Leitsatz
Die Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 UStG findet auf den Verkauf von Sport‐, Renn- und Turnierpferden keine Anwendung.
Normenkette
§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG, Art. 296, Art. 300 Nr. 1, Art. 295 Abs. 1 Nr. 4 und 5, Anh. VII Nr. 2 EGRL 112/2006 (= MwStSystRL)
Sachverhalt
Der Kläger betreibt eine Pferdezucht und einen Pferdehandel. Er erzielt damit einkommensteuerrechtlich Einkünfte aus LuF (§ 13 EStG) und aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG).
Der Kläger erwarb u.a. junge Reitpferde, versorgte sie, bildete sie weiter aus und verkaufte sie weiter. Für die Tiere war eine ausreichende eigene Futtergrundlage vorhanden. Die Vieheinheitengrenze des § 51 BewG war nicht überschritten.
Der Kläger erfasste die Pferdeeinkäufe zunächst überwiegend in seinem Gewerbebetrieb und zog Vorsteuer ab. Bei zwei Pferden wurde bereits der Einkauf unter Anwendung des § 24 UStG gebucht. Später ordnete der Kläger auch die übrigen Pferde dem landwirtschaftlichen Betrieb zu, berichtigte den Vorsteuerabzug und verkaufte die Pferde unter Anwendung des § 24 UStG.
Das FA nahm an, dass (anders als im Bereich der ESt) § 24 UStG nur für die Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und für landwirtschaftliche Dienstleistungen gelte. Der Verkauf zugekaufter Pferde falle nur unter die Vorschrift, wenn die Pferde durch landwirtschaftliche Tätigkeiten zu einem Produkt anderer Marktgängigkeit verarbeitet würden. Dies sei nicht der Fall. Das FA erließ deshalb einen USt-Änderungsbescheid für das Streitjahr (2013).
Der Einspruch blieb erfolglos. In der Einspruchsentscheidung ergänzte das FA, die weitere Ausbildung der Pferde sei keine landwirtschaftliche Tätigkeit, weil dazu lediglich das Hüten, die Zucht und das Mästen von Vieh gehöre.
Das FG (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 16.11.2022, 4 K 20/21, Haufe-Index 15519725) wies die Klage ab. Es nahm an, die verkauften Pferde seien keine landwirtschaftlichen Erzeugnisse.
Entscheidung
Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück.
Hinweis
1. Im Bereich der Landwirtschaft entwickeln sich (aufgrund der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung des nationalen USt-Rechts) Ertragsteuer, Bewertungsrecht und USt auseinander. Dies belegt und betont das Besprechungsurteil.
2. Konkret entschieden hat der BFH im Streitfall, dass der Verkauf von Sport‐, Renn‐ und Turnierpferden nicht unter die Durchschnittssatzbesteuerung des § 24 Abs. 1 UStG fällt, weil solche Pferde kein "Vieh" sind und auf sie daher die Sonderregelung der Art. 295 ff. MwStSystRL nicht angewendet werden darf. Der BFH überträgt damit seine Rechtsprechung zu § 12 Abs. 2 (Nr. 1 und 3) UStG auf § 24 UStG.
3. Für diese Beurteilung zieht der BFH als weitere Begründung heran, dass die Ausbildung zu solchen Tieren nicht mit Mitteln erfolgt, die normalerweise in land‐, forst- oder fischwirtschaftlichen Betrieben verwendet werden. Oder anders gesagt: Ein Pferdetrainer ist normalerweise in landwirtschaftlichen Betrieben nicht vorhanden.
4. Die restriktive Rechtsprechung des BFH zu § 24 UStG ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Durchschnittssatzbesteuerung an sich nur auf Unternehmer angewendet werden darf, bei denen die Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung auf Schwierigkeiten stoßen würde (Art. 296 MwStSystRL). Nach Art. 296 Abs. 2 MwStSystRL sind von der Pauschalregelung landwirtschaftliche Erzeuger ausgenommen, bei denen die Anwendung der normalen Regelung keine verwaltungstechnischen Schwierigkeiten bereitet, das heißt, die faktisch in der Lage sind, die Verwaltungskosten im Zusammenhang mit den sich aus der Anwendung der normalen Mehrwertsteuerregelung ergebenden Aufgaben zu tragen (vgl. EuGH, Urteil vom 12.10.2016, C‐340/15, Nigl u.a., EU:C:2016:764, Rz. 42, 44 und 45, Haufe-Index 9837996; s.a. BFH, Urteil vom 26.5.2021, V R 11/18, BFH/NV 2022, 198, BStBl II 2022, 149, Rz. 23; BFH, Urteil vom 23.8.2023, XI R 27/21, BFH/NV 2024, 265, Rz. 16). Die in § 24 UStG n.F. inzwischen national vorgesehene Umsatzgrenze, die im Streitjahr (2013) noch nicht galt, ist als Typisierung hierfür sehr (wenn nicht zu) großzügig.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 13.9.2023 – XI R 37/22