Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Berücksichtigung erwerbsbedingter Kinderbetreuungskosten
Leitsatz (amtlich)
Die Neuregelung des Familienleistungsausgleichs im Veranlagungszeitraum 2000, nach der kein Recht auf steuerliche Anerkennung aller im Einzelfall entstandenen erwerbsbedingten Betreuungskosten eines Kindes besteht, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 9, § 32 Abs. 6 S. 1, § 33
Tatbestand
Streitig ist, ob Tagesheimkosten als Sonderausgaben gem. § 10 Abs. 1 Nr. 9 Einkommensteuergesetz -EStG- und Kinderbetreuungskosten als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG zu berücksichtigen sind.
Der Kläger erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Kapitalvermögen sowie aus Vermietung und Verpachtung. Er ist seit November 1997 geschieden und Vater der 1985 bzw. 1987 geborenen Kinder A und S, die in seinem Haushalt leben.
In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2000 machte der Kläger u.a. Tagesheimkosten des F-Gymnasiums in Höhe von 1.350,00 DM (Bl. 4 ESt-Akten) als Sonderausgaben geltend (Bl. 48 ESt-Akten). Daneben beantragte er die Anerkennung von Kinderbetreuungskosten in Höhe von 7.350,00 DM (Bl. 10 ESt-Akten) als außergewöhnliche Belastungen (Bl. 48 R ESt-Akten).
Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2000 vom 16. Juli 2002 berücksichtigte der Beklagte im Rahmen der Berechnung des zu versteuernden Einkommens des Klägers einen Freibetrag für Kinder von 19.872,00 DM sowie einen Haushaltsfreibetrag von 5.616,00 DM; gleichzeitig wurde bei der Festsetzung der Einkommensteuer das an den Kläger ausgezahlte Kindergeld in Höhe von 6.480,00 DM der ermittelten tariflichen Einkommensteuer hinzugerechnet. Die vom Kläger geltend gemachten Tagesheim- und Kinderbetreuungskosten erkannte der Beklagte nicht an.
Der Kläger legte gegen den Einkommensteuerbescheid Einspruch ein und trug hinsichtlich der vorliegend noch im Streit stehenden Aufwendungen vor, dass Betreuungskosten in tatsächlicher Höhe als Minderung der Steuerschuld zu berücksichtigen seien. Das Bundesverfassungsgericht habe entschieden, dass dem Gesetzgeber bei der Auslegung des § 33 c EStG kein Spielraum für den Abzug einer zumutbaren Eigenbelastung zustehe. Die Kinderbetreuungskosten minderten regelmäßig - als stetige Wahrnehmung der elterlichen Erziehungsverantwortung durch Drittbetreuung - die steuerliche Leistungsfähigkeit in einem existenznotwendigen Bedarf und stünden deshalb für eine Einkommensbesteuerung nicht zur Verfügung.
Nachdem der Beklagte unter dem 11. April 2003 im Hinblick auf weitere Einwendungen des Klägers einen geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr erlassen hatte, wies er mit Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 2003 den Einspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, dass in den Veranlagungszeiträumen 2000 und 2001 der Betreuungsbedarf für ein Kind ausschließlich durch das Kindergeld oder den Betreuungsfreibetrag berücksichtigt werde. Die Berücksichtigung eines erwerbsbedingten Betreuungsaufwands sei nach der Rechtsprechung entbehrlich geworden, weil das Gericht einen derartigen Bedarf allgemein für Eltern feststelle und zum Kinderfreibetrag des Kindes rechne. Das Bundesverfassungsgericht habe den Gesetzgeber verpflichtet, den Betreuungsaufwand für ein Kind als Bestandteil des kinderbedingten Existenzminimums stets von der Einkommensteuer freizustellen und die Anwendung des für verfassungswidrig erkannten § 33 c EStG a. F. letztmals bis zum Veranlagungszeitraum 1999 zugelassen. Die Neuregelung des Betreuungsaufwands zusammen mit dem Kinderfreibetrag und dem Wegfall der Kinderbetreuungskosten nach § 33 c EStG a. F. sei somit verfassungsrechtlich geboten gewesen. Die Regelung für die Veranlagungszeiträume 2000 und 2001 sei verfassungskonform.
Dem Antrag des Klägers, die Tagesheimkosten in Höhe von 1.350,00 DM für die Betreuung der Tochter als Schulgeld im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG zu berücksichtigen, könne nicht entsprochen werden. Zwar handele es sich bei dem F-Gymnasium um eine gem. Art. 7 Abs. 4 Grundgesetz -GG- staatliche genehmigte Ersatzschule, für die jedoch kein Schulgeld gezahlt werde. Die entstandenen Kosten des Klägers seien ein Entgelt für die Betreuung seiner Tochter, welches gem. § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG ausdrücklich nicht als Schulgeld zum Abzug zugelassen werde.
Mit der hiergegen gerichteten Klage verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter. Er trägt vor, dass er im Jahr 2000 ganztätig berufstätig gewesen sei. Um sein Einkommen zu erzielen, ohne dass seine Kinder Schaden leiden müssten, habe er diese betreuen lassen müssen. Dadurch seien ihm die geltend gemachten Aufwendungen entstanden. Kinderbetreuungskosten, die auf Grund der Erwerbstätigkeit der Eltern anfielen, minderten deren steuerliche Leistungsfähigkeit. Dies ergebe sich zunächst aus Art. 3 Abs. 1 GG. Erwerbsbedingte Betreuungskosten reduzierten das Einkommen ebenso wie andere Werbungskosten oder Betriebsausgaben. Auch Artikel 3 Abs. 2 GG gebiete die steuerliche Berücksicht...