Dr. Bela Berens, Dr. Chantal Naumann
2.4.1 Allgemeines
Rz. 119
§ 5a EStG wurde mit dem Gesetz zur Anpassung der technischen und steuerlichen Bedingungen in der Seeschifffahrt an den internationalen Standard zum 9.9.1998 in das EStG eingefügt und war seither Gegenstand einer Vielzahl von Gesetzesänderungen. Die Norm stellt eine Subventionsvorschrift dar, welche inländischen Reedereibetrieben die Möglichkeit eröffnet, eine vom Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG bzw. § 5 EStG abweichende, pauschale Gewinnermittlung durchzuführen (Gewinnermittlung nach der Tonnage). Die Vorschrift ist aufgrund des existenziellen Interesses Deutschlands an einer internationalen Handelsflotte wohl verfassungskonform.
Rz. 120
Gemäß § 5a Abs. 1 Satz 1 EStG besteht ein Wahlrecht anstelle der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG bzw. § 5 EStG den Gewinn eines Gewerbebetriebs mit Geschäftsleitung im Inland, soweit er auf den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr entfällt, auf unwiderruflichen Antrag des Steuerpflichtigen nach der in seinem Betrieb geführten Tonnage zu ermitteln, wenn die Bereederung dieser Handelsschiffe im Inland durchgeführt wird.
Rz. 121
Die Gewinnermittlung nach der Tonnage wird neben dem Betriebsvermögensvergleich für Teile des Unternehmens angewendet, wenn es sich um einen sog. Mischbetrieb handelt, also nicht alle Tätigkeiten des Gewerbebetriebs in die Gewinnermittlung nach § 5a EStG einzubeziehen sind.
Folglich kann eine Personengesellschaft, deren Unternehmensgegenstand der Betrieb von Schiffen ist, sowohl solche betreiben, für die der Gewinn nach § 5a EStG ermittelt werden kann, als auch solche, für die die allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften anzuwenden sind.
2.4.2 Voraussetzungen
2.4.2.1 Vorliegen eines Gewerbebetriebs
Rz. 122
Nach § 5a Abs. 1 Satz 1 EStG ist die Besteuerung nach der Tonnage ausschließlich solchen Gewerbebetrieben vorbehalten, welche den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr zum Zweck haben. Unter dem Begriff des Gewerbebetriebs i. S. d. § 5a EStG ist ein gewerbliches Unternehmen entsprechend der Definition nach § 15 Abs. 2 EStG zu verstehen. Vorausgesetzt wird folglich eine selbstständige, nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unter Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unternommen wird und keine Verwaltung privaten Vermögens darstellt. Ob eine originäre gewerbliche Tätigkeit zwingend notwendig ist oder die gewerbliche Prägung einer Personengesellschaft hingegen ausreicht, ist umstritten.
2.4.2.2 Geschäftsleitung im Inland
Rz. 123
Notwendige Voraussetzung für die Gewinnermittlung nach der Tonnage ist zudem das Vorliegen eines Gewerbebetriebs mit inländischer Geschäftsleitung. Der Ort der Geschäftsleitung ist nach § 10 AO der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung. Auch im Rahmen eines Schifffahrtsbetriebs ist dies der Ort, an dem der für die Geschäftsleitung maßgebliche Wille gebildet wird, folglich die für die laufende Geschäftsführung nötigen Maßnahmen von einiger Wichtigkeit angeordnet werden. Hierzu gehören auch solche Maßnahmen, die zur gewöhnlichen Verwaltung der Gesellschaft gehören. D.h., entscheidend ist der Ort, an dem die Abwicklung der Tagesgeschäfte erfolgt. Erfolgen diese Tätigkeiten an verschiedenen Orten, so ist der BFH-Rechtsprechung folgend eine normative Gewichtung vorzunehmen, um den Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung zu bestimmen. Hierbei genügt die Ausübung von 60 % der Tätigkeiten an einem Ort, um dort die geschäftliche Oberleitung zu begründen.
Rz. 124
Die Merkmale zur Ermittlung des Mittelpunkts der geschäftl...