Als discontinued operations (aufgegebene Geschäftsbereiche) definiert IFRS 5.32
- abgrenzbare und bedeutsame geografische oder sachliche Geschäftsbereiche,
- die das Unternehmen im Rahmen eines Plans entweder veräußert (insgesamt oder stückweise) oder
- durch Einstellung (abandonment) aufgibt.
Aufgegebene Tätigkeiten sind in der GuV (sowie z. T. im Anhang) getrennt vom Ergebnis aus fortgeführten Bereichen (continued operations) auszuweisen.
Der Anwendungsbereich der Vorschrift wird in der amtlichen deutschen Übersetzung von IFRS 5.32 irreführend beschrieben. Die Rede ist nur von einem "veräußerten oder zur Veräußerung gehaltenen Geschäftsbereich". Der englische Originaltext spricht jedoch von einem Geschäftsbereich "that either has been disposed of, or is classified as held for sale", wobei der Begriff "disposal" auch Einstellungen umfasst.
Ein GuV-Unterschied zwischen einer Aufgabe durch Einstellung und durch Veräußerung ergibt sich gemäß IFRS 5.13 lediglich in zeitlicher Hinsicht: Geschäftsbereiche, die veräußert werden sollen, sind ab Veräußerungsbeschluss in der GuV bzw. Gesamtergebnisrechnung zu separieren, wobei zusätzlich das Vorjahr anzupassen ist. Geschäftsbereiche, die eingestellt werden, sind erst im Jahr des Vollzugs der Einstellung getrennt auszuweisen.
Ein Sonderausweis in der GuV ist nur dort zulässig und geboten, wo nicht eine punktuelle oder unbedeutende Tätigkeit aufgegeben wird, sondern ein ganzer Geschäftsbereich. Die Frage, ob eine aufgegebene Tätigkeit Geschäftsfeldqualität hat, ist jedoch Sache der Auslegung und des Einzelfalls. So muss die Aufgabe einer Produktlinie oder eines Standorts je für sich gesehen nicht die Voraussetzungen erfüllen, kann aber im Zusammenhang mit anderen Veränderungen, insbesondere dann, wenn die Änderungen wesentlich sind, als einzustellender Bereich gelten.
Tipp
Da es auf den Einzelfall ankommt, kann mit entsprechender Argumentation Bilanzpolitik gemacht werden:
- Ein Verlustbereich wird verkauft: Argumente für die Eigenständigkeit sind zu suchen, damit der Verlust das "nachhaltige Ergebnis" nicht mehr belastet.
- Ein Gewinnbereich wird verkauft: Argumente gegen die Eigenständigkeit sind zu suchen, damit der Gewinn das "nachhaltige Ergebnis" stützt.
Beispiel
Ein Unternehmen produziert unter einheitlicher Marke
- Körpercremes,
- Haarpflege- und Haartönungsmittel,
- Deos,
- Parfums und Duftwässer.
Die Deo-"Sparte" soll eingestellt werden.
Alternative A: aus dem Verkauf wird ein Gewinn erwartet
Der Deobereich wird weiter als fortzuführende Tätigkeit ausgewiesen mit dem Argument, dass es sich lediglich um eine dem fortzuführenden Parfum- und Duftwasserbereich ähnelnde Produktlinie handelt. In beiden Fällen dienen Duftstoffe als Rohstoffe. In beiden Fällen werden Spraybehälter als Primärverpackung benötigt. In beiden Fällen werden gleiche Vertriebswege genutzt.
Alternative B: aus dem Verkauf wird ein Verlust erwartet
Der Deobereich wird als einzustellender Bereich behandelt mit dem Argument gegenüber dem Duft- und Parfumbereich unterschiedlicher Endkunden (Geschlecht, Alter, Einkommen), unterschiedlicher Konkurrenzlagen (Deos gegen Eigenmarken des Handels, Parfums gegen Marken von Modefabrikanten) und unterschiedlicher Duftträgerrohstoffe (Duftwässer und Parfums alkoholbasiert, eigene Deoserie alkoholfrei).
In zeitlicher Hinsicht liegt erst dann eine separat zu erfassende discontinued operation vor, wenn das Unternehmen die Veräußerung beschlossen, mit der aktiven Vermarktung begonnen hat und einen Vollzug binnen zwölf Monaten erwartet (IFRS 5.6 ff.).
Sobald die Kriterien erfüllt sind, müssen die Vermögenswerte und Schulden sowie das Ergebnis des betroffenen Bereichs in Bilanz und GuV gesondert ausgewiesen werden (IFRS 5.38 und IFRS 5.35). Anzupassen sind in der GuV auch die Vergleichszahlen des Vorjahres (IFRS 5.34).
Ein Wahlrecht besteht hinsichtlich der Tiefe der GuV-Darstellung:
- Es reicht aus, wenn in der GuV nur das Ergebnis der discontinued operations in einer Zeile dargestellt wird.
- Die Aufschlüsselung in Erträge/Erlöse, Aufwendungen und Steuern kann alternativ in der GuV oder im Anhang erfolgen.
Nachfolgend das Muster für die ausführliche GuV-Darstellung:
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02 |
01 |
I. Fortgeführte Bereiche |
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Umsatzerlöse |
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– Betriebliche Aufwendungen |
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= Operatives Ergebnis |
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+/– Finanzergebnis |
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= Ergebnis vor Steuern |
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– Steuern |
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= Ergebnis aus fortgeführten Bereichen |
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II. Aufgegebene Bereiche |
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Umsatzerlöse |
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… |
– Betriebliche Aufwendungen |
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… |
= Operatives Ergebnis |
… |
… |
– Rückstellung für Abfindungen usw. |
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… |
– Außerplanmäßige Abschreibung |
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… |
= Ergebnis vor Steuern |
… |
… |
+/– Steuern |
… |
… |
= Ergebnis aus aufgegebenen Bereichen |
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Jahresergebnis (Summe I + II) |
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… |
Tab. 1: GuV – gesonderter Ausweis discontinued operations
Der gesonderte Ausweis in der Bilanz ist nicht nur bei zur Veräußerung bestimmten Geschäftsfeldern (discontinued operations), sondern auch bei einzelnen zur Veräußerung bestimmten Anlagen (non-current assets held-for-sale) oder bei Veräußerungsgruppen ohne Geschäftsf...