OFD Nordrhein-Westfalen, Verfügung v. 22.8.2013, S 4514 - 1000 - St 255
1. Allgemeines zur Anwendung des § 5 Abs. 3 bzw. § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG
Nach § 5 Abs. 3 bzw. § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG ist die Steuervergünstigung rückgängig zu machen, wenn sich innerhalb von fünf Jahren nach dem Übergang des Grundstücks auf die Gesamthand der Anteil des Veräußerers/Gesamthänders am Vermögen der erwerbenden Gesamthand vermindert.
Diese Verminderung kann z.B. durch
- Ausscheiden des betreffenden Gesamthänders aus der Gesamthand,
- Herabsetzung der Beteiligung infolge Verkauf,
- Übertragung auf andere Gesamthänder,
- Aufnahme neuer Gesamthänder,
- Übertragung auf einen Treuhänder sowie
- Verschmelzung des erwerbenden Rechtsträgers auf einen anderen Rechtsträger
erfolgen.
1.1 Formwechsel der grundstückserwerbenden Gesamthand
Die formwechselnde Umwandlung der erwerbenden Gesamthand in eine Kapitalgesellschaft führt zu einem Wegfall der Steuervergünstigung.
Beispiel:
A überträgt auf eine OHG, an der er zu 50 % beteiligt ist, ein Grundstück. Innerhalb von 5 Jahren wird die OHG in eine GmbH formgewechselt.
Die Grundstücksübertragung ist nach § 5 Abs. 2 GrEStG in Höhe von 50 % befreit. Durch den Formwechsel wird jedoch der Tatbestand des § 5 Abs. 3 GrEStG verwirklicht, da die gesamthänderische Mitberechtigung des A am Grundstück durch den Formwechsel verloren geht (s. auch BFH vom 4.5.2011, II B 151/10, BFH/NV 2011 S. 1395).
Dies bedeutet, dass im vorliegenden Fall die Steuerfestsetzung nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO zu ändern ist.
1.2 Formwechsel des grundstückseinbringenden Gesamthänders
1.2.1 Homogener Formwechsel
Die homogene formwechselnde Umwandlung des grundstückseinbringenden Gesamthänders ist unschädlich und führt nicht zur Anwendung des § 5 Abs. 3/§ 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG (s. Boruttau, 17. Auflage, § 5 GrEStG, RdNr. 93). In diesem Fall geht die Einschränkung des § 5 Abs. 3/§ 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG auf den formgewechselten Rechtsträger über, wobei zukünftige mittelbare Gesellschafterveränderungen nur bei doppelstöckigen Personengesellschaften von Bedeutung sind (z.B. formwechselnde Umwandlung einer als Gesamthänderin vermögensmäßig beteiligten Personengesellschaft in eine Personengesellschaft neuer Rechtsform und anschließender Wechsel der Gesellschafter).
Beispiel:
Eine OHG X veräußerte am 22.01.05 ein Grundstück an eine KG. Gesellschafter der KG sind Z mit 10 % und die OHG X mit 90 %. An der OHG X sind A mit 20 %, B mit 30 % und C mit 50 % beteiligt. Im Mai 07 erfolgt eine formwechselnde Umwandlung der OHG X in eine GbR mit der Folge, dass nunmehr A mit 20 %, B mit 30 % und C mit 50 % an der GbR beteiligt sind. Im Oktober 09 überträgt C ihren Anteil an der GbR auf D.
- Die nach § 1 GrEStG steuerbare Grundstücksübertragung ist nach § 6 Abs. 3 Satz 1i.V.m. Abs. 1 GrEStG in Höhe von 90 % steuerfrei.
- Die formwechselnde Umwandlung des einbringenden Rechtsträgers ist für die Beurteilung nach § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG unschädlich (s. Boruttau, 17. Auflage, § 5 GrEStG, RdNr. 93). Die Einschränkung des § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG bleibt unverändert bestehen.
- Da C innerhalb des Fünfjahreszeitraums, gerechnet ab Übertragung des Grundstücks auf die KG, ausgeschieden ist, ist insoweit die Steuerbefreiung nach § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG rückgängig zu machen (50 % von 90 % = 45 %). Dies bedeutet, dass im vorliegenden Fall die Steuerfestsetzung nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO zu ändern ist und die Befreiung nur noch in Höhe von 45 % gewährt werden kann.
Da der Fünfjahreszeitraum noch nicht abgelaufen ist, ist die Festsetzung weiter in Überwachung zu halten.
1.2.2 Heterogener Formwechsel
Die heterogene formwechselnde Umwandlung des grundstückseinbringenden Gesamthänders ist dagegen schädlich und führt zur Anwendung des § 5 Abs. 3/§ 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG (s. Boruttau, 17. Auflage, § 5 GrEStG, RdNr. 94). In diesem Fall verliert der grundstückseinbringende Gesamthänder seine gesamthänderische Mitberechtigung an dem eingebrachten Grundstück (vgl. Urteil des FG Nürnberg vom 23.2.2012, 4 K 1596/11, EFG 2012 S. 1293 – Revision anhängig unter II R 17/12).
Beispiele:
1.) |
Kapitalgesellschaft als grundstückseinbringende Gesellschafterin |
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Eine GmbH X veräußert am 15.01.02 ein Grundstück an eine KG. Gesellschafter der KG sind A mit 10 % und die GmbH X mit 90 %. An der GmbH X sind A mit 20 %, B mit 30 % und C mit 50 % beteiligt. Im Mai 02 erfolgt eine formwechselnde Umwandlung der GmbH X in eine OHG mit der Folge, dass nunmehr A mit 20 %, B mit 30 % und C mit 50 % an der OHG beteiligt sind. Im Oktober 02 überträgt C ihren Anteil an der OHG auf D. |
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a) |
Die nach § 1 GrEStG steuerbare Grundstücksübertragung ist nach § 5 Abs. 2 GrEStG in Höhe von 90 % steuerfrei. |
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b) |
Die formwechselnde Umwandlung des einbringenden Rechtsträgers ist für die Beurteilung nach § 5 Abs. 3 GrEStG schädlich (s. Boruttau, 17. Auflage, § 5 GrEStG, RdNr. 94). Die bisher gewährte Befreiung i.H.v. 90 % ist mit Eintragung des Formwechsels im Handelsregister der OHG (§ 198 Abs. 1 UmwG) nach § 5 Abs. 3 GrEStG ... |