Rz. 69

Vorweg sei bemerkt, daß durch die neuere Rechtsprechung des BFH die steuerliche Behandlung des entgeltlichen Nutzungsrechts sowohl bei dinglicher Bestellung wie bei lediglich schuldrechtlicher Einräumung die gleiche ist. Der Nutzungsberechtigte wird quasi wie ein Mieter behandelt, hat also keine eigene Einkunftsquelle, während der Eigentümer als Quasi-Vermieter den Tatbestand des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG erfüllt[1]. Wenn der Nutzungsberechtigte die Wohnung selbst nutzt, liegt für ihn ein steuerlich irrelevanter Vorgang vor.

 

Rz. 70

Im Falle der Vermietung verwirklicht der Nießbraucher den Tatbestand der Einkunftserzielung dadurch, daß er als Quasi-Untervermieter am Marktgeschehen teilnimmt und damit zum Inhaber einer selbstgeschaffenen Einkunftsquelle wird. Er hat in diesem Fall Einkünfte im Sinne des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu versteuern. Während im Falle der Selbstnutzung AfA und laufende Grundstücksaufwendungen nur vom Eigentümer getragen werden[2], hat der Nutzungsberechtigte nach Auffassung der Finanzverwaltung im Falle der Nutzung durch Vermietung AfA auf das Nutzungsrecht selbst[3]. M.E. ist diese Auffassung unzutreffend; zu den Anschaffungskosten des Nutzungsrechts können nur einmalige Aufwendungen gehören, die im Zusammenhang mit dem Vertragsabschluß anfallen — z. B. Notariats-, Vermessungs-, Gerichtskosten — oder als Entgelt für das Zustandekommen des Vertrages geleistet werden, nicht dagegen die Gegenleistung des Nießbrauchers für die Gebrauchsüberlassung. Es handelt sich insoweit um sofort abzugsfähige WK des Nießbrauchers[4].

Leistet der Nießbraucher als Gegenleistung für die Einräumung des Nießbrauchs ausschließlich gleichmäßig laufende Zahlungen, wird es aus Vereinfachungsgründen nicht beanstandet, wenn nur die laufend gezahlten Beträge als Werbungskosten abgesetzt werden (vgl. Rz. 26 des 3. Nießbrauchserlasses v. 24.7.1998, a.a. O.). Andere laufende Kosten trägt der Nutzungsberechtigte, wenn er sie bei Bestellung vertraglich übernommen hat, andernfalls gelten die §§ 1041, 1045, 1047 BGB.

 

Rz. 71

Der Eigentümer hat das für die Bestellung des Nießbrauchs gezahlte Entgelt im Jahr des Zuflusses als Einnahme aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen[5]. Aus Billigkeitsgründen kann das Entgelt auf die Laufzeit des Nießbrauchs, längstens jedoch auf einen Zeitraum von 10 Jahren gleichmäßig verteilt werden (vgl. Rz. 29 des 3. Nießbrauchserl. v. 24.7.1998, a.a. O.).

Zur Vornahme von AfA auf das Gebäude und zur Berücksichtigung von anderen laufenden Grundstücksaufwendungen ist nur der Eigentümer berechtigt. Diese Werbungskosten kann der Eigentümer für die gesamte Laufzeit der Nutzungsrechtsvereinbarung geltend machen, und zwar auch dann, wenn er das Entgelt für die Einräumung des Nießbrauchs voll im Jahre des Zuflusses versteuert hat.

 

Rz. 72

 

Beispiel 1:

A zahlt an B 100.000 DM für die Einräumung eines dinglichen Wohnrechts an einer dem B gehörenden Wohnung. A bewohnt die Wohnung selbst. Die laufenden Grundstücksaufwendungen werden von B getragen. Der Eigentümer B versteuert das Entgelt gem. § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG mit der Verteilungsmöglichkeit auf Antrag auf längstens 10 Jahre. AfA und laufende Grundstücksaufwendungen trägt ebenfalls der Eigentümer B.

 

Beispiel 2:

Wie Beispiel 1, nur nutzt A die Wohnung nicht selbst, sondern vermietet sie an X zu Marktmietpreisen. A hat in diesem Fall eine eigene Quelle durch Quasi-Untervermietung. Ansatz der Mieten bei A als Einnahmen gem. § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG. A kann nach Auffassung der FinVerw. auf das Nutzungsrecht abschreiben. Die Gebäude-AfA bleibt beim Eigentümer B. Andere laufende Kosten trägt A, wenn er sie bei Einräumung vertraglich übernommen hat, ansonsten gelten die Regelungen des BGB.

 

Beispiel 3:

V erwirbt gegen eine Einmalzahlung den lebenslänglichen Nießbrauch an einem Dreifamilienhaus. Alle Wohnungen haben die gleiche Wohnfläche, eine der Wohnungen wird von V selbst bewohnt, die beiden anderen Wohnungen sind vermietet. V kann nur zwei Drittel der auf das Objekt entfallenden und von ihm zu tragenden Aufwendungen einschließlich der AfA auf das Nießbrauchsrecht als Werbungskosten geltend machen (Nießbrauchserlaß v. 24.7.1998, a.a. O., Rz. 26).

[3] Vgl. 3. Nießbrauchserlaß v. 24.7.1998, a.a. O., Rz. 26 unter Berufung auf BFH v. 27.6.1978, VIII R 12/72, BStBl II 1979, 38.
[4] Vgl. Brandenberg, NWB Fach 3, 10495, 10509 mit Hinweisen zu BFH v. 11.10. 1983, VIII R 61/81, BStBl II 1984, 267 zu Pachtvorauszahlungen sowie BFH v. 19.1.1983, I R 84/79, BStBl II 1983, 413 zum Erbbaurecht.
[5] BFH v. 27.6.1978, VIII R 54/74, BStBl II 1979, 332 verfassungsgemäß, BVerfG, HFR 1988, 179.

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