FinMin Sachsen-Anhalt, Erlass vom 12.6.2020, 42 – S 0184 – 9
1. Grundsätze
Soweit die Krankenhausapotheke eines steuerbefreiten Krankenhauses auch andere (steuerbefreite) Krankenhäuser beliefert, entsteht damit eine Wettbewerbssituation zu gewerblichen Apotheken. Die Krankenhausapotheke erfüllt insoweit nicht die Merkmale des § 65 AO und ist infolgedessen als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu behandeln.
Darüber hinaus handelt es sich bei den Betätigungen, die Krankenhausapotheken nach den Erweiterungen des Apothekengesetzes durch das GKV-Modernisierungsgesetz zusätzlich ausüben dürfen und für die sie ein Entgelt erhalten, um steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe. Hierunter fallen:
- die Abgabe von Medikamenten an ehemals ambulante oder stationäre Patienten zur Überbrückung gegen gesondertes Entgelt,
- Medikamentenlieferungen an ermächtigte Ambulanzen des Krankenhauses, an Polikliniken, an Institutsambulanzen, an sozialpädiatrische Zentren, an ermächtigte Krankenhausärzte – soweit es sich in diesen Fällen nicht um Innenumsätze des Trägers der Krankenhausapotheke handelt – und an öffentliche Apotheken und
- Medikamentenlieferungen gegen gesondertes Entgelt an Personen, die im Krankenhaus beschäftigt sind.
Diese Betätigungen gehören nicht zum Zweckbetrieb „Krankenhaus” im Sinne des § 67 AO. Eine Behandlung als Zweckbetrieb nach § 65 AO scheitert insbesondere an dem vorhandenen und – wie die Praxis vor der Änderung des Apothekengesetzes zeigt – vermeidbaren Wettbewerb zu steuerpflichtigen öffentlichen Apotheken.
2. Auswirkungen der BFH-Rechtsprechung
Mit BMF-Schreiben vom 31.01.2019 (BStBl 2019 I S. 71) wurde der AEAO zu § 67 AO geändert und dabei die jüngere Rechtsprechung zur ambulanten Behandlung von Patienten eingearbeitet.
Zum Zweckbetrieb Krankenhaus gehören danach alle Einnahmen und Ausgaben, die mit den ärztlichen und pflegerischen Leistungen an die Patienten als Benutzer des jeweiligen Krankenhauses zusammenhängen. Dazu gehört auch die Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, die für die Versorgung im Krankenhaus notwendig sind.
Daneben gehören auch die Einnahmen und Ausgaben, die in Zusammenhang mit der Abgabe von Medikamenten an ambulant behandelte Patienten des Krankenhauses stehen, zum Zweckbetrieb nach § 67 AO wenn,
- sich die erbrachten Leistungen aus dem Versorgungsauftrag des Krankenhauses ergeben und
- der Sozialversicherungsträger die insoweit entstehenden Kosten trägt (BFH-Urteil vom 18.10.2017, V R 46/16, BStBl 2018 II S. 672).
Der Versorgungsauftrag eines Krankenhauses (§ 8 Abs. 1 Satz 4 Krankenhausentgeltgesetz) regelt, welche Leistungen ein Krankenhaus, unabhängig von der Art der Krankenversicherungsträger, erbringen darf. Für die gemeinnützigkeitsrechtliche Beurteilung folgt daraus, dass für Leistungen, die außerhalb des Versorgungsauftrags erbracht werden, eine Zuordnung zum Zweckbetrieb Krankenhaus ausscheidet.
Für die Zurechnung der Behandlungsleistungen zum Zweckbetrieb Krankenhaus ist es unbeachtlich, wenn diese durch einen ermächtigten Arzt als Dienstaufgabe innerhalb einer nichtselbständigen Tätigkeit (Einkünfte nach § 19 EStG beim Arzt) erbracht werden (BFH-Urteil vom 31.07.2013, I R 82/12, BStBl 2015 II S. 123). Ebenso unbeachtlich ist es, wenn die Behandlung des Patienten ein (Chef-)Arzt im Rahmen seiner Nebentätigkeitserlaubnis und mithin außerhalb seiner dienstvertraglichen Pflichten erbringt (ermächtigter Krankenhausarzt im Sinne des § 116 SGB V; Einkünfte nach § 18 EStG beim Arzt). Auch diese Leistungen sind sozialversicherungsrechtlich vom Versorgungsauftrag des Krankenhauses umfasst (BFH-Urteil vom 06.06.2019, V R 39/17, BStBl 2019 II S. 651).
Normenkette
AO 1977 § 67
KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9