Rz. 244
Im Grundfall der Begründung einer unechten Betriebsaufspaltung (Rz. 16) erfolgt diese grundsätzlich erfolgsneutral auf Gesellschafts- bzw. Unternehmensebene.
Es kommen jeweils die für die Gründung eines Unternehmens der betreffenden Rechtsform geltenden Regelungen zur Anwendung. Die Gründung des Besitz- und des Betriebsunternehmens erfolgt unabhängig voneinander. Sofern es dennoch auf die Begründung zeitlich nachgelagert zu Übertragungen von Einzelwirtschaftsgütern kommt, sind die unter Rz. 235ff. dargestellten Grundsätze entsprechend anzuwenden.
War das (Betriebs-)Vermögen des Besitzunternehmens vor der erstmaligen Annahme der Betriebsaufspaltung Privatvermögen, liegt eine Betriebseröffnung mit Einlage der Wirtschaftsgüter (z. B. Grundbesitz, Immobilie) vor (§ 6 Abs. 1 Nr. 6 i. V. m. Nr. 5 EStG).
Im Hinblick auf die AfA-Bemessungsgrundlage nach der Einlage in ein Betriebsvermögen ist § 7 Abs. 1 S. 5 EStG zu beachten; hiernach ist bei Wirtschaftsgütern, die nach einer Verwendung zur Erzielung von Überschusseinkünften in ein Betriebsvermögen eingelegt werden, der Einlagewert um die AfA oder Substanzverringerungen, Sonderabschreibungen oder erhöhte Absetzungen, die bis zum Zeitpunkt der Einlage vorgenommen worden sind, höchstens jedoch bis zu den fortgeführten Anschaffungs- und Herstellungskosten, zu verringern. Die Verminderung des Einlagewerts gilt dabei nur für Zwecke der AfA-Bemessungsgrundlage; insofern bleibt die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG – grundsätzlich Einlage mit dem Teilwert – hiervon unberührt. Abweichend vom Grundsatz der Einlage zum Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 Halbs. 1 EStG) ist der Einlagewert höchstens mit den (fortgeführten) Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen, wenn das Wirtschaftsgut innerhalb der letzten drei Jahre vor der Einlage angeschafft oder hergestellt wurde (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 Halbs. 2 Buchst. a i. V. m. S. 2 EStG). Ist das Wirtschaftsgut innerhalb der letzten drei Jahre aus einem Betriebsvermögen des Stpfl. entnommen worden, ist der Einlagewert auf den Wert abzüglich zwischenzeitlicher Absetzungen für Abnutzung begrenzt, mit dem die Entnahme aus dem Betriebsvermögen seinerzeit angesetzt worden ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 3 EStG).
Bei der Einlage einer Beteiligung i. S. v. § 17 EStG gelten gem. § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 Buchst. b EStG höchstens die früheren Anschaffungs- und Herstellungskosten als Einlagewert.
Mit Urteil v. 29.11.2017. hat der BFH zu diversen Fragen zu Einlagen i.Z.m. der Begründung einer unechten Betriebsaufspaltung bei einem notleidenden Unternehmen Stellung bezogen. Dem Urteil kann aber auch entnommen werden, dass die gezielte Veräußerung von Anteilen an Verlustgesellschaften zu einem (angemessenen) Kaufpreis – im Urteilsfall betrug der (symbolische) Kaufpreis lediglich rd. EUR 1,00 – kein Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO ist.
Die Kernaussage des Urteils betrifft die Frage, wie bei der Begründung einer Betriebsaufspaltung mit einer wertgeminderten Beteiligung an der Betriebs-GmbH sowie wertgeminderten Darlehensforderungen gegenüber der Betriebs-GmbH umzugehen ist. Der BFH hält an seiner früheren Rspr. fest, wonach die Einlage von Anteilen i. S. v. § 17 EStG mit den Anschaffungskosten zu bewerten ist, auch wenn der Wert unter die Anschaffungskosten gesunken ist. Zu diesem Ergebnis kommt der BFH durch teleologische Extension des § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 Halbs. 2 Buchst. b EStG, wonach der Wert der Einlage der Teilwert ist, der auf die früheren Anschaffungskosten begrenzt ist. Nach Ansicht des BFH gelten die Grundsätze zur Bewertung der Einlage einer wertgeminderten Beteiligung i. S. v. § 17 EStG in ein Betriebsvermögen entsprechend für die Bewertung der Einlage wertgeminderter Forderungen aus Gesellschafterdarlehen, deren Ausfall sich im Falle der weiteren Zugehörigkeit der Forderungen und der korrespondierenden Beteiliigung zum Privatvermögen bei der Verwirklichung des Realisationstatbestands nach § 17 EStG einkommensteuerrechtlich ausgewirkt hätte. D.h., dass wertgeminderte Gesellschafterdarlehen bei Einlage in ein Betriebsvermögen mit dem Nennwert – und eben nicht mit dem niedrigeren Teilwert (oftmals von EUR 0) – einzulegen sind, vorausgesetzt, es handelt sich hierbei um ein Darlehen, das bei § 17 EStG als nachträgliche Anschaffungskosten berücksichtigungsfähig gewesen wäre.
Ausweislich der Urteilsbegründung sind die Grundsätze zur Einlage wertgeminderter Gesellschafterdarlehen generell anzuwenden und nicht nur auf die Fälle der Betriebsaufspaltung beschränkt.
Mit dem durch das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 12.12.2019
neu eingeführten § 17 Abs. 2a EStG wurden erstmals die Anschaffungskosten von Anteilen an Kapitalgesellschaften i. S. v. § 17 EStG definiert und zugleich auch die Rückkehr zur steuerlichen Berücksichtigung des Ausfalls von Gesellschafterdarlehen und von Sicherungsmaßnahmen vor der Rspr.-Änderung des BFH v. 11.7.2017, X ...