Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Leitsatz
Der Geschäftsführer einer GmbH hat die Pflicht, für die an eine Schweizer AG ohne Freistellungsbescheinigung überwiesenen Lizenzgebühren Abzugssteuern einzubehalten, anzumelden und abzuführen. Unterlässt er dies und ist der Haftungsschaden bei der GmbH nicht durchsetzbar, haftet der Geschäftsführer gem. § 69, § 34 AO.
Sachverhalt
Im Streitfall hatte eine GmbH Lizenzgebühren an eine Schweizer AG entrichtet. Diese basierten auf einem den Steuerabzug gem. § 49 Abs. 1 Nr. 9 i. V. m. § 50a EStG auslösenden Lizenzvertrag, da sich dem abgeschlossenen Vertrag keine endgültige Überlassung des entgoltenen Know-hows entnehmen ließ, eine Geheimhaltungspflicht der GmbH vereinbart war, mit eingeweihten Personen schriftliche an die AG zu übermittelnde Geheimhaltungsvereinbarungen abzuschließen waren und ein außerordentliches Kündigungsrecht bestand. Da die GmbH der Einbehaltung des Steuerabzugs nicht nachkam, nahm das Finanzamt die GmbH durch Haftungsbescheid in Anspruch. Dies blieb jedoch ohne Erfolg, da über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Daraufhin wurde der Geschäftsführer der GmbH mit auf § 69 AO gestützten Haftungsbescheid in Anspruch genommen. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos.
Entscheidung
Auch die eingelegte Klage führte zu keinem anderen Ergebnis. Das FG entschied, dass der Geschäftsführer der GmbH die Pflicht hatte, für die an die Schweizer AG ohne Freistellungsbescheinigung überwiesenen Lizenzgebühren Abzugssteuern gem. § 50a Abs. 4 S. 1 Nr. 3, Abs. 5, § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG i. V.m. §§ 2 und 8 KStG, § 73e EStDV einzubehalten, anzumelden und abzuführen. Bei schuldhaften Handeln verbunden mit der fehlenden Durchsetzbarkeit des Haftungsschadens bei der GmbH haftet er gem. § 69, § 34 AO. Im Streitfall hatte der Geschäftsführer gemäß § 50a Abs. 5 S. 2 EStG die Pflicht, für Rechnung des beschränkt Steuerpflichtigen Gläubigers (Steuerschuldner) - der Schweizer AG - zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer den Steuerabzug vorzunehmen und bis zum 10. des dem Kalendervierteljahr folgenden Monats an das zuständige Finanzamt abzuführen (§ 50a Abs. 5 S. 3 EStG). Die Steuer entstand in dem Zeitpunkt, in dem die Vergütung für die Lizenz (§ 50a Abs. 4 S. 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG) dem Gläubiger zugeflossen waren (§ 50 a Abs. 5 S. 1). Gemäß § 73e Satz 2 EStDV 2000 hatte der Vergütungsschuldner dem Finanzamt eine Steueranmeldung über den Gläubiger und die Höhe der Vergütungen i. S. des § 50 a Abs. 4 EStG sowie die Höhe des Steuerabzugs zu übersenden und die Steuer nach § 50 a Abs. 5 S. 3 EStG abzuführen. Dies war unstreitig nicht erfolgt. Mangels Bescheinigung des Bundesamts für Finanzen über das Vorliegen der Voraussetzungen des sog. Freistellungsverfahrens durfte der Geschäftsführer den Steuerabzug auch nicht nach § 50d Abs. 3 Satz 1 EStG unterlassen.
Der Geschäftsführer handelte auch grob fahrlässig, da er seine Sorgfaltspflicht in ungewöhnlich hohem Maße verletzte, indem er sich nicht um die Abführung der Abzugssteuer gekümmert hatte, obwohl sich ihm die Abzugs- und Abführungspflicht der GmbH aufdrängen musste. Außerdem war er bei Abschluss des Lizenzvertrages alleiniger Geschäftsführer der GmbH, so dass nur er die GmbH nach außen hin wirksam vertreten und für diese Verträge abschließen konnte. Zudem war er auch finanziell in der Lage, die Steuer während seiner Geschäftsführertätigkeit zu begleichen, da der GmbH im maßgeblichen Zeitraum ausreichend liquide Mittel zur Verfügung standen und der Geschäftsführer sich nicht darauf berufen konnte, die Abführungspflicht nicht gekannt zu haben.
Hinweis
Auch das Argument, die AG hätte das Freistellungsverfahren gemäß § 50d EStG betreiben können, so dass dann im Ergebnis der deutsche Staat keine Einnahmen erzielt hätte, zog nicht, da die AG im Streitfall einen Antrag auf Freistellung nie gestellt hatte. Nach § 50d Abs. 3 S. 1 EStG konnte die GmbH den Steuerabzug in den Fällen des § 50a Abs. 4 EStG daher nur dann unterlassen, wenn das Bundesamt für Finanzen auf Antrag bescheinigt, dass die Voraussetzungen für ein Freistellungsverfahren vorliegen. Eine solche Bestätigung hatte im Streitfall aber weder bei Zahlung der Lizenzgebühr noch bei Fälligkeit der Abzugssteuer vorgelegen. Das FG hat die Revision zugelassen.
Link zur Entscheidung
FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.06.2012, 9 K 156/05