Leitsatz
1. Eine i.S.v. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG 1997 gewerblich geprägte Personengesellschaft erzielt nicht allein wegen der Prägung gewerbliche Gewinne i.S.v. Art. III Abs. 1 Satz 1 DBA-Großbritannien 1964/1970 (Anschluß an die ständige Spruchpraxis des Senats).
2. Ein in der Rechtsform einer britischen Limited Partnership geführter sog. Private Equity/Venture Capital Fonds kann nach § 15 Abs. 2 EStG 1997 gewerblich tätig sein und gewerbliche Gewinne i.S. v. Art. III Abs. 1 Satz 1 DBA-Großbritannien 1964/1970 erzielen.
3. Räumlichkeiten können auch dann eigene Betriebsstätten sein, wenn es sich hierbei um solche einer eingeschalteten Managementgesellschaft handelt und hierüber kein vertraglich eingeräumtes eigenes Nutzungsrecht besteht (Bestätigung des Senatsurteils vom 23.2.2011, I R 52/10, BFH/NV 2011, 1354).
4. Einkünfte aus einer britischen Betriebsstätte sind auch dann nach Art. XVIII Abs. 2 Buchst. a i.V.m. Art. III Abs. 1 Satz 1 DBA-Großbritannien 1964/1970 von der inländischen Bemessungsgrundlage auszunehmen, wenn sie in Großbritannien aufgrund dortiger steuerlicher Subventionsmaßnahmen tatsächlich unbesteuert bleiben. Aus demselben Grund entfällt ein Besteuerungsrückfall nach Maßgabe von § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002.
5. Die Freistellung von der inländischen Besteuerung nach Art. XVIII Abs. 2 Buchst. a i.V.m. Art. III Abs. 1 Satz 1 DBA-Großbritannien 1964/1970 erfasst auch Dividenden, die aufgrund des sog. Betriebsstättenvorbehalts nach Art. VI Abs. 5 DBA-Großbritannien 1964/1970 im Quellenstaat als gewerbliche Einkünfte zu behandeln sind (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 7.8.2002, I R 10/01, BStBl II 2002, 848).
Normenkette
Art. III Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3, Art. VI Abs. 5, Art. XVIII Abs. 2 Buchst. a DBA-Großbritannien 1964/1970, § 15 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2 EStG, § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1, § 52 Abs. 59a Satz 6 EStG 2002 i.d.F. des JStG 2007
Sachverhalt
Bei den beiden Klägerinnen handelte es sich im Streitjahr 1998 um inländische Finanzdienstleistungsunternehmen, die sich neben weiteren institutionellen Anlegern aus verschiedenen Staaten als sog. limited partners an einem UK-Private Equity Fonds in Gestalt der LP in England beteiligt hatten.
Alleinvertretungsberechtigte Gründungskomplementärin (general partner) der LP war eine schottische E-Ltd. Geschäftsführer (directors) der E-Ltd. waren anfangs acht, später sieben Personen, welche zugleich Mitarbeiter (directors und non-executive directors) der – ebenfalls englischen – EV-Ltd. waren, einer sog. "Venture Capital"-Gesellschaft. Diese verfügte über eigene Büroräume und eigenes Büropersonal. In diesen Geschäftsräumen der EV-Ltd. übten deren Mitarbeiter sowie die Mitarbeiter der E-Ltd. ihre Tätigkeit für beide Gesellschaften aus. Die "Direktors" der E-Ltd. waren zugleich Gesellschafter (partners) der gemeinsamen Muttergesellschaft der gesamten Unternehmensgruppe, einer in England registrierten Gesellschaft, die die Erlaubnis der Financial Services Authority zu Finanztransaktionen besaß.
Die LP war als geschlossener Fonds konzipiert und auf eine Laufzeit grundsätzlich bis zum 31.12.2002 angelegt. Zweck der Gesellschaft war es, "to carry on the business of an investor", und zwar die ersten vier Jahre als Investitionsphase, die folgenden Jahre dann als Realisationsphase. Investitionsobjekte waren kleinere und größere Buy-outs in der Form des Management Buy-out sowie Leveraged Buy-out, offensive (= riskante) Finanzierungen und risikobehaftete Kaufgelegenheiten; der Investitionsbereich war grundsätzlich auf Großbritannien beschränkt. Gewinne sollten aus einer Börseneinführung des erworbenen jeweiligen Investments (initial public offering) bzw. dessen Veräußerung erzielt werden. Die Gesamtzahl der ihr zuzurechnenden Investitionen belief sich bis einschließlich 1998 auf 22 Unternehmensbeteiligungen, von denen zum 31.12.1999 noch 16 Beteiligungen gehalten wurden. Ihre Beteiligungsquote per 31.12.1998 differierte zwischen 3 % und 61,1 %. Die LP hatte mit der EV-Ltd. einen Managementvertrag geschlossen, weil diese bzw. deren Manager über die nach englischem Recht erforderlichen Genehmigungen zur Vornahme von Finanztransaktionen verfügten.
Die Klägerinnen begehrten beim FA vergeblich die gesonderte und einheitliche Feststellung steuerfreier Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach Maßgabe von Art. XVIII Abs. 2 Buchst. a i.V.m. Art. III Abs. 2 DBA-Großbritannien 1964/1970.
Die dagegen gerichtete Klage blieb überwiegend erfolglos (FG-Baden-Württemberg, Urteil vom 11.5.2010, 6 K 285/06).
Entscheidung
Vor dem BFH hatten die institutionellen Fondsanleger hingegen vollen Erfolg.
- Der BFH nahm an, dass die LP bei isolierter Betrachtung – unbeschadet ihrer gewerblichen Prägung durch die EV Ltd. – Einkünfte aus Gewerbebetrieb erwirtschaftet habe und dass für diese Einkünfte nach Art. III Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 sowie Art. VIII Abs. 2 Satz 1 DBA-Großbritannien 1964/1970 Großbritannien als Betriebsstättenstaat und nicht Deutschland als Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht gebühre.
- Da...