Zusammenfassung
Mittelständische Unternehmen stützen ihre Finanzierungsstrategie überwiegend auf den klassischen Bankkredit. Als ergänzende Alternative für eine Fremdkapitalaufnahme bietet sich u. a. eine Anleiheemission am Kapitalmarkt an. Viele Mittelständler scheuen jedoch den mit dem komplexen, rechtlich anspruchsvollen Emissionsprozess verbundenen hohen Aufwand. Der Beitrag stellt diese Finanzierungsmöglichkeit vor und beleuchtet ihre Vor- und Nachteile, ergänzt um einen skizzierten Vergleich zum Schuldscheindarlehen (SSD).
1 Erschwerte Kreditaufnahme
Verschärfte regulatorische Rahmenbedingungen für Kreditinstitute (insbesondere höhere Mindesteigenkapitalanforderungen zur Deckung von Kreditrisiken in den Risikoaktiva der Banken durch Eigenmittel) infolge krisenartiger Verwerfungen im Finanzsystem seit 2007 haben die Kreditvergabepraxis der Banken restriktiver werden lassen, sodass sich kleine und mittlere Unternehmen (KMU) mit tendenziell höheren Kreditkosten und Auflagen zur Kreditbesicherung konfrontiert sehen. Ihnen ist der Zugang zu Krediten ihrer Hausbank(en) erschwert. Vor diesem Hintergrund sollten alternative Finanzierungslösungen sondiert werden, um die Basis der Unternehmensfinanzierung durch Diversifikation zu stärken.
Zu den gegebenen Finanzierungsalternativen zählen neben dem Konsortialkredit vorrangig das Schuldscheindarlehen als kapitalmarktnahes Instrument sowie die Anleiheemission, auf welche nachfolgend der Schwerpunkt gelegt werden soll. Bei dieser Form der Finanzierung über den Kapitalmarkt bieten zahlreiche Ausgestaltungsvarianten eine hohe Bedarfsorientierung. Eine Unternehmensanleihe entspricht wirtschaftlich, steuerlich und weitgehend auch rechtlich der Aufnahme eines Kredits. Unterschiede gibt es im Strukturierungsprozess, in der Übertragbarkeit sowie im breiteren Gläubigerkreis. Zudem sind die Fixkosten für Strukturierung und Vertrieb je nach Art der Anleihe und des gewählten Emissionsverfahrens höher als beim Bankkredit. Hieraus resultieren ein gewisses Mindestvolumen und die mit dem Instrument der Anleiheemission verbundenen Anforderungen.
Als Hauptgründe gegen eine Anleiheemission gelten vorrangig die vergleichsweise hohen Kosten sowie die Unsicherheit hinsichtlich der rechtlichen Rahmenbedingungen und Komplexität der Kapitalmarkt-Transaktion. Der intensive Wettbewerb zwischen zunehmend auf den Mittelstand ausgerichteten Intermediären (Finanzdienstleister, Unternehmens-, Steuer- und Rechtsberater, Rating-Agenturen, Wirtschaftsprüfer u. a.) sowie die Einführung von Handelssegmenten für Mittelstandsanleihen an inländischen Börsen bedeuten jedoch durchaus die Möglichkeit zur Kostenoptimierung verbunden mit einer höheren Erfolgschance für ein solches Vorhaben.
2 Alternative Anleiheemission
2.1 Emissionsfähigkeit
Grundsätzlich gibt es keine rechtlichen Voraussetzungen hinsichtlich der Rechtsform des emittierenden Unternehmens. Dennoch hängt die faktische Emissionsfähigkeit erfahrungsgemäß von der Erfüllung einiger ganz wesentlicher Anforderungen ab.
Das Emissionsvorhaben einerbörsennotierten Anleiheerfordert von einem Unternehmen einen nicht zu unterschätzenden Aufwand bezüglich verpflichtender Vor- und Nachbereitungen im Zusammenhang mit den aus dem Börsen-Listing resultierenden zwingenden Dokumentations- und Transparenzvorschriften. Dem berechtigten Informationsinteresse der (zumeist anonymen) Investoren muss durch die Erfüllung von gesetzlichen Publizitätspflichten Rechnung getragen werden.
Die verpflichtende Anwendung derRechnungslegung nach IFRS für kapitalmarktorientierte Konzernmutterunternehmen (§ 315a HGB i. V. m. IFRS 9) und die Pflicht zur Veröffentlichung von Finanzberichten und Ad-hoc-Mitteilungen (§ 15 WpHG) stellen mittelständische Unternehmen regelmäßig vor erhebliche Herausforderungen. Diese sind jedoch für eine von Offenheit geprägte Unternehmenskultur unabdingbar, um auf Basis der Reputation des Unternehmens eine erfolgreiche Anleiheemission anstreben zu können.
2.2 Emissionsverfahren: Fremd- oder Eigenemission
Das gängige Emissionsverfahren (auf dem Euro Corporate Bond Market) ist die Fremdemission von Unternehmensanleihen durch einzelne Banken bzw. Platzierungskonsortien(Übernahme). Häufig ist es ein Bankenkonsortium (bestehend aus (Joint) Lead Manager(s) und Co Manager(s)), das gegen Entgelt den Vertrieb und ggf. auch das Absatzrisiko vom Emittenten übertragen bekommt. Es übernimmt hierbei die gesamte Anleihe auf eigene Rechnung, stellt dem Unternehmen den Gegenwert der Anleihe als Emissionserlös zur Verfügung und garantiert die vollständige Platzierung der Anleihe bei Investoren (was auch die Übernahme offener Positionen vorsieht).
Diese Form der Übernahme ist für den Emittenten das aussichtsreichste, aber auch ein vergleichsweise teures, Emissionsverfahren. Übernimmt das Konsortium hingegen lediglich den Vertrieb, handelt es sich um eine Begebung (über ein Begebungskonsortium), welche i. d. R. günstiger als die Übernahme ist.
Zudem besteht die Möglichkeit der Eigenemission, bei welcher das Unternehmen als Emittent den Vertrieb eigenständig verantwortet und so das Absatzrisiko der Anleihe selbst trägt. Hierbei...