Revision eingelegt (BFH IX R 20/15)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verlängerte Festsetzungsfrist bei vorsätzlichem Verschweigen des rückwirkenden Wegfalls der Voraussetzungen für die Eigenheimzulage
Leitsatz (amtlich)
Wird dem Finanzamt nachträglich bekannt, dass ein Eigentumserwerb nicht stattgefunden hat, so kann die Festsetzung der Eigenheimzulage wegen neuer Tatsachen zuungunsten des Steuerpflichtigen aufgehoben werden. Bei vorsätzlicher Täuschung des Finanzamts über die Voraussetzungen der Eigenheimzulage ist hinsichtlich der Aufhebung des die Eigenheimzulage festsetzenden Bescheides die verlängerte zehnjährige Verjährungsfrist des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO anzuwenden.
Normenkette
GG Art. 103 Abs. 2; AO § 39 Abs. 2 Nr. 1, § 155 Abs. 4, § 169 Abs. 2, § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 370; EigZulG § 2 Abs. 1 S. 1, § 15 Abs. 1-2; BGB §§ 873, 925, 986 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist nach Rückabwicklung eines Kaufvertrages die Gewährung der Eigenheimzulage.
Die Klägerin lebt seit November 2002 von ihrem Ehemann getrennt. Seit Mai 2003 ist sie in L, H-Straße Hausnummer wohnhaft, zusammen mit ihrer Tochter.
Mit notariellem Vertrag vom 27. Dezember 2002 (Urkundennummer …/2002, Blatt 25-36 der Prozessakten) erwarben die Klägerin, ihr Bruder (M. L.), ihre Mutter (A. L.) sowie der Adoptivsohn ihrer Mutter (O. Z.) für einen Kaufpreis von 194.290,91 € zu je einem Viertel das oben genannte bebaute Grundstück. Am 10. Januar 2003 wurde eine Auflassungsvormerkung zur Absicherung des Anspruchs auf Übereignung im Grundbuch eingetragen. Damit wurde gemäß Abschnitt 3 Nummer 1a des Kaufvertrages der Kaufpreis innerhalb von 3 Monaten nach Kenntnis der Käufer von der Eintragungsvormerkung fällig. Der Kaufpreis wurde nicht bezahlt, die Erwerber zahlten jedoch monatlich 745,80 € an die Verkäuferin bzw. nach deren Ableben an deren beide Söhne als Rechtsnachfolger, und zwar bis ins Jahr 2007.
Am 17. März 2004 beantragte die Klägerin Eigenheimzulage ab dem Jahr 2003 nach §§ 1 ff Eigenheimzulagengesetz (EigZulG). Als Anschaffungskosten gab sie einen Kaufpreis von 51.817 €, Grunderwerbsteuer von 1700 €, Gerichtskosten der LOK von 44,62 € und Notargebühren von 273,31 € an (zusammen 53.834,93 €). In dem Antrag gab sie an, als Erwerberin mit Kaufvertrag vom 27. Dezember 2002 das Objekt erworben zu haben. Als Zeitpunkt des Übergangs von Besitz, Nutzungen und Lasten führte sie ebenso den 27. Dezember 2002 an. Als Zeitpunkt der erstmaligen Eigennutzung gab sie den 1. Mai 2003 an. Mit Schreiben vom 20. April 2004 bat der Beklagte um Vorlage des notariellen Kaufvertrages in Kopie, Nachweis der Kaufpreiszahlung, Nachweis über den Beginn der Eigennutzung sowie einen Nachweis zur Finanzierung des Eigenheims (Darlehensverträge oder Ähnliches). Die Klägerin legte daraufhin den Kaufvertrag sowie eine Meldebestätigung zum Einzug am 1. Mai 2003 vor.
Mit Bescheid vom 6. Juli 2004 setzte der Beklagte für die Jahre 2003-2010 die Zulage in Höhe von jährlich 1278 € (2,5 % von 51.817 €) zuzüglich 767 € Kinderzulage (zusammen jährlich 2045 €) fest.
Aus einem Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin an den Beklagten vom 9. August 2004 ergibt sich, dass am 2. Dezember 2003 im Finanzamt eine Besprechung stattfand, in der Herr M. L. dargelegt habe, dass die Finanzierung des Erwerbs des Hauses nicht zu Stande gekommen sei und die Käufer sowie die Verkäuferin damals die Rückabwicklung des Vertrages betrieben hätten. Im Januar 2004 sei es den Käufern gelungen, die Finanzierung zu sichern. 2 Monate später seien dann auch die Anträge auf Eigenheimzulage gestellt worden. Auf das Schreiben wird verwiesen (Blatt 16 der Eigenheimzulage-Akten).
Am 25. Juli 2012 erhielt der Beklagte von der Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamts die Mitteilung, dass der Kauf des Anwesens nie zur Eintragung ins Grundbuch gelangt und der Kaufvertrag rückabgewickelt worden sei. Dieser Rückabwicklung lagen ein Urteil des Landgerichts vom 23. Dezember 2009 (Aktenzeichen: 4 O …/09) sowie ein Beschluss des Oberlandesgerichts vom 10. November 2010 (Aktenzeichen: 7 U …/10) zu Grunde. Nach den Feststellungen der gerichtlichen Entscheidungen hatte die Verkäuferin des Grundstücks zunächst die Eintragung einer Auflassungsvormerkung bewilligt und deren Eintragung damit bewirkt. Wegen (überwiegender) Nichtzahlung des vereinbarten Kaufpreises bei Fälligkeit spätestens im April 2003 erklärte nach den Feststellungen der Entscheidungen die Verkäuferseite nach einer letztmaligen Aufforderung vom 6. März 2009 zur Zahlung bis zum 16. März 2009 am 2. April 2009 den Rücktritt vom Kaufvertrag. Die gerichtlichen Entscheidungen folgten nicht der Auffassung der Käufer und Beklagten (unter anderem der Klägerin), dass der Kaufpreis aufgrund eines behaupteten nachträglich vereinbarten Mietkaufes mit gesonderten Tilgungsabreden noch nicht fällig gewesen sei. Der Beschluss des Oberlandesgerichts führt weiterhin unter 1.3. aus:
"… dass die Beklagten die Eigenhe...