Prof. Dr. Georg Schnitter
Rz. 422
Bemessungsgrundlage der AfA bei Gebäuden sind die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten des Gebäudes bzw. die an deren Stelle tretenden Werte. Die Entstehung und die Höhe von Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten als Bemessungsgrundlage der AfA muss regelmäßig der Stpfl. nachweisen. Bestandskräftig zu Unrecht als sofort abziehbarer Erhaltungsaufwand geltend gemachte Anschaffungskosten führen zu einer Minderung des AfA-Volumens und stehen insoweit einer Weiterführung der AfA entgegen. Wird ein teilfertiges Gebäude erworben und fertiggestellt, gehören zu den Herstellungskosten die Anschaffungskosten des teilfertigen Gebäudes und die Herstellungskosten zur Fertigstellung des Gebäudes (R 7.3 Abs. 1 S. 2 EStR 2012).
Rz. 422a
Bei Errichtung eines zur unterschiedlichen Nutzung bestimmten Gebäudes können die Herstellungskosten des noch nicht fertig gestellten selbstständigen Gebäudeteils in die Bemessungsgrundlage für die AfA des bereits fertig gestellten Gebäudeteils einbezogen werden. Wird bei der Errichtung eines zur unterschiedlichen Nutzung bestimmten Gebäudes zunächst ein zum Betriebsvermögen gehörender Gebäudeteil und danach ein zum Privatvermögen gehörender Gebäudeteil fertiggestellt, hat der Stpfl. ein Wahlrecht, ob er vorerst in die Bemessungsgrundlage für die AfA des fertiggestellten Gebäudeteils die Herstellungskosten des noch nicht fertiggestellten Gebäudeteils einbezieht oder ob er darauf verzichten will (R 7.3 Abs. 2 EStR 2012).
Rz. 422b
Die Anschaffungskosten für den Grund und Boden unterliegen mangels Wertverzehrs nicht der AfA. Dies erfordert in Anschaffungsfällen eine Aufteilung des Gesamtkaufpreises auf den Grund und Boden einerseits und das Gebäude bzw. die Gebäudeteile andererseits. Eine vertragliche Kaufpreisaufteilung ist der Berechnung der AfA zugrunde zu legen, sofern sie zum einen nicht nur zum Schein getroffen wurde sowie keinen Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO) darstellt und zum anderen unter Berücksichtigung der Gesamtumstände die realen Wertverhältnisse widerspiegelt und wirtschaftlich haltbar erscheint. Maßgeblicher Stichtag für die Ermittlung der Anschaffungskosten ist regelmäßig der Zeitpunkt des tatsächlichen Übergangs von Besitz, Gefahr, Nutzen und Lasten. Auf die Verhältnisse am Tag des Vertragsschlusses oder der vorherigen Verständigung zwischen den Vertragsparteien ist nicht abzustellen. Fehlt eine vertragliche Kaufpreisaufteilung oder kann diese nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden, sind die Anschaffungskosten eines bebauten Grundstücks nicht nach der Restwertmethode, sondern nach dem Verhältnis der Verkehrs- oder Teilwerte auf den Grund und Boden und auf das Gebäude aufzuteilen. Entsprechendes gilt bei der Anschaffung von Eigentumswohnungen, wobei der im Kaufpreis enthaltene Anteil für das in der Instandhaltungsrücklage angesammelte Guthaben nicht zu den Anschaffungskosten der Eigentumswohnung gehört. Auch rechtfertigt die eingeschränkte Nutzungs- und Verfügungsmöglichkeit des Wohnungseigentümers hinsichtlich seines Bodenanteils keinen niedrigeren Wertansatz des Bodenanteils. Für die Schätzung des Werts des Grund- und Bodens sowie des Gebäudeanteils kann die ImmoWertV 2021 herangezogen werden. Welches Wertermittlungsverfahren anzuwenden ist, bestimmt sich nach den tatsächlichen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls. Die Wahl der Ermittlungsmethode entzieht sich einer Verallgemeinerung. Aus den Bestimmungen der ImmoWertV 2021 ergibt sich kein Vorrang bestimmter Wertermittlungsverfahren. Die ImmoWertV 2021 ist nicht abschließend. Es besteht die Möglichkeit, Wertermittlungsverfahren weiterzuentwickeln oder neue Verfahren zu entwickeln. Dies schließt es aus, dass die finanzgerichtliche Rspr. ein bestimmtes Verfahren zur Ermittlung des Verkehrswerts eines bebauten Grundstücks bindend vorgibt. Eine Rechtfertigung, von dem Grundsatz der Gleichwertigkeit der Bewertungsverfahren aus steuerrechtlichen Gründen abzuweichen, besteht nicht. Insb. verbietet es der Grundsatz der Einzelbewertung nicht, einen einheitlichen Kaufpreis nach dem Verhältnis der Ertragswerte auf den Grund und Boden einerseits sowie das Gebäude andererseits aufzuteilen. Eine vertragliche Kaufpreisaufteilung, die die realen Wertverhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint, kann nicht durch die unter Verwendung der bisherigen "Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück" ermittelte Aufteilung ersetzt werden. Die Arbeitshilfe gewährleistet die erforderliche Aufteilung nach den realen Verkehrswerten von Grund und Boden und Gebäude im Hinblick auf die Verengung der zur Verfügung stehenden Bewertungsverfahren auf das Sachwertverfahren und die Nichtberücksichtigung eines Orts- oder Regionalisierungsfaktors bei der Ermittlung des Gebäudewerts nicht. Sie weist einen systemischen Fehler auf, der zu einer tendenziell zu hohen Bewertung des Grund und Bodens führt. Von daher ist bei einer streitigen ...