Entscheidungsstichwort (Thema)
Freiwillige Bar- und/oder Naturalleistungen bei nicht bestehender Unterhaltspflicht weder zivil- noch steuerrechtlich berücksichtigungsfähig. Übertragung des Kinderfreibetrags: Naturalunterhalt dem Barunterhalt gleichwertig. volljährigem Kind nur Barunterhalt zu gewähren. Einkommensteuer 1990
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Rückübertragung des Kinderfreibetrages nach § 32 Abs. 6 Satz 4 EStG scheidet aus, wenn der die Rückübertragung begehrende Ehegatte zwar Naturalunterhaltsleistungen erbringt, die die Barunterhaltsleistungen des anderen Ehegatten übersteigen, er jedoch mangels Leistungsfähigkeit rechtlich gar nicht zum Unterhalt verpflichtet ist.
2. Ein Gleichwertigkeit von Betreungsleistungen einerseits mit Bar- und Naturalunterhaltsleistungen anderseits ist ab Volljährigkeit des Unterhaltsberechtigten nicht mehr gegeben.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 6 Sätze 4, 1; BGB §§ 1601, 1606 Abs. 3, § 1612
Tenor
I. Die Klage wird unter der Verpflichtung des Beklagten abgewiesen, einen wegen des Arbeitnehmerpauschbetrages vorläufigen Bescheid zu erteilen.
II. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
Tatbestand
Streitig ist die Berücksichtigung von Kinderfreibeträgen und eines Ausbildungsfreibetrages.
Aus der geschiedenen Ehe der Klägerin mit Herrn … – dem Beigeladenen – gingen die am … März 1965 geborene Tochter C. und die am …9. 1968 geborene Tochter… hervor, C. studierte im Streitjahr an der Universität… der Beigeladene zahlte monatlich 725 DM bzw. 750 DM an Unterhalt an sie. Obgleich die Klägerin nach dem Urteil des Amtsgerichtes … vom 26. September 1985 mangels Leistungsfähigkeit nicht zum Barunterhalt verpflichtet war, zahlte sie an die Tochter C. monatlich 400 DM und gewährte ihr außerdem kostenlos Verpflegung und Unterbringung an den Wochenenden und in den Semesterferien in der Wohnung der Klägerin.
An die Tochter I. zahlte der Beigeladene monatlich 210 DM bzw. 148 DM Barunterhalt, die Klägerin gewährte ihr kostenlos Unterkunft und Verpflegung in der ehelichen Wohnung. Im Rahmen ihres Ausbildungsverhältnisses als … hatte die Tochter I. im Streitjahr eigene Einkünfte.
Kinderfreibeträge und den Ausbildungsfreibetrag für C. gewährte der Beklagte im angefochtenen Bescheid nicht, weil diese beim Beigeladenen berücksichtigt worden sind. Der von den Klägern unter Hinweis auf das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 20. Februar 1990 (EFG 1991, 128) geführte Einspruch blieb ohne Erfolg.
Mit der Klage beantragen die Kläger sinngemäß,
unter Änderung des angefochtenen Einkommensteuerbescheides 1990 vom 6. März 1992 und der Einspruchsentscheidung vom 13. Oktober 1992 für die Töchter C. und I. je einen Kinderfreibetrag, zugleich für die Tochter C. auch einen Ausbildungsfreibetrag zu gewähren.
Zur Begründung beziehen sie sich auf das Urteil des Finanzgerichts Münster EFG 1991, 128. Der von der Klägerin an die Tochter I. gewährte Unterhalt übersteige den Barunterhalt des Beigeladenen (vgl. auch BFH Bundessteuerblatt Teil II 1992, 20). Der Hinweis des Beklagten auf § 1606 BGB gehe fehl, einschlägig sei vielmehr § 1612 BGB. Der Naturalunterhalt der Klägerin an die Tochter I. sei mit 550 DM monatlich zu bewerten. Im übrigen sei der Beigeladene vom Amtsgericht … nur zum Unterhalt für C. verpflichtet worden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er meint, bei Volljährigkeit der Kinder könne Bar- und Naturalunterhalt nicht mehr gleichgestellt werden; mit Beginn der Volljährigkeit setze die beiderseitige Barunterhaltspflicht ein. Da die Klägerin nicht zum Barunterhalt verpflichtet sei, können ihre freiwilligen Leistungen nicht berücksichtigt werden.
Der Senat hat durch Beschluß den geschiedenen Mann der Klägerin und Vater der Töchter C. und I. zum Verfahren beigeladen (§ 60 Abs. 3 FGO).
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Gemäß § 32 Abs. 6 Satz 1 in der für das Streitjahr gültigen Fassung des Einkommensteuergesetzes wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Kinderfreibetrag von 1512 DM vom Einkommen abgezogen. Abweichend davon wird bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehepaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der Kinderfreibetrag des anderen Elternteils auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im wesentlichen nachkommt. Diese Übertragung ist im Streitfall auf den Beigeladenen erfolgt. Dieser ist, wie im Streitfall nicht streitig ist, seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber den beiden Töchtern nachgekommen, so daß die Entscheidung davon abhängt, ob die Klägerin eine Unterhaltsverpflichtung traf und ob sie diese gegebenenfalls im wesentlichen erfüllt hat.
Das Bestehen und die Art. sowie die Höhe einer Unterhaltsverpflichtung bestimmt sich nach den gesetzlichen Regelungen des 4. Buches des Bürgerlichen Gesetzbuches. Nach der Generalnorm des § 1601 BGB sind Verwandte in ge...