Dipl.-Finanzwirt Helmut Bur
Mit dem Tod des Erblassers geht der gesamte Nachlass unentgeltlich im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Alleinerben oder die Erbengemeinschaft über. Der Nachlass ist Gesamthandsvermögen der Erben. Die Erbengemeinschaft wird bis zu ihrer Auseinandersetzung steuerlich bei den Überschusseinkünften, mithin auch bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, wie eine Bruchteilsgemeinschaft behandelt.
Die persönliche Steuerpflicht des Erblassers endet mit dem Tod. Ihm sind die bis zum Todeszeitpunkt erzielten Einkünfte zuzurechnen.
Wenn nur ein Alleinerbe vorhanden ist, treten alle zivilrechtlichen und steuerrechtlichen Folgen bereits mit dem Tod des Erblassers ein. Einer Erbauseinandersetzung bedarf es nicht. Der Erbanfall ist ertragsteuerrechtlich ein unentgeltlicher Erwerb auf der privaten Vermögensebene, der als einmaliger Vermögensanfall nicht der Einkommensteuer unterliegt. Die Einkünfte nach dem Tod des Erblassers sind dem Erben zuzurechnen, und zwar grundsätzlich in derselben Einkunftsart wie beim Erblasser.
Bei der Vererbung eines Gebäudes im Privatvermögen hat der Erbe die AfA des Erblassers fortzuführen. Der Alleinerbe hat durch den Erbfall keine Anschaffungskosten. Auch wenn Schulden des Erblassers auf den Alleinerben übergehen, entstehen grundsätzlich keine Anschaffungskosten für den Nachlass.
Wenn mehrere Erben vorhanden sind, entsteht mit dem Erbfall eine Miterbengemeinschaft. Die Miterben verwalten den Nachlass gemeinsam und können über Nachlassgegenstände nur gemeinschaftlich verfügen. Die Erbengemeinschaft kann unbegrenzt bestehen bleiben.
Jeder Miterbe kann grundsätzlich jederzeit die Erbauseinandersetzung verlangen. Das gemeinschaftliche Vermögen der Miterben ist vor der Erbauseinandersetzung von ihren jeweiligen Privat- oder Eigenvermögen getrennt zu sehen. Das Gesamthandsvermögen wird im Wege der Erbauseinandersetzung in das Vermögen der einzelnen Miterben überführt. Die Auseinandersetzung erfolgt durch einen obligatorischen Vertrag unter den Miterben und durch die dinglich wirkende Teilung des Vertrags. Erst wenn alle dinglichen Erfüllungsakte erfüllt und die Nachlassgegenstände bzw. ihr Erlös real unter die Miterben aufgeteilt ist, ist die Miterbengemeinschaft aufgelöst und die Erbauseinandersetzung vollzogen.
Es ist im Einkommensteuerrecht ebenso wie im Zivilrecht grundsätzlich davon auszugehen, dass die Erbauseinandersetzung dem Erbfall als selbstständiger Rechtsvorgang nachfolgt und mit diesem keine rechtliche Einheit bildet.
Der Erbfall selbst ist ein unentgeltlicher Vorgang, der noch keine einkommensteuerrechtlichen Folgen hat. Auch bei der Erbauseinandersetzung über Privatvermögen führt eine Teilung ohne Abfindungszahlungen nicht zur Entstehung von Anschaffungskosten oder Veräußerungserlösen. Eine Erbauseinandersetzung kann auch in der Weise ausgeführt werden, dass einem Miterben ein Nutzungsrecht an einem zum Nachlass gehörenden Wirtschaftsgut eingeräumt wird, das einem anderen Miterben zugeteilt wird (z. B. Wohnrecht an einem Gebäude). Dieses Nutzungsrecht ist nicht gegen Entgelt bestellt. Die Ablösung des Nutzungsrechts durch den Miterben führt zu nachträglichen Anschaffungskosten. Ein entgeltlicher Erwerb liegt vor, wenn ein Miterbe für den Erwerb eines Nachlassgegenstands von den übrigen Miterben Vermögenswerte außerhalb der Erbmasse einsetzen muss. Abfindungszahlungen eines Erben im Rahmen der Erbauseinandersetzung und Aufwendungen für den Erwerb des Erbteils eines Miterben führen beim Leistenden grundsätzlich zu Anschaffungskosten. In gleicher Höhe entsteht beim weichenden Miterben ein Veräußerungserlös. Der Veräußerungsgewinn ist nur steuerpflichtig, wenn die Voraussetzungen des § 23 EStG vorliegen.
Der Erbfall ist kein entgeltlicher Erwerb und damit zwar keine Anschaffung i. S. d. § 23 EStG; § 23 EStG ist jedoch dann erfüllt, wenn zwischen Anschaffung durch den Erblasser und Veräußerung durch den oder die Erben die Spekulationsfrist noch nicht abgelaufen ist.