Rz. 19
Anstelle der Gewinnermittlung nach §§ 4, 5 EStG ist der Gewinn bei einem Gewerbebetrieb mit Geschäftsleitung im Inland, soweit er auf den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr entfällt, auf unwiderruflichen Antrag des Stpfl. nach der in seinem Betrieb geführten Tonnage zu ermitteln, wenn die Bereederung dieser Handelsschiffe im Inland durchgeführt wird.
2.1 Ort der Geschäftsleitung im Inland
Rz. 20
Ort der Geschäftsleitung ist nach § 10 AO der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung. Das ist bei einer Gesellschaft der Ort, an dem alle zur Geschäftsführung gehörenden tatsächlichen und rechtsgeschäftlichen Handlungen von einiger Wichtigkeit angeordnet werden, die der gewöhnliche Betrieb der Gesellschaft mit sich bringt. Hierzu gehören auch solche Maßnahmen, die zur gewöhnlichen Verwaltung der Gesellschaft gehören, d. h. entscheidend ist der Ort, an dem die Abwicklung der "Tagesgeschäfte" erfolgt. Hierbei sind die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls maßgeblich. Erfolgen diese Tätigkeiten an verschiedenen Orten, begründen ca. 60 % hiervon die geschäftliche Oberleitung. Dabei kann es nur einen Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung geben. Möglich ist aber, dass Geschäftsleitungsmaßnahmen an verschiedenen Orten erfolgen. Ob hierin eine Divergenz zur Entscheidung des IV. Senats zu sehen ist, kann dahingestellt bleiben, da es unschädlich ist, wenn Geschäftsleitungstätigkeiten z. T. (bis zu 40 %.) im Ausland stattfinden. Da sich Geschäftsleitung und Bereederung weitgehend entsprechen (Rz. 24), die Bereederung aber weit überwiegend im Inland ausgeübt werden muss (Rz. 24), ist eine unschädliche Geschäftsleitungstätigkeit größeren Umfangs im Ausland für die Anwendung des § 5a EStG kaum vorstellbar.
Rz. 21
Zu den typischen Geschäftsleitungstätigkeiten gehören bei einem Schifffahrtsunternehmen
- die Abwicklung von Charterpartien oder anderer Verträge, die die Beschäftigung des Schiffes betreffen,
- die Einstellung und Bereitstellung von Besatzungen inklusive aller Maßnahmen, die der Durchführung und Abwicklung der Arbeitsverhältnisse dienen,
- die Verproviantierung und Ausrüstung,
- der Abschluss von Bunker- und Schmierölverträgen,
- die Ernennung von Schiffsagenten,
- die Abwicklung des Ladens und Löschen des Schiffes,
- das Abschließen sämtlicher Schiffsversicherungen,
- Bearbeitung von Versicherungsfällen, Havarien, Bergungen, das Inkasso aller Frachteinnahmen und Zahlung aller Aufwendungen sowie die
- Befrachtung.
Rz. 22
Der BFH hat für das Vorliegen der Geschäftsleitung nicht auf die strategischen Entscheidungen der Mitunternehmer wie die Vornahme größerer Reparaturen oder Umbauten, die Aufnahme von Darlehen oder den Verkauf des Schiffs abgestellt, sondern auf die operative Tätigkeit über den Einsatz des Schiffs. Er hat entschieden, dass bei Vorliegen der oben genannten Tätigkeiten im Ausland, mangels Vorliegen eines inländischen Gewerbebetriebs (§ 2 Abs. 1 GewStG), keine GewSt-Pflicht mehr besteht.
Rz. 23
Der Begriff des Inlands folgt aus § 1 Abs. 1 S. 1 und 2 EStG (§ 1 EStG Rz. 21).
2.2 Bereederung im Inland
Rz. 24
Neben dem Ort der Geschäftsleitung muss auch die Bereederung im Inland erfolgen. Die Bereederung kann vom Schiffseigentümer (Reeder, § 484 HGB) oder einem Dritten aufgrund eines Bereederungsvertrags wahrgenommen werden. Sie umfasst die strategische und wirtschaftliche Verwaltung des Schiffs und erfasst notwendigerweise größtenteils Maßnahmen, die Geschäftsleitungstätigkeiten sind, sodass sich beide Merkmale regelmäßig überschneiden. Nach einer oftmals anzutreffenden Definition umfasst die Bereederung eines Schiffes dessen Management in wirtschaftlicher, technischer und personeller Hinsicht. Dies wird deutlich aus den im BMF-Schreiben genannten Tätigkeiten zur Bereederung, die nahezu mit den Tätigkeiten der Geschäftsführung identisch sind. Hierbei ist zu beachten, dass die Anstellung (Crewing) der Mannschaftsmitglieder nicht im Inland erfolgen muss, da diese Anstellung nicht im Katalog des BMF-Schreibens genannt ist. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut müssen nur der Kapitän und die Offiziere in einem Anstellungsverhältnis zu einer inländischen Gesellschaft stehen. Dies wird im Regelfall allerdings nicht die Schiffsgesellschaft selber sein, sondern ein inländisches Crewing-Unternehmen, das seiner...