Rz. 192

Nach der bis 31.12.2008 geltenden Fassung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 S. 1 EStG hatte es für die Besteuerung keine Bedeutung, dass die Höhe eines zugesagten oder gewährten Nutzungsentgelts von einem ungewissen Ereignis abhing, sodass auch Kapitalforderungen, bei denen lediglich die Leistung eines der Höhe nach nicht feststehenden Nutzungsentgelts zugesagt oder gewährt worden war, von § 20 Abs. 1 Nr. 7 S. 1 EStG erfasst wurden (z. B. Indexanleihen ohne garantierte Kapitalrückzahlung, bei denen die Höhe des Nutzungsentgelts vom Stand eines Indexes abhängt). Nicht der Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 S. 1 EStG unterlagen ausschließlich spekulative Finanzprodukte, bei denen die Höhe des Nutzungsentgelts aufgrund ihrer Abhängigkeit von einem ungewissen Ereignis auch Null betragen oder zu einem negativen Ergebnis führen konnte. Der Wortlaut des § 20 Abs. 1 Nr. 7 S. 1 EStG war insofern teleologisch zu reduzieren, da die Vorschrift nach der ausdrücklichen Zielsetzung des Gesetzgebers[1] keine Kapitalanlagen mit ausschließlich spekulativem Charakter erfassen sollte.[2]

 

Rz. 193

Nach der seit 1.1.2009 geltenden Gesetzesfassung ist es für die Besteuerung unerheblich, dass neben der Höhe eines zugesagten oder geleisteten Nutzungsentgelts auch die Höhe einer zugesagten oder geleisteten Kapitalrückzahlung von einem ungewissen Ereignis abhängt. Auch Kapitalforderungen, bei denen lediglich eine der Höhe nach nicht feststehende Rückzahlung des überlassenen Kapitalvermögens zugesagt oder geleistet worden ist, werden daher von § 20 Abs. 1 Nr. 7 S. 1 EStG erfasst (z. B. Indexzertifikate ohne garantiertes Nutzungsentgelt, bei denen die Höhe der Kapitalrückzahlung vom Stand eines Indexes abhängt). Der Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 S. 1 EStG unterliegen nun auch ausschließlich spekulative Finanzprodukte, bei denen die Höhe des Nutzungsentgelts oder die Höhe der Kapitalrückzahlung aufgrund ihrer Abhängigkeit von einem ungewissen Ereignis Null betragen oder zu einem negativen Ergebnis führen kann. Die bisherige teleologische Reduktion des § 20 Abs. 1 Nr. 7 S. 1 EStG ist aufzugeben, da die Vorschrift nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers[3] auch Kapitalanlagen mit ausschließlich spekulativem Charakter erfassen soll. Demgemäß fallen auch Erträge aus Optionsanleihen unter § 20 Abs. 1 Nr. 7 S. 1 EStG und zwar ungeachtet dessen, dass Anleihe und Optionsschein jeweils selbstständige Wirtschaftsgüter sind. Die Finanzverwaltung betrachtet Optionsscheine (Optionsrecht in einem Wertpapier verbrieft) als Kapitalforderungen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG; der Erwerber des Optionsscheins hat die Position des Berechtigten inne, er erwirbt entweder eine Kaufoption oder eine Verkaufsoption, während der Emittent die Stillhalter-Position einnimmt, wobei Optionsscheine mit einer Schuldverschreibung verbunden sein können.[4]

Bei Verlusten aus dem Verfall von Optionsscheinen ist die Verlustverrechnungsbeschränkung gem. § 20 Abs. 6 S. 6 EStG zu berücksichtigen. Erfolgt bei Vollrisikozertifikaten zum Zeitpunkt der Endfälligkeit keine Zahlung mehr, bedeutet das eine Rückzahlung von null und damit einen der Veräußerung gleichen Vorgang i. S. d. § 20 Abs. 2 EStG. Sind bei einem Zertifikat im Zeitpunkt der Endfälligkeit keine Zahlungen vorgesehen, weil der Basiswert eine nach den Emissionsbedingungen vorgesehene Bandbreite verlassen hat, oder kommt es durch das Verlassen der Bandbreite zu einer (vorzeitigen) Beendigung des Zertifikats (sog. "Knock-out-Zertifikat") ohne weitere Kapitalrückzahlungen, liegt eine Einlösung zu null und damit ebenfalls ein der Veräußerung gleicher Tatbestand i. S. d. § 20 Abs. 2 EStG vor.[5] Die Anschaffungskosten des Zertifikats sind als Verlust zu berücksichtigen. Für die Verluste ist die Verlustverrechnungsbeschränkung gem. § 20 Abs. 6 S. 6 EStG zu berücksichtigen. Entsprechendes gilt für das Erreichen der "Knock-out-Schwelle".[6]

Liegen bei einem Vollrisikozertifikat mehrere Zahlungszeitpunkte bis zur Endfälligkeit vor, sind die Erträge zu diesen Zeitpunkten Einkünfte i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG.[7]

Zahlen Kreditinstitute einen Nutzungsersatz auf zurückerstattete Kreditbearbeitungsgebühren oder erhält ein Kreditnehmer aus der Rückabwicklung eines Darlehensvertrags einen Nutzungsersatz für die von ihm an den Darlehensgeber erbrachten Leistungen, handelt es sich ebenfalls um stpfl. Kapitalerträge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, bei denen nach § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 Buchst. b) EStG eine Verpflichtung zum KapESt-Abzug besteht. Dies gilt entsprechend für Prozess- oder Verzugszinsen.[8]

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