände der allgemeinen Lebensführung also nur eine ganz untergeordnete Rolle spielen.
Der BFH hat erstmals in seinem Urteil vom 10. September 1982 VI R 95/81 BFHE 136, 478, BStBl. II 1983, 16, über die berufliche Veranlassung des Umzugs am selben Ort entschieden, der nicht mit einem Arbeitsplatzwechsel verbunden oder vom Arbeitgeber gefordert worden war. Er hat auf Grund des von ihm angenommenen weiten Werbungskostenbegriffs, wonach Werbungskosten über den Wortlaut des § 9 Abs. 1 S. 1 EStG hinaus alle Aufwendungen sind, die durch den Beruf veranlaßt sind, Umzugsaufwendungen dann als Werbungskosten anerkannt, wenn der Umzug eine wesentliche Verkürzung der Fahrtstrecke (Fahrzeit) zwischen Wohnung und Arbeitsstelle mit sich bringt (vgl. auch Anmerkung in HFR 1983 S. 11). Er hat aber darin ausgesprochen, daß die notwendige, weitaus überwiegende berufliche Veranlassung des Umzugs hi...