Leitsatz
1. Teilwertabschreibungen aufgrund einer Gewinnabführung mindern ebenso wie aufgrund einer Gewinnausschüttung den Gewerbeertrag im Organkreis nicht (Bestätigung des Senats-Urteils vom 2.2.1994, I R 10/93, BStBl II 1994, 768).
2. Veräußert das beherrschte Unternehmen wesentliche Wirtschaftsgüter oder seinen Betrieb und geht es nach der Veräußerung keiner eigengewerblichen Tätigkeit mehr nach, mit der es den Zweck des herrschenden Unternehmens fördern kann, kann es an den Voraussetzungen der wirtschaftlichen Eingliederung i.S.v. § 14 Nr. 2 KStG a.F. fehlen (Bestätigung des Senats-Urteils vom 28.10.1999, I R 111/97, BFH/NV 2000, 896).
3. Die Aufhebung eines Gewerbesteuermessbescheids kann regelmäßig nicht allein deswegen beansprucht werden, weil er von einem örtlich unzuständigen FA erlassen worden ist (gegen Senats-Urteil vom 14.11.1984, I R 151/80, BStBl II 1985, 607, Änderung der Rechtsprechung).
Normenkette
§ 127 AO , § 184 AO , § 190 AO , § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG , § 14 Nrn. 1 und 2 KStG 1984
Sachverhalt
Klägerin war eine 1983 gegründete GmbH mit Sitz in der Gemeinde X. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin war der Erwerb und die Verwaltung von Vermögensgegenständen aller Art, insbesondere von Beteiligungen. An ihr waren neben den Eheleuten E als Treuhänderin für deren drei Kinder G beteiligt. Frau E war ab 1984 alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin.
Am 22.12.1986 erwarb die Klägerin sämtliche Geschäftsanteile der O-GmbH, wobei der Kaufpreis nach dem Gewinn aus der Veräußerung des einzigen besonders werthaltigen Vermögensgegenstands der O-GmbH, eines Grundstücks in Y, bemessen war. Am gleichen Tag wurde Frau E zur Geschäftsführerin der O-GmbH bestellt. L, einer der bisherigen Gesellschafter der O-GmbH, wurde von E bevollmächtigt, alle mit der technischen und kaufmännischen Durchführung des auf dem vorgenannten Grundstück geplanten Bauvorhabens notwendigen Maßnahmen zu entscheiden und entsprechende Verträge abzuschließen. Die Beteiligung an der O-GmbH bilanzierte die Klägerin zum 31.12.1986 mit den Anschaffungskosten.
Am 28.9.1987 schlossen die Klägerin und die O-GmbH mit Wirkung vom 1.1.1987 einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, der die O-GmbH unter anderem verpflichtete, ihren ganzen Gewinn i.S.d. § 14 KStG 1984 an die Klägerin abzuführen, während sich diese im Gegenzug verpflichtete, nach § 302 AktG jeden während der Vertragsdauer entstehenden Jahresfehlbetrag der Organgesellschaft auszugleichen.
Das Grundstück in Y wurde von der O-GmbH in zwei Bauabschnitten bebaut, die 1987 und 1988 veräußert wurden. Die durch die Veräußerung entstandenen Gewinne wurden in voller Höhe an die Klägerin abgeführt. Nach Gewinnabführung war die O-GmbH bis auf ihr Stammkapital vermögenslos. Nach Veräußerung der O-GmbH an die L-GmbH wurde der vorgenannte Unternehmensvertrag zum 31.12.1990 beendet. 1992 erwarb die Klägerin 65 % der Anteile an der L-GmbH. Die O-GmbH ist zwischenzeitlich liquidiert und wurde am 31.1.1995 im Handelsregister gelöscht.
Die Klägerin ermittelte ihren Gewerbeertrag für 1987 und 1988 unter Einbeziehung einer abführungsbedingten Teilwertabschreibung auf die Beteiligung an der O-GmbH. Das FA folgte dem nicht und machte die Teilwertabschreibung für Zwecke der Gewerbesteuer rückgängig.
Die dagegen gerichtete Klage blieb ohne Erfolg (EFG 2003, 721).
Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück:
Zwar müsse die abführungsbedingte Teilwertabschreibung im gewerbesteuerrechtlichen Organkreis wieder hinzugerechnet werden. Es sei aber denkbar, dass die O-GmbH im Streitjahr 1989 nicht mehr gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG i.V.m. § 14 Nr. 2 KStG a.F. in den Betrieb der Klägerin wirtschaftlich eingegliedert gewesen sei. Dazu müsse weiter aufgeklärt werden.
Soweit die Klägerin geltend mache, in den Streitjahren nicht in der Gemeinde X, sondern in München über eine Betriebsstätte verfügt zu haben, könne sie nicht gehört werden. Dieses Vorbringen müsse sie im Rechtsbehelfsverfahren gegen den Gewerbesteuerbescheid der Gemeinde X verfolgen, nicht in jenem gegen den Gewerbesteuermessbescheid.
Hinweis
1. Das Urteil ist zur gewerbesteuerrechtlichen Organschaft ergangen und bringt im Grund nichts Neues: Es bleibt dabei, dass die abführungsbedingte (ebenso wie die ausschüttungsbedingte) Teilwertabschreibung in einem solchen Organkreis steuerlich nicht anerkannt wird. Das erscheint dem BFH trotz aller an dieser Rechtsprechung geübten literarischen Kritik schon "aus Gründen der Rechtssicherheit und der Rechtsprechungskontinuität" als richtig, zumal sich dieselbe Rechtsfolge – die Hinzurechnung der Teilwertabschreibung zur Ermittlung des Gewerbeertrags – seit dem Erhebungszeitraum 1999 explizit aus dem Gesetz ergibt, nämlich in Gestalt des § 8 Nr. 10 GewStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002.
Dieses Festhalten fand sich bereits in dem Urteil vom 28.10.1999, I R 79/98 (BFH/NV 2000, 745). Es genügt an dieser Stelle, darauf zu verweisen. Sollten noch "alte" Veranlagungen offen sein...