Rz. 98

Die Steuerbescheinigung einer leistenden Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse oder eines Personenunternehmens wird im Unterschied zu Muster I und III nur von Ausstellern erteilt, die keine Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitute sind. Dies gilt insbesondere für Versicherungen, GmbH und AG, sofern die Aktien nicht depotverwahrt sind.

 

Rz. 99

Die Steuerbescheinigung nach Muster II kann, anders als die Steuerbescheinigungen nach Muster I oder Muster III (Rz. 69ff. und 106ff.), sowohl für private als auch für betriebliche Kapitalerträge verwendet werden.[1]

 

Rz. 100

Die Steuerbescheinigung darf erst nach Vornahme der Leistung an den Gläubiger ausgestellt werden.

 

Rz. 101

Die Steuerbescheinigung nach Muster II kann geschäftsvorfallbezogen als Einzelsteuerbescheinigung oder jahresbezogen als Jahressteuerbescheinigung ausgestellt werden. Dies gilt auch dann, wenn die bescheinigten Kapitalerträge zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören, da der Aussteller der Steuerbescheinigung regelmäßig Schuldner der Kapitalerträge und deswegen nicht als auszahlende Stelle i. S. v. § 43a Abs. 3 S. 1 EStG zur Berücksichtigung von ausländischen Steuern bzw. Verlusten gezwungen ist. Das Führen eines Steuerverrechnungskontos für den Anleger ist nicht notwendig.[2]

 

Rz. 102

Die Steuerbescheinigung ist dem Anteilseigner auszustellen. Anteilseigner ist gem. § 20 Abs. 5 S. 2 EStG derjenige, dem nach § 39 AO die Anteile an dem Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, z. B. Aktien, Anteile an GmbH, Genossenschaften oder Bergbau betreibenden Vereinigungen, die die Rechte einer juristischen Person haben, im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses zuzurechnen sind.

 

Rz. 103

Die in der Steuerbescheinigung genannte Anschrift muss grundsätzlich mit der beim FA für den Anleger hinterlegten Anschrift übereinstimmen. Im Zweifel fordert das FA den Anteilseigner zur Erläuterung von Abweichungen auf. Ist das FA von der Identität zwischen Anteilseigner und Steuerbescheinigungsinhaber überzeugt, kann aus Vereinfachungsgründen von der Berichtigung der Steuerbescheinigung gem. § 45a Abs. 6 EStG abgesehen werden. Die Steuerbescheinigung ist bei einer abweichenden Versandanschrift auch dann nicht zu berichtigen, wenn der zum Steuerabzug Verpflichtete eine ergänzende Bescheinigung ausstellt, aus der Straße, Hausnummer, Wohnsitz bzw. Sitz der Geschäftsleitung des Anteilseigners hervorgehen.[3]

 

Rz. 104

Sofern der Anteilseigner gem. § 44a Abs. 8 EStG durch Teilabstandnahme (§ 44a EStG Rz. 117ff.) von der KapESt i. H. v. 10 Prozentpunkten entlastet wurde, sind die entsprechenden Kapitalerträge gesondert anzugeben.

 

Rz. 105

Die Verpflichtung zur Ausstellung einer Steuerbescheinigung besteht auch dann, wenn dem Anteilseigner sonstige Bezüge i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, 3 EStG oder Bezüge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG, also Liquidationsraten und Abschlusszahlungen, zufließen, die nicht in der Rückzahlung von Nennkapital bestehen. Die Rückzahlung von Nennkapital gilt jedoch sowohl bei einer Kapitalherabsetzung als auch bei der Auflösung der Körperschaft nach § 28 Abs. 2 S. 2 KStG als Gewinnausschüttung und zählt deshalb zu den zu bescheinigenden Bezügen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG, soweit die ursprüngliche Kapitalerhöhung durch Umwandlung von Rücklagen (Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln) erfolgte, für die keine Einlagen der Anteilseigner verwendet wurden.[4]

 

Rz. 105a

Zur Besonderheiten in Muster II aufgrund des Inkrafttretens des InvStRefG zum 1.1.2018 vgl. das Schreiben der Finanzverwaltung zu § 45a EStG.[5]

[2] Zum Führen eines Steuerverrechnungskontos durch die auszahlenden Stellen Rz. 70.
[4] Zum Sonderausweis und zur gesonderten Feststellung der Beträge, die dem Nennkapital durch Umwandlung von Rücklagen zugeführt wurden, Frotscher, in Frotscher/Maas, KStG/GewStG/UmwStG, § 27 KStG Rz. 10ff., 20ff.

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