Leitsatz
Wird bei der Erstellung einer Steuerklärung eine nicht amtliche Steuersoftware verwendet, sind dem Steuerpflichtigen etwaige Programmierfehler oder eine unübersichtliche Menüführung zuzurechnen. Werden daher nach Bestandskraft des Steuerbescheids neue Tatsachen oder Beweismittel bekannt, die aufgrund dieser Softwarefehler bislang unberücksichtigt geblieben sind, ist keine Änderung des Steuerbescheids zugunsten des Steuerpflichtigen möglich.
Sachverhalt
Der Kläger hatte in seiner Einkommensteuererklärung einen Anspruch auf Kindergeld vermerkt, ihm entstandene Kosten für die Unterbringung seines Kindes in einer Krippe hatte er dagegen nicht deklariert. Erst nachdem der Einkommensteuerbescheid bestandskräftig wurde, beantragte er nachträglich die Kinderbetreuungskosten steuerlich absetzen zu können. Dies wurde vom Finanzamt abgelehnt, da den Kläger für das nachträgliche Bekanntwerden der Aufwendungen ein grobes Verschulden treffe. Eine etwaige Unkenntnis über die steuerliche Behandlung stünde dieser Einschätzung nicht entgegen, da durch die Anlage Kind auch für einen steuerlich nicht Fachkundigen etwaige Begünstigungen offensichtlich seien. Zudem hätte er sich über die entsprechenden Erläuterungen zur Anlage Kind Informationen beschaffen können. Hiergegen brachte der Kläger vor, dass er seine Steuererklärung mit einer Steuersoftware erstellt hatte, welche nicht direkt das amtliche Formular anzeige, sondern über eine eigene Eingabemaske verfüge. Aus diesem Grund hätte er bei der Erstellung seiner Steuererklärung keinen Hinweis auf eine Anlage Kind erhalten; ihn treffe daher kein grobes Verschulden bezüglich der nicht angegebenen Kinderbetreuungskosten.
Entscheidung
Das Gericht folgte der Ansicht des Finanzamts und wies die Klage als unbegründet ab. Die nachträgliche Änderung eines Steuerbescheids zugunsten des Steuerpflichtigen ist nur möglich, wenn ihn kein grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden der Tatsachen und Beweismittel trifft. Im entschiedenen Fall ist dem Kläger aber grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen, da er eine ausdrücklich im amtlichen Steuerformular gestellte Frage nicht beantwortet hat. Ein Steuerpflichtiger hat das Erklärungsformular und die Anleitung gewissenhaft zu lesen. Nach dem FG kann sich der Kläger nicht darauf berufen, dass er aufgrund der Eingabemaske der von ihm verwendeten Steuersoftware keine Hinweise für eine steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten erhalten hatte. Genau wie ein Steuerpflichtiger ein etwaiges Verschulden seines Steuerberaters bei der Anfertigung der Steuerklärung zu vertreten hat, kann er sich auch nicht auf einen unzureichenden Funktionsumfang einer Steuererklärungssoftware berufen.
Hinweis
Eine nachträgliche Änderung bestandskräftiger Steuerbescheide aufgrund neuer Tatsachen oder Beweismittel ist dagegen zugunsten von Steuerpflichtigen möglich, wenn die amtlichen elektronischen Elsterformulare nicht hinreichend deutlich sind (vgl. FG Hamburg, Urteil v. 27.9.2011, 1 K 43/11). Das Gericht stellte in diesem Verfahren klar, dass an Steuerpflichtige keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürfen und die Bearbeitung der Elster-Formulare deutlich schwieriger zu überblicken sei.
Link zur Entscheidung
FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.08.2011, 3 K 2674/10