Dr. iur. Nils Petersen, Prof. Klaus Lindberg †
2.2.1 Allgemeines
Rz. 28
Veräußerungsgeschäfte nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG sind solche bei Grundstücken und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (z. B. Erbbau-, Mineralgewinnungsrecht; s. aber Rz. 30), bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 10 Jahre beträgt. Gebäude, bestimmte Gebäudeteile und Außenanlagen sind einzubeziehen. Ausgenommen sind Wirtschaftsgüter, die im Zeitraum zwischen der Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden.
2.2.2 Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte
Rz. 29
Die Frist des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG von 10 Jahren gilt nur für die Veräußerung von Grundstücken und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke (grundstücksgleiche Rechte) unterliegen.
Grundstück i. S. d. Sachenrechts ist jeder abgegrenzte Teil der Erdoberfläche, der im Bestandsverzeichnis des betreffenden Grundbuchs gesondert aufgeführt ist. Erfasst werden bebaute und unbebaute Grundstücke, wobei Grund und Boden entgegen § 94 BGB jeweils selbstständige Wirtschaftsgüter sind, was bis Vz 2008 wegen des Grundsatzes der Identität (Rz. 33) zu unterschiedlichen Rechtsfolgen führen konnte. Auch die Veräußerung ausl. Grundstücke fällt unter § 23 EStG, wenn der Veräußerer unbeschränkt stpfl. ist (s. Rz. 8).
Rz. 30
Zu den grundstücksgleichen Rechten gehören das Erbbaurecht, das Wohnungseigentum, das Mineralgewinnungsrecht und das Bergwerkseigentum, nicht aber ein Kiesvorkommen und andere Bodenschätze, die erst mit Aufschließung zu selbstständigen Wirtschaftsgütern werden, und dann andere Wirtschaftsgüter i. S. d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG sind.
Der Begriff des Mineralgewinnungsrechts ist durch das BergBauG v. 13.8.1980 durch die Begriffe Bergbauberechtigung bzw. Grundeigentümerrecht ersetzt worden. Zu den nach Landesrecht als Immobiliarrechte ausgestalteten Rechten gehören z. B. Berg- und Fischereirechte.
Bei der Veräußerung eines bebauten Erbbaurechts kann sich ein privater Veräußerungsgewinn oder -verlust ergeben, wenn der Zeitraum zwischen dem Abschluss des Erbbaurechtsvertrags und der Veräußerung des bebauten Erbbaurechts oder der Anschaffung und der Veräußerung des bebauten Erbbaurechts nicht mehr als 10 Jahre beträgt und das Erbbaurecht entgeltlich erworben worden ist. Das ist nicht der Fall, wenn das Erbbaurecht von dem berechtigten Grundeigentümer gegen Einmalzahlung oder laufenden Erbbauzins eingeräumt wird, da in beiden Fällen keine Anschaffungskosten des Erbbaurechts vorliegen, sondern die laufenden Erbbauzinsen Entgelt für die Grundstücksnutzung (ggf. Werbungskosten) sind. Wird das Grundstück in Ausübung des Erbbaurechts bebaut und anschließend veräußert, liegt insgesamt kein privates Veräußerungsgeschäft vor, da das Grundstück (= Erbbaurecht) nicht entgeltlich erworben worden ist. Ein privates Veräußerungsgeschäft liegt nur dann vor, wenn das "bebaute" Erbbaurecht entgeltlich erworben und innerhalb der Zehn-Jahres-Frist veräußert wird.
Rz. 31 einstweilen frei
Rz. 32
Nicht zu den grundstücksgleichen Rechten gehören sonstige dingliche Rechte am Grundstück oder einem Grundstücksrecht wie das Wohnungsrecht i. S. d. § 1093 BGB, der Nießbrauch i. S. d. § 1030 BGB, das Dauerwohnrecht i. S. d. § 31 WEG sowie alle Rechte, die zwar Grundstücke betreffen, jedoch nicht die Veräußerung eines Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts zum Gegenstand haben. Deshalb fällt zwar die entgeltliche Aufhebung einer Anwartschaft aus einem bereits geschlossenen Grundstückskaufvertrag unter § 23 EStG, nicht aber die Veräußerung eines Rückkaufsrechts an einem Grundstück oder die Veräußerung eines Wohnrechts, selbst wenn es dinglich gesichert ist, oder die Verwertung einer Grundschuld im Wege der Zwangsversteigerung. Ein sog. Mobilheim (Wohneinheit aus einer Holzkonstruktion mit 60 qm Wohnfläche, die auf einer angemieteten Campingplatz-Parzelle steht) ist kein grundstücksgleiches Recht, sondern ist als anderes Wirtschaftsgut i. S. d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG zu qualifizieren..
Rz. 33
Die Rspr. hat früher verlangt, dass das angeschaffte und veräußerte Wirtschaftsgut identisch (nämlich) sein müsse, und hat die Nämlichkeit eines unbebaut erworbenen und nach Bebauung veräußerten Grundstücks nur hinsichtlich des Grundstücks bejaht. Baut der Käufer eine Eigentumswohnung, die beim Erwerb lediglich aus einem Dachboden im Rohzustand besteht, zu einer Dachgeschosswohnung aus, um sie anschließend zu veräußern, kommt ein privates Veräußerungsgeschäft nicht hinsichtlich der Wohnung, sondern nur hinsichtlich des Miteigentumsanteils am Grund und Boden in Betracht. Nämlichkeit besteht bei einem Grundstück und den durch Parzellierung entstehenden Grundstücksteilen oder dem Gebäude und den nach Teilung entstehenden Eigentumswohnungen.
Ausreichend ist eine wirtschaftliche Identität bzw. Teilidentität zwischen angeschafftem...