Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterhaltsleistungen an Tochter als außergewöhnliche Belastungen

 

Leitsatz (redaktionell)

Nach § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG erfolgt eine Ermäßigung der Einkommensteuer durch einen Abzug von Aufwendungen, wenn diese einem Steuerpflichtigen für den Unterhalt und eine etwaige Berufsausbildung einer dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber unterhaltsberechtigten Person erwachsen. Voraussetzung ist dabei nach § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG, dass die unterhaltene Person kein oder nur geringes Vermögen besitzt. Ob die unterhaltene Person kein oder nur geringes Vermögen hat, ist unabhängig von der Anlageart nach dem Verkehrswert zu entscheiden.

 

Normenkette

EStG § 33a Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 28.04.2010; Aktenzeichen VI B 142/09)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob Unterhaltsleistungen der Kläger an ihre Tochter als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind.

Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2006 machten sie u.a. Unterhaltsleistungen an ihre im Studium befindliche volljährige Tochter N in Höhe von 8.400,-- € als außergewöhnliche Belastungen geltend. Die Kläger trugen dabei vor, dass die Ausgaben für „monatliche Kost, Wohnung und Barzuwendungen“ entstanden seien (vgl. Bl. 12/2006 ESt-Akte). Der Gesamtwert des Vermögens ihrer Tochter betrage 18.746,22 €; Einnahmen aus Kapitalvermögen habe sie im Streitjahr in Höhe von 201,19 € erzielt (vgl. Bl. 13, 41/2006 ESt-Akte).

Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 vom 27. August 2007 erkannte der Beklagte die Unterhaltsleistungen der Kläger nicht als außergewöhnliche Belastungen an.

Die Kläger legten hiergegen Einspruch ein und trugen zur Begründung vor, dass ihre Tochter N nur über ein geringes Vermögen verfüge. Sie könne auch mit ihren Zinseinnahmen nicht ihren Lebensunterhalt bestreiten. N habe über Jahre hinweg gespart, um beim Einstieg in ihr Berufsleben Startkapital für ein kleines Auto und Möbel zur Verfügung zu haben. Die vom Finanzamt angenommene Grenze der Geringfügigkeit des Vermögens von 15.500,-- € bestehe seit dem Jahr 1975 und sei in den letzten 30 Jahren nicht angepasst worden. Im Gesetz selbst sei der Betrag von 15.500,-- € nicht genannt; offensichtlich handele es sich um eine von der Verwaltung selbst bestimmte Grenze. Der vom Beklagten angenommene Wert entspreche nicht der wirtschaftlichen Entwicklung der letzten 30 Jahre und sei nicht mehr verfassungsgemäß. Es mache auch einen Unterschied, ob Kapital in Höhe von 18.000,-- € oder ob eine Immobilie für Wohnzwecke zur Verfügung stehe, deren Wert mit Sicherheit wesentlich mehr als 15.500,-- € betrage.

Mit Einspruchsentscheidung vom 18. Februar 2008 wies der Beklagte den Einspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, dass nach § 33a Abs. 1 Satz 3 Einkommensteuergesetz - EStG - außergewöhnliche Belastungen u.a. nur dann zu berücksichtigen seien, wenn dem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt einer ihm gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person entstünden, für die weder ihm noch einem Dritten ein Kinderfreibetrag oder ein Kindergeldanspruch zustehe und die kein oder nur geringes Vermögen besitze. Im Streitfall sei die Voraussetzung, dass die Tochter als Unterhaltsempfängerin kein oder nur ein geringes Vermögen besitzen dürfe, jedoch nicht erfüllt. Die Regelung in § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG finde ihre Rechtfertigung und ihren sachlichen Grund im Zivilrecht. Das bürgerliche Unterhaltsrecht mute es einem Unterhaltsberechtigten grundsätzlich zu, sein Vermögen ungeachtet der Art der Anlage ggfs. durch Substanzverbrauch für seinen Unterhalt einzusetzen. Die zivilrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Regelungen und Wertungen hätten in R 33a Nr. 1 Abs. 2 Einkommensteuerrichtlinien - EStR - Bedeutung für die Auslegung des Begriffs der Zwangsläufigkeit im Sinne der §§ 33, 33a EStG gewonnen. Danach könne in der Regel ein Vermögen bis zu einem gemeinen Wert (Verkehrswert) von 15.500,-- € als geringfügig angesehen werden. An diesen Wert sei die Verwaltung gebunden. Der Bundesfinanzhof vertrete in einem Urteil vom 14. August 1997 (III R 68/96) die Ansicht, dass trotz der seit 1975 eingetretenen Geldentwertung ein Betrag von 30.000,-- DM bzw. 15.500,-- € nicht die Grenze unterschreite, bis zu der nach § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG ein Vermögen als gering unberücksichtigt zu bleiben habe.

Mit der hiergegen gerichteten Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Sie tragen vor, der Bundesfinanzhof habe zwar die von der Finanzverwaltung angenommene Grenze der Geringfügigkeit von 15.500,-- € für Veranlagungszeiträume bis 1993 gebilligt. Allerdings seien in den jeweiligen Streitfällen Vermögen von 120.000,-- bzw. 50.000,-- DM beurteilt worden. Es sei keine finanzgerichtliche Entscheidung erkennbar, die sich mit einem Barvermögen befasst hätte. Die Vorschrift des § 33a Abs. 1 EStG orientiere sich am Unterhaltsrecht, nämlich der Abziehbarkeit von Unterhaltsa...

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