Rz. 91

Kosten für kosmetische Operationen inkl. Haartransplantationen können im Einzelfall abzugsfähig sein, sofern diese aufgrund eines psychischen Leidens zwangsläufig oder krankheitsbedingt sind.[1] Als Heilbehandlungen gelten alle Eingriffe und andere Maßnahmen, die nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Heilkunde und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zu dem Zweck angezeigt sind und vorgenommen werden, um Krankheiten, Leiden, Körperschäden, körperliche Beschwerden oder seelische Störungen zu verhüten, zu erkennen, zu heilen oder zu lindern.[2] Kosten einer Schönheitsoperation sind folglich nur dann als außergewöhnliche Belastung zu qualifizieren, wenn diese die einzige Möglichkeit sind, um ein psychisches Leiden als Folgewirkung einer Behinderung oder Missbildung zu lindern oder zu heilen. Darüber hinaus darf als weitere Voraussetzung auch kein milderes Mittel als der operative Eingriff (z. B. Linderung durch eine Psychotherapie) nach der Rspr. der Sozialgerichte anzuwenden sein, unabhängig davon, ob die Kosten in etwa gleich hoch oder bei einem operativen Eingriff sogar geringer wären.[3] M. E. fällt folglich auch der Erwerb einer Perücke bei Haarausfall aufgrund einer chemotherapeutischen Behandlung unter diese Definition, sodass die Kosten als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sein sollten. Eine psychische Zwangsläufigkeit ist z. B. denkbar, wenn Verunstaltungen aufgrund eines Unfalls vorliegen und der Stpfl. hierdurch im Umgang wesentlich gehemmt ist.[4] Eine Entstellung muss zudem "erheblich" sein, sodass auch mit Mitteln der Psychotherapie keine "Heilung" zu erwarten ist .[5] Zu beachten sind jedoch auch hier die Nachweiserfordernisse des § 64 EStDV, die ein ggf. amtsärztliches Attest vor dem Eingriff vorschreiben.[6]

 

Rz. 91a

Grundsätzlich gilt dies auch für Operationen zur Angleichung des Geschlechts. Die Hürde zur Vornahme derartiger Operationen ist nach deutschem Recht hoch, liegt daher eine entsprechende Kostenzusage der Krankenkasse vor, ist von einer Zwangsläufigkeit auszugehen und Kosten sind generell als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen.[7]

Liegt eine solche Kostenzusage nicht vor, ist ggf. ein entsprechendes amtsärztliches Gutachten im Vorwege einzuholen. Sofern eine Kostenzusage vorliegt, hat der Stpfl. allerdings diese auch in Anspruch zu nehmen. Entstehen Mehrkosten dadurch, dass die Operation nicht in Deutschland durchgeführt wird, um die Wartezeit zu verkürzen und ggf. eine andere medizinische Betreuung in Anspruch zu nehmen, können diese (zusätzlichen) Kosten und damit auch die Kosten für die Operation insgesamt nicht als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden. Grund hierfür ist, dass der Stpfl. durch freiwilliges Handeln auf die Kostenübernahme verzichtet und insoweit keine Zwangsläufigkeit dieser (Mehr-)Kosten gegeben ist. Hiervon ausgenommen sind Kosten einer OP-Nachsorge, die auch im Falle einer im Inland erfolgten Operation entstanden wären.[8]

[1] FinMin Schleswig-Holstein v. 12.3.2013, VI 313 – S 2284 – 187: Kurzinformation betr. Aufwendungen für eine medizinische Maßnahme, die nicht zweifelsfrei der Linderung oder Heilung einer Krankheit dient, als außergewöhnliche Belastungen i. S. d. § 33 EStG; Voraussetzungen für den Nachweis der Zwangsläufigkeit.
[4] FG Rheinland-Pfalz v. 12.11.2008, 2 K 1928/08, rkr., Haufe-Index 2090788: Aufwendungen für Toupet bei krankheitsbedingtem Haarausfall keine außergewöhnliche Belastung.
[5] FG Bremen v. 10.1.2019, 1 K 135/18 (5), Haufe-Index 12954996, rkr.
[6] FG Düsseldorf v. 16.2.2006, 15 K 6677/04, EFG 2006, 973, Haufe-Index 1511974: Chirurgische Hornhautkorrektur (LASIK-Augenoperation) als außergewöhnliche Belastung nur bei medizinischer Indikation.

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