Die Gesellschafterversammlung als oberstes Willensbildungsorgan kann umfassend auf die Geschäftsführung Einfluss nehmen. Inwieweit sie von ihrem Recht Gebrauch macht, liegt in ihrem Ermessen. Bereits oben unter 1.3. wurde auf das Weisungsrecht und die Möglichkeit hingewiesen einen Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte festzulegen. Es bleibt der Gesellschafterversammlung überlassen, ob sie den Geschäftsführer an der "kurzen Leine" führt und dessen Tätigkeit in allen Einzelheiten bestimmt oder ob sie ihm einen großen Spielraum einräumt.
4.1 Überwachung des Geschäftsführers
Die Gesellschafterversammlung ist für die Überwachung des Geschäftsführers zuständig, sofern es nicht einen Aufsichtsrat gibt, dem diese Aufgabe zukommt.
4.1.1 Überwachungsorgan
Ist nach mitbestimmungsrechtlichen Vorschriften ein Aufsichtsrat vorgeschrieben, übernimmt dieses Organ die Überwachungsfunktion. Auch bei kommunalen Gesellschaften, wie. z. B. Stadtwerken, kann es die Verpflichtung zur Installation eines Aufsichtsrats geben. Die Gesellschafter können – außerhalb des gesetzlich vorgeschriebenen Mitbestimmungsrechts – auf freiwilliger Grundlage jederzeit in der Satzung einen Aufsichtsrat, Beirat, Verwaltungsrat oder Gesellschafterausschuss vorsehen und diesem flexibel Aufgaben aus ihrem Kompetenzbereich übertragen. Machen sie hiervon keinen Gebrauch, bleibt es bei der Machtfülle der Gesellschafterversammlung.
4.1.2 Überwachungsmaßnahmen
Die Überwachung kann von der Gesellschafterversammlung nach deren Ermessen ausgestaltet werden, z. B. durch die Einführung eines Katalogs von Geschäftsführungsmaßnahmen, bei dem der Geschäftsführer vor der Durchführung einer entsprechenden Maßnahme die Zustimmung der Gesellschafterversammlung einholen muss (s. dazu bereits oben unter 1.3). Die Gesellschafterversammlung kann ferner Berichtspflichten festlegen, um sich laufend über den Gang der Geschäfte orientiert zu halten.
Berichtspflicht festlegen
Der Gesellschafter sollte darauf achten, dass dem Geschäftsführer detailliert eine Berichtspflicht obliegt, z. B. bei wichtigen Ereignissen sowie turnusmäßig einmal im Quartal, wobei die Berichte nicht nur der Gesellschafterversammlung als Kollektivorgan, sondern jedem einzelnen Gesellschafter zukommen sollten.
4.2 Bestellung und Abberufung des Geschäftsführers
Die Möglichkeit der Einflussnahme der Gesellschafterversammlung auf das Management zeigt sich schon daran, dass die Bestellung und Abberufung des Geschäftsführers in ihren Aufgabenbereich fällt. Gleiches gilt für den Abschluss des Geschäftsführervertrags (= Anstellungsvertrags), der für den Geschäftsführer so wichtige Fragen wie seine Vergütung und Versorgung regelt, wobei letztere in der Praxis häufig auch Gegenstand einer separaten Versorgungsvereinbarung ist, die ebenfalls in die Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung fällt. Auch für die Kündigung des Geschäftsführervertrags ist die Gesellschafterversammlung zuständig. Es besteht also eine erhebliche Abhängigkeit des Geschäftsführers von der Gesellschafterversammlung – selbstverständlich sind die Gesellschafter aber auch auf einen kompetenten und qualifizierten Geschäftsführer angewiesen. Da dessen Fachkenntnisse und seine Führungsqualitäten häufig denen der Gesellschafter überlegen sein werden, wird die Gesellschafterversammlung gut beraten sein, dem Geschäftsführer einen eigenständigen Handlungsspielraum zu belassen.
4.3 Weisungsbefugnis gegenüber dem Geschäftsführer
Nach der gesetzgeberischen Konzeption ist die Gesellschafterversammlung berechtigt, dem Geschäftsführer umfassend Weisungen zu erteilen. Der Geschäftsführer muss diese Weisungen ausführen, solange er dadurch nicht gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstößt. Befolgt er die Weisungen, haftet er gegenüber der Gesellschaft nicht für etwaige durch die Weisung angerichtete Schäden. Dies gilt aber nur, wenn er die Weisung ausführen musste (s. dazu bereits oben unter 1.3.).
Rechtswidrige Weisungen sind unbeachtlich
Weisungen, deren Befolgung rechtswidrig wäre, weil sie z. B. gegen das geltende Steuerrecht, Kartellrecht oder Sozialversicherungsrecht verstoßen, sind ebenso unbeachtlich wie Beschlüsse, die auf Verstöße gegen das Kapitalerhaltungs- oder Insolvenzrecht abzielen.
Weisung, Umsatzsteuervoranmeldung verspätet vorzunehmen
So wäre etwa eine Weisung unbeachtlich, wonach der Geschäftsführer die Umsatzsteuervoranmeldung wegen eines Liquiditätsengpasses erst verspätet vornehmen soll. Gleiches gilt für die Anweisung, eine Sekretärin entgegen dem geltenden Sozialversicherungsrecht als freie Mitarbeiterin zu beschäftigen, obwohl es sich um eine sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmertätigkeit handelt. Ebenso unverbindlich wäre eine Weisung der Gesellschafterversammlung an den Geschäftsführer, bei Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit dennoch keinen Insolvenzantrag zu stellen oder bei einer sog. Unterbilanz Zahlungen an die Gesellschafter vorzunehmen.
Weisung, Rabatte abzusprechen
Die Gesellschafterversammlung weist den Geschäftsführer an, mit den beiden wichtigsten Mitbewerbern ein Rabattsystem für vergleichbare Produkte abzusprechen, damit die potenziellen Kunden, die d...