Entscheidungsstichwort (Thema)

Kapitalanlageverluste sind steuerlich weder als Werbungskosten noch als außergewöhnliche Belastung berücksichtiungsfähig. Forderungsverlust führt im Bereich der Überschußeinkünfte nicht zu Werbungskosten und stellt auch keine außergewöhnliche Belastung dar. Einkommensteuer 1995

 

Leitsatz (redaktionell)

(1) Der Verlust einer Kapitalanlageforderung bleibt bei der Einkunftsermittlung nach § 20 EStG unberücksichtigt, da im Rahmen der Überschusseinkunftsarten ein Vermögensvergleich, in dem sich Aufwendungen auf das Vermögen als Werbungskosten i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG niederschlagen könnten, gerade nicht stattfindet.

(2) Eine Berücksichtigung von Kapitalanlageforderungen als außergewöhnliche Belastung scheidet mangels „Außergewöhnlichkeit” und „Zwangsläufigkeit” aus.

Eine außergewöhnliche Belastung i.d.S. liegt auch dann nicht vor, wenn der Verlust der Einlageforderung auf betrügerische Umstände zurückzuführen ist, da sich hierin nur das allgemeine Risiko, Opfer einer Straftat zu werden, konkretisiert.

 

Orientierungssatz

1. Der Verlust einer Kapitalanlage (Forderung) kann nicht als Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen geltend gemacht werden.

2. Der Verlust einer unterzusage einer ungewöhnlich hohen Verzinsung (15 v.H) eingegangenen Kapitalanlage aufgrund betrügerischer Machenschaften stellt wegen fehlender „Außergewöhnlichkeit” und „Zwangsläufigkeit” keine steuerlich zu berücksichtigende außergewöhnliche Belastung dar. Die Verwirklichung des allgemeinen Risikos, Opfer einer Straftat zu werden, führt nach Auffassung des Senats nicht zu einer außergewöhnlichen Belastung i. S. des § 33 EStG.

 

Normenkette

EStG § 33 Abs. 1-2, § 9 Abs. 1 S. 1, § 20

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Eingehung einer Kapitalanlage und deren wirtschaftlicher Verlust als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG berücksichtigungsfähig sind.

Die 1969 geborene, alleinstehende Klägerin ist als Verlagskauffrau mit einem Jahresbruttoarbeitslohn 1995 von 86.494,– DM bei … … GmbH & Co. KG in … angestellt. Auf Vermittlung einer Arbeitskollegin, die dieserhalb im Nebenerwerb für eine Firma … GmbH in … tätig war, ging die Klägerin mit Vertrag vom 22./28. November 1994 u. a. eine von dem Vermögensverwalter … … (B) in … angebotene „Beteiligung an verschiedenen Einzelprojekten im Bereich der Erstellung und Entwicklung von verschiedenen Finanzdienstleistungen” für ein … und gegen eine Zahlung von 50.000 DM ein (Vertrag, Bl. 11 ff. ESt-Akte). Die „Beteiligung” sollte eine feste Laufzeit von 3 Jahren – verbunden mit einer Verlängerungsoption des Anbieters um ein weiteres Jahr – haben. Versprochen wurde eine jährliche „Vergütung” von 15 v.H. der Einlage; sie sollte zusammen mit der Einlage am Ende der vertraglichen Laufzeit in einer Summe ausgezahlt werden. Im Laufe des Streitjahres 1995 stellte sich heraus, daß die Klägerin einem Betrüger aufgesessen war: Gegen B wurde 1995 ein Strafverfahren wegen Kapitalanlagebetrugs eingeleitet, das im Jahr 1996 zu einer rechtskräftigen Verurteilung des B zu einer fünfjährigen Freheitsstrafe führte (vgl. Mitteilung der Staatsanwaltschaft … vom 05. Dezember 1996, Bl. 9 ESt-Akte). Versuche der Klägerin zur Rückerstattung der „Einlage” bzw. zur Erlangung von Schadenersatz schlugen fehl (vgl. anwaltliche Schreiben, Bl. 36 bis 71 ESt-Akte). Ohne Erfolg blieb auch ihr Begehren, den Verlust von 50.000 DM im Rahmen ihrer Veranlagung zur Einkommensteuer 1995 als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 EStG abzuziehen (ESt-Bescheid 1995 vom 20. Mai 1997, Bl. 21; Einspruchsentscheidung vom 23. September 1997, Bl. 85, jeweils ESt-Akte).

Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage macht die Klägerin unter Bezugnahme auf das urteil des FG des Saarlandes vom 25. November 1987 (EFG 1988, 126) geltend, daß die Verwirklichung des allgemeinen Risikos. Opfer einer Straftat zu werden, zu einer außergewöhnlichen Belastung im Sinne des § 33 EStG führe. Im Streitfall gelte dies umso mehr, wie die Klägerin die Kapitalanlage im Hinblick auf ihr Rentenalter getäfigt habe und der eingetretene Verlust das Existenzminimum betreffe. Die Anlage von Geld bei einer Anlagegesellschaft habe für die Klägerin entsprechend ihrer gesellschaftlichen Stellung – etwas Außergewöhnliches dargestellt und entspreche nicht ihrer normalen Lebensführung.

Da die Klägerin die Kapitalanlage im Hinblick auf die hohe Verzinsung eingegangen sei, aber mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt habe, müsse der eingetretene Verlust zumindest zu Werbungskosten führen.

Die Klägerin beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 1995 vom 20. Mai 1997 in der Fassung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 23. September 1997 dahin zu ändern, daß der Einlageverlust von 50.000 DM als außergewöhnliche Belastung im Rahmen des § 33 EStG berücksichtigt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verbleibt bei seiner Auffassung, daß es sich um einen steuerlich ...

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