Leitsatz
Für die von einem Kfz-Händler übernommene Verpflichtung, an Leasinggesellschaften oder Autovermietungen verkaufte Fahrzeuge nach Ablauf der Leasingzeit bzw. nach einer Mindestvertragslaufzeit zu einem verbindlich festgelegten Preis zurückzukaufen, ist eine Verbindlichkeit in Höhe des dafür vereinnahmten Entgelts auszuweisen. Diese Verbindlichkeit ist erst bei Ausübung oder Verfall der Rückverkaufsoption auszubuchen.
Normenkette
§ 5 Abs. 1 Satz 1, § 5 Abs. 4a EStG, § 246 Abs. 1 HGB, § 117 Abs. 1 InsO, § 240 ZPO
Sachverhalt
Eine mit Pkw handelnde KG verkaufte aufgrund von mit dem Hersteller abgeschlossenen Rahmenverträgen Neufahrzeuge an Autovermieter und Leasinggesellschaften. Bestandteil der Verträge war jeweils auch die Verpflichtung, die Fahrzeuge nach einer Mindestlaufzeit auf Wunsch des Kunden zu einem festgelegten Preis zurücknehmen zu müssen. Wegen dieser Rückkaufgeschäfte bildete die KG für die Jahre 1996 -- 1999 Drohverlustrückstellungen.
Das FA erkannte die Drohverlustrückstellungen ab 1997 wegen § 5 Abs. 4a EStG nicht an. Die vorher gebildete Rückstellung löste das FA anteilig gem. § 52 Abs. 6a Satz 1 EStG 1998 auf. Dies hielt das FG für rechtens (EFG 2004, 1588).
Entscheidung
Der BFH äußerte sich nicht zum Verbot der Drohverlustrückstellung. Nach seiner Auffassung ist eine Verbindlichkeitsrückstellung für die Rücknahmeverpflichtung zu bilden, zu deren Höhe das FG noch Feststellungen treffen muss.
Hinweis
1. Das Besprechungsurteil war lange erwartet worden, weil man sich davon eine Klärung der Frage versprach, ob der Gesetzgeber für steuerliche Zwecke die Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften mit § 5 Abs. 4a EStG abschaffen durfte. Zu dieser Frage nimmt der BFH aber keine Stellung, was manchen Beobachter enttäuschen wird.
2. Nicht enttäuscht wird die Kfz-Branche sein. Denn sie kann mit steuerlicher Wirkung Rückstellungen für die Rücknahmeverpflichtung gegenüber Autovermietern und Leasinggesellschaften bilden. Der BFH zerlegt das Vertragswerk in mehrere Teile und sieht darin nicht nur ein voll abgeschlossenes Kaufgeschäft, sondern zusätzlich ein zweites Rücknahmegeschäft. Das erste Geschäft schlägt sich nach Abwicklung des Kaufs nicht mehr in der Bilanz des Autohändlers nieder. Bilanziert wird nur noch die während der Mindestlaufzeit drohende Verpflichtung, das Auto zu einem zu hohen Preis zurücknehmen zu müssen. Die vom Käufer erbrachte Gegenleistung entfällt zum Teil auch auf diese Verpflichtung; mit dem betreffenden Betrag ist die Verbindlichkeitsrückstellung zu bewerten. Ihn herauszufiltern wird nicht ganz einfach sein.
3. Die Entscheidung hat spiegelbildlich auch Bedeutung für den Autovermieter bzw. die Leasinggesellschaft. Der Käufer erwirbt nämlich nicht nur ein Fahrzeug, sondern auch einen Anspruch auf Rückgabe des Fahrzeugs zu einem bestimmten Preis. Das Recht wird nicht über die Nutzungsdauer des Fahrzeugs abzuschreiben sein. Bewertet wird es im Zweifel mit demselben Betrag wie die Verpflichtung zur Rücknahme auf Seiten des Verkäufers. Während die Verpflichtung allerdings nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e) EStG abzuzinsen ist, wird die Forderung nicht aufgezinst.
4. Bei Ablauf der Frist sind Recht bzw. Verpflichtung auszubuchen. Liegt der Rücknahmepreis tatsächlich über dem Marktpreis, kompensiert die Auflösung der Rückstellung den durch Weiterverkauf oder Teilwertabschreibung realisierten Verlust des Autohändlers. Für den Rückgabeberechtigten ergibt sich eine Kompensation des aus dem überhöhten Rückgabewert entstehenden Buchgewinns.
Wird das Fahrzeug nicht zurückgegeben, weil der Marktpreis höher als der vereinbarte Betrag ist, führen die Ausbuchungen beim Autohändler zu einem -- nachträglichen -- Gewinn und beim Käufer zu einem Verlust in Höhe der verfallenen „Optionsprämie”.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 11.10.2007, IV R 52/04