Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 17
Nach Art. 17 OECD-MA steht das Besteuerungsrecht dem Staat der Ausübung zu. Das gilt nach Art. 17 Abs. 1 OECD-MA sowohl für den Ausübenden selbst als auch nach Art. 17 Abs. 2 OECD-MA für andere Personen, die Einkünfte aus der Darbietung erzielen, wie Veranstalter. In einigen DBA kann eine dem Art. 17 Abs. 2 OECD-MA entsprechende Vorschrift fehlen. Nach der bis 2013 geltenden Fassung des OECD-MA geht die Besteuerung nach Art. 17 OECD-MA der Arbeitnehmerbesteuerung nach Art. 15 OECD-MA vor. Das gilt regelmäßig auch für die tatsächlich abgeschlossenen DBA. Für Arbeitnehmer, die unter Art. 17 OECD-MA fallen, bedeutet dies, dass für sie die 183-Tage-Regelung nicht gilt, d. h. dass sie auch bei kurzzeitiger Tätigkeit im Ausübungsstaat in diesem Staat der Besteuerung unterliegen. Bedeutung hat dies für Angestellte von Sportteams, die selbst bei nur tageweiser Mitwirkung an einem Sportereignis (Fußballspiel, Autorennen) der Besteuerung im Ausübungsstaat unterliegen. In der geänderten Fassung des OECD-MA ab 2014 ist der Vorrang des Art. 17 OECD-MA vor Art. 15 OECD-MA beseitigt worden. Das Besteuerungsrecht bei Arbeitnehmern richtet sich dann nur nach Art. 15 OECD-MA, sodass die 183-Tage-Regelung Anwendung findet. Die älteren DBA enthalten diese Regelung aber i. d. R. noch nicht.
Rz. 17a
Das Besteuerungsrecht des Ausübungsstaates nach Art. 17 OECD-MA ist unbegrenzt, d. h. nicht auf einen Quellensteuerabzug eingeschränkt. Deutschland könnte daher die Einkünfte dem Tarifsteuersatz unterwerfen, beschränkt die Besteuerung aber auf den Abzugsteuersatz von 15 %, der grundsätzlich Abgeltungswirkung hat.
Rz. 17b
Die Vorschrift verstößt grundsätzlich nicht gegen die Diskriminierungsverbote in DBA, obwohl für Inlandsfälle kein Steuerabzug eingreift. Nach Art. 24 Abs. 1 OECD-MA ist lediglich eine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit untersagt, nicht eine Ungleichbehandlung aufgrund der Ansässigkeit. § 50a EStG knüpft den Steuerabzug aber an die beschr. Steuerpflicht, also an die fehlende Ansässigkeit im Inland, nicht an die Staatsangehörigkeit.
Rz. 18
Etwas anderes könnte sich aber ergeben, wenn die europarechtliche Ausnahmeregelung in die Betrachtung einbezogen wird. Der Staatsangehörige eines EU- oder EWR-Staates, und damit auch ein deutscher Staatsangehöriger, unterliegt einer milderen Besteuerung. Das Diskriminierungsverbot der DBA enthält zwar grundsätzlich kein Meistbegünstigungsgebot; damit ist ein Vergleich der Besteuerung eines Staatsangehörigen eines DBA-Staates, der Drittstaat ist, mit der Besteuerung eines Staatsangehörigen eines EU- oder EWR-Staates nicht zulässig. Anzustellen ist aber ein Vergleich eines deutschen Staatsangehörigen, der beschr. stpfl. ist, für den aufgrund seiner deutschen Staatsangehörigkeit die EU-rechtliche Regelung gilt, mit der Besteuerung eines Staatsangehörigen des DBA-Vertragspartnerstaates. Insoweit liegt eine belastendere Besteuerung des Staatsangehörigen des DBA-Staates verglichen mit einem deutschen Staatsangehörigen vor.
Rz. 19
Erlaubt ist aber eine Ungleichbehandlung nach der Ansässigkeit. Die EU-Regelung gilt für deutsche Staatsangehörige nur, wenn sie in einem EU- oder EWR-Staat ansässig sind. Eine nach Art. 24 OECD-MA verbotene Diskriminierung kann nur vorliegen, wenn sich der Staatsangehörige des Drittstaates in der gleichen Situation befindet wie der deutsche Staatsangehörige, die Ungleichbehandlung also allein auf der nicht-deutschen Staatsangehörigkeit beruht. Das ist der Fall, wenn der Staatsangehörige des Drittstaates als in der Bundesrepublik beschr. Stpfl. seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem EU- oder EWR-Staat hat. Dann beruht die belastendere Besteuerung durch den Steuerabzug im Vergleich zu einem deutschen Staatsangehörigen, der in der Bundesrepublik beschr. stpfl. ist und der ebenfalls seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem EU- oder EWR-Staat hat, allein darauf, dass dem Drittstaatsangehörigen die deutsche Staatsbürgerschaft fehlt. Für diesen Fall, und nur für diesen Fall, greift das Diskriminierungsverbot der DBA ein, sodass dem Staatsangehörigen des DBA-Vertragspartnerstaates die günstigere Besteuerung wie für EU- und EWR-Staatsangehörige einzuräumen ist. Ist der Staatsangehörige des DBA-Staates dagegen nicht in einem EU- oder EWR-Staat ansässig, beruht die Belastung durch den Steuerabzug auf seiner Nichtansässigkeit; dies wird durch Art. 24 OECD-MA nicht ausgeschlossen.