Leitsatz
1. "Häusliches Arbeitszimmer" i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG ist ein Raum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer bzw. -organisatorischer Arbeiten dient.
2. Auch ein im Keller des selbst bewohnten Einfamilienhauses gelegener Raum, den der Steuerpflichtige zusätzlich zu einem häuslichen Arbeitszimmer als Archiv nutzt, kann zusammen mit diesem unter die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG fallen.
Normenkette
§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG , § 9 Abs. 5 EStG
Sachverhalt
Der Kläger erzielte im Streitjahr 1996 als angestellter Bauingenieur Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Er nutzte in dem von ihm und seiner Ehefrau, der Klägerin, bewohnten Einfamilienhaus zwei Räume für seine beruflichen Zwecke, ein Arbeitszimmer (rd. 17 qm) und ein Archiv (9 qm). Ein anderer Arbeitsplatz stand ihm nicht zur Verfügung. Das im Keller gelegene, beheizte und mit Außenfenstern versehene Archiv diente zur Unterbringung von rd. 500 beruflich genutzten Aktenordnern und Fachbüchern. Eingerichtet war das Archiv mit Regalen und einem Ablagetisch.
Die Aufwendungen für das Arbeitszimmer i.H.v. 11.346 DM und für das Archiv i.H.v. 5.664 DM berücksichtigte das FA nur mit 2.400 DM. Antragsgemäß anerkannte das FG zusätzlich die Kosten des Archivs in voller Höhe. Das Archiv im Keller sei kein häusliches Arbeitszimmer i.S.d. genannten Vorschrift.
Entscheidung
Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück. Die Sache sei nicht entscheidungsreif. Das FG werde in tatsächlicher Hinsicht festzustellen haben, ob der als Archiv genutzte Raum unter Berücksichtigung seiner Ausstattung, Lage und Funktion als Teil des häuslichen Arbeitszimmers anzusehen sei. Es habe dabei auch zu berücksichtigen, dass das Arbeitszimmer und das Archiv trotz der räumlichen Trennung eine funktionale Einheit bilden könne und allein die Lage des Archivs im Keller des selbst genutzten Einfamilienhauses den häuslichen Zusammenhang nicht notwendig durchbreche.
Hinweis
1. Bei der vorliegenden Besprechungsentscheidung hat der BFH in einem ersten Grundsatzurteil zunächst einmal geklärt, was unter dem Begriff eines "häuslichen Arbeitszimmers" zu verstehen ist, nachdem der Gesetzgeber ab 1996 die Frage der Abzugsfähigkeit von Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers neu geregelt hat.
2. Der BFH hat unter ausführlicher Darstellung der bisherigen Rechtsprechung detailliert herausgearbeitet, dass der Gesetzgeber keinen neuen, von der bisherigen Rechtsprechung losgelösten Begriff habe einführen wollen. Der Gesetzgeber hat vielmehr den Begriff des "häuslichen Arbeitszimmers" in seiner herkömmlichen Bedeutung übernommen.
3. Dies bedeutet zum einen, dass nicht jeder beruflich oder betrieblich genutzte Raum, der in einem räumlichen Zusammenhang mit dem selbst genutzten Wohnhaus oder der Wohnung des Steuerpflichtigen steht, ein "häusliches Arbeitszimmer" darstellt. Vielmehr ist entscheidend, in welcher Weise der betreffende Raum genutzt wird.
Demnach kann – wie sich ebenso aus der Gesetzesbegründung ergibt – auch die "kleine" Steuerberatungs- oder Rechtsanwaltspraxis unter den genannten Begriff fallen; nicht aber die "reguläre" Beratungspraxis oder Kanzlei eines Steuerberaters oder Rechtsanwalts. Letzteres gilt regelmäßig auch für die (häusliche) Arztpraxis.
4. Aus der Anknüpfung an die bisherige Rechtsprechung ist auch zu schließen, dass ein "häusliches Arbeitszimmer" dann vorliegt, wenn es seiner Lage, Funktion und Ausstattung entsprechend in die häusliche Sphäre eingebunden ist.
5. In der Besprechungsentscheidung wird auch herausgearbeitet, dass es sich bei dem "häuslichen Arbeitszimmer" um einen von der Rechtsprechung geprägten Typus handelt. Aus dem Wesen des Typus folgt, dass seine Grenzen fließend sind und es Übergangsformen gibt. Hieraus ergibt sich auch, dass der jeweilige Sachverhalt diesem Typusbegriff in wertender Weise zugeordnet werden muss. Entscheidend ist dabei das sich aus den konkreten Verhältnissen ergebende Gesamtbild. Schematische Lösungen gibt es folglich nicht. Im Einzelfall mag – wie auch im Streitfall – eine sichere Beurteilung für den Rechtsanwender schwer fallen.
6. In Anwendung dieser Grundsätze ist zu folgern, dass auch ein Kellerraum, der seiner Funktion und Ausstattung nach ein Arbeitszimmer ist, grundsätzlich unter die Abzugsbeschränkung fallen kann, wenn er nicht aufgrund besonderer Umstände tatsächlicher oder rechtlicher Art aus der häuslichen Sphäre herausgelöst ist.
Dagegen muss ein als Lager, Werkstatt oder Arztpraxis genutzter Raum bei einer für ein Arbeitszimmer atypischen Ausstattung und Funktion auch dann kein häusliches Arbeitszimmer sein, wenn er seiner Lage nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist.
7. Nach Ansicht des BFH ergibt sich aus dem Angeführten für den Streitfall, dass auch ein im Keller belegenes Archiv unter ...