OFD Magdeburg, Verfügung v. 3.4.2012, S 4514 - 16 - St 271/S 4514 - 16 - St 272

 

1. Allgemeines

Durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24.3.1999 (BGBl 1999 I S. 403, BStBl 1999 I S. 304) wurde § 5 GrEStG um einen Absatz 3 ergänzt.

Danach sind die Vergünstigungen der Absätze 1 und 2 insoweit nicht anzuwenden, als sich der Anteil des Veräußerers am Vermögen der Gesamthand innerhalb von fünf Jahren nach dem Grundstücksübergang auf die Gesamthand vermindert. Ein vorgefasster Plan ist danach nicht mehr erforderlich; allein das zeitliche Moment ist maßgebend.

Die Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 1 bzw. 2 GrEStG bleibt nur erhalten, wenn bzw. soweit der grundstückseinbringende Gesamthänder seine – auf der Gesellschafterstellung beruhende – (Mit-) Berechtigung an dem auf die Gesamthand übergegangenen Grundstück innerhalb von fünf Jahren nach dem Grundstücksübergang uneingeschränkt aufrechterhält.

Die Vergünstigung setzt

  • die eigentumsmäßige (sachenrechtliche) Mitberechtigung des grundstückseinbringenden Gesamthänders, die sich aus der Gesamthänderstellung ableitet, und
  • die vermögensmäßige Beteiligung an dem in das gesamthänderische Vermögen übergegangene Grundstück

voraus.

 

2. Anteilsverminderung

Eine Verminderung des Anteils (der Beteiligung) des Veräußerers am Vermögen der Gesamthand ist z.B. anzunehmen bei: Ausscheiden aus der Gesellschaft, Herabsetzung der Beteiligung durch Verkauf, Übertragung usw. an Dritte, auch an einen Treuhänder und Aufnahme neuer Gesellschafter (s. Pahlke/Franz, GrEStG, 3. Auflage, § 5 Rz. 30).

Auch die Umwandlung des grundstückseinbringenden Gesamthänders auf einen anderen Rechtsträger sowie die formwechselnde Umwandlung der erwerbenden Gesamthand in eine Kapitalgesellschaft führt zum Wegfall der Steuervergünstigung für den Einbringungsvorgang (s. Pahlke/Franz, a.a.O. § 5 Rz. 38, Beispiel 1).

Wechselt dagegen der grundstückseinbringende Gesellschafter innerhalb von fünf Jahren nach der Einbringung des Grundstücks in die Gesamthand seine Rechtsform, liegen die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 GrEStG nicht vor. Durch den Formwechsel bleibt zivilrechtlich die gesamthänderische Mitberechtigung des grundstückseinbringenden Gesamthänders unberührt.

 

3. Anwendung der allgemeinen Befreiungsvorschriften

Die Steuervergünstigungen des § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG können über § 5 Abs. 3 GrEStG nur versagt werden, wenn eine Umgehungsmöglichkeit tatsächlich besteht. Daher kommt eine Steuerpflicht nicht in Betracht, soweit ein der Verminderung des Anteils am Vermögen der Gesamthand entsprechender Grundstückserwerb nach den allgemeinen Vorschriften des § 3 GrEStG von der Steuer ausgenommen wäre (s. Pahlke/Franz, a.a.O., § 5 Rz. 66; Hofmann, GrEStG, 8. Aufl., § 5 RdNr. 24b).

Beispiel:

A überträgt sein Grundstück auf eine OHG, an der er und ein Dritter zu je 50 % beteiligt sind. Innerhalb von fünf Jahren überträgt A seinen Anteil auf seine Kinder.

A gibt zwar seine gesamthänderische Mitberechtigung auf, aber nur zu Gunsten seiner Kinder. Da ein dem Anteilserwerb durch die Kinder entsprechender Grundstückserwerb nach § 3 Nr. 6 GrEStG von der GrESt ausgenommen wäre, ist die Anwendung des § 5 Abs. 3 GrEStG ausgeschlossen.

In diesen Fällen ist der Rechtsnachfolger an die fünfjährige Behaltensfrist des Rechtsvorgängers gebunden.

Soweit ein der Verminderung des Anteils am Vermögen der Gesamthand entsprechender Grundstückserwerb (schenkweise Anteilsübertragung) den Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG erfüllt, findet die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 2 GrEStG Anwendung, so dass es zu keiner Versagung der Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG kommen kann (s. FinMin-Erlass vom 4.2.2008, 41 – S 4501 – 6).

 

4. Zeitlicher Anwendungsbereich – Fünfjahresfrist

Die Neuregelung gilt für alle Erwerbsvorgänge, die nach dem 31.12.1999 verwirklicht werden (§ 23 Abs. 6 Satz 2 GrEStG). Für Erwerbsvorgänge, die vor dem 1.1.2000 verwirklicht wurden, ist weiterhin die bisherige Rechtsprechung bzw. Verwaltungsauffassung anzuwenden (s. Pahlke/Franz, a.a.O., § 5 Rz. 20).

Die Fünfjahresfrist beginnt mit dem Übergang des Grundstücks auf die Gesamthand. Damit ist nicht der Zeitpunkt des Eigentumsübergangs gemeint, sondern der Zeitpunkt der Entstehung der Steuer für den Erwerbsvorgang (Boruttau, GrEStG, § 5 RdNr. 96). Die Fristberechnung richtet sich nach §§ 186 ff. BGB. Für die Frage, ob der Gesellschafter seinen Anteil am Vermögen der Gesamthand innerhalb der Fünfjahresfrist vermindert hat, ist auf die tatsächliche Einschränkung der Gesellschafterstellung und der damit verbundenen dinglichen Mitberechtigung am Grundstück abzustellen. Der Zeitpunkt einer ggf. vorausgegangenen schuldrechtlichen Einschränkung der Gesellschafterstellung ist nicht maßgeblich (BFH-Urteil vom 6.6.2001, II R 56/00, BFH/NV 2001 S. 1670, DStR 2001 S. 1752).

 

5. Festsetzungsfrist

§ 5 Abs. 3 GrEStG ist keine Nachversteuerungsvorschrift. Die Verminderung des Anteils des Veräußerers am Vermögen der Gesamthand stellt ein sog. rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1...

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