Joachim Moritz, Dr. Joachim Strohm
Rz. 316
§ 20 Abs. 4a EStG enthält Sonderregeln für die steuerliche Behandlung von Kapitalmaßnahmen im Privatvermögen. Die Vorschrift wurde durch das JStG 2009 nachträglich eingefügt und durch das JStG 2010 teilweise neu gefasst. Weitere Änderungen haben sich durch das AmtshilfeRLUmsG, das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften und das JStG 2020 ergeben. Kapitalmaßnahmen sind gesellschafts- und wertpapierrechtliche Vorgänge bei Körperschaften, die Auswirkungen auf die Mitgliedschaft der Anteilseigner haben. Zu den Kapitalmaßnahmen zählen insbesondere Umwandlungsvorgänge. Bei Kapitalmaßnahmen besteht für die Kreditinstitute häufig das Problem, dass sie ohne erheblichen Aufwand nicht erkennen können, ob es sich um einen stpfl. Vorgang handelt, oder ob die Maßnahme keine Stpfl. auslöst. Hinzu kommt, dass i. d. R. keine Geldzahlungen fließen, sondern Wertpapiere geliefert werden. Die Kreditinstitute sind daher gezwungen, die gelieferten Wertpapiere zu bewerten, auf dieser Grundlage die KapESt zu ermitteln und diese beim Stpfl. anzufordern. § 20 Abs. 4a EStG soll diese Probleme verhindern. Die Vorschrift sieht daher vor, dass bestimmte Kapitalmaßnahmen zunächst steuerneutral behandelt werden. Eine Besteuerung erfolgt erst im Zeitpunkt der Weiterveräußerung der im Rahmen der Kapitalmaßnahme gelieferten Wertpapiere. Dies führt zu einer erheblichen Erleichterung für die Kreditinstitute. Seine eigentliche Bedeutung erlangt § 20 Abs. 4a EStG daher auch in erster Linie durch § 43a Abs. 2 S. 2 EStG, der anordnet, dass die Kreditinstitute die Vorschrift des § 20 Abs. 4a EStG bei der Bemessung der KapESt anzuwenden haben. Zu beachten ist, dass § 20 Abs. 4a EStG nur dann Anwendung findet, wenn die Kapitalmaßnahme beim Stpfl. zu Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG führt. Dies wird in § 20 Abs. 8 S. 2 EStG ausdrücklich klargestellt. Dies bedeutet insbesondere, dass sich ein wesentlich beteiligter Anteilseigner i. S. d. § 17 EStG nicht auf eine Anwendung des § 20 Abs. 4a EStG berufen kann. Auf die Verschmelzung von Investmentfonds findet die Regelung keine Anwendung, hier gelten die Regelungen des InvStG.
Rz. 317
6.1 Anteilstausch aufgrund gesellschaftlicher Maßnahmen (S. 1)
6.1.1 Allgemeines
Rz. 318
§ 20 Abs. 4a S. 1 EStG enthält eine Sonderregel für Fälle, in denen es zum Tausch von Anteilen an einer Körperschaft, Vermögensmasse oder Personenvereinigung gegen Anteile an einer anderen Körperschaft, Vermögensmasse oder Personenvereinigung kommt. Hintergrund eines Anteilstauschs können die unterschiedlichsten gesellschafts- und wertpapierrechtlichen Vorgänge sein. Zu denken ist insbesondere an Verschmelzungen und Aufspaltungen. Der Tausch von Anteilen an einer Körperschaft, Vermögensmasse oder Personenvereinigung gegen Anteile an einer anderen Körperschaft, Vermögensmasse oder Personenvereinigung führt seit der Einführung der Abgeltungsteuer im Grundsatz zu Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG, sofern die betroffenen Anteile im Privatvermögen gehalten werden und keine Einkünfte i. S. d. § 17 EStG vorliegen. Unter bestimmten Voraussetzungen besteht abe...