Leitsatz
Dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Handelt jemand, der für eigene Wohnzwecke ein Wohnhaus erwirbt oder errichtet, bei Erwerb oder Errichtung des Wohnhauses als Steuerpflichtiger, wenn er einen Raum des Gebäudes als sog. häusliches Arbeitszimmer für eine selbstständige nebenberufliche Tätigkeit verwenden will?
Falls Frage 1 bejaht wird:
2. Ist bei gemeinsamer Bestellung eines Investitionsgegenstands durch eine Bruchteils- oder Ehegattengemeinschaft, die selbst nicht unternehmerisch tätig ist, von einem Erwerb durch einen Nichtsteuerpflichtigen, der nicht zum Vorsteuerabzug der auf den Erwerb fallenden Mehrwertsteuer berechtigt ist, auszugehen, oder sind die Gemeinschafter Leistungsempfänger?
Sofern Frage 2 bejaht wird:
3. Steht das Recht auf Vorsteuerabzug bei Erwerb eines Investitionsguts durch Ehegatten in Bruchteilsgemeinschaft, wenn der Gegenstand nur von einem der Gemeinschafter für seine unternehmerischen Zwecke verwendet wird,
a) diesem einen Gemeinschafter nur für den proportional auf seinen Anteil als Erwerber entfallenden Vorsteuerbetrag zu
oder
b) steht dem Gemeinschafter gem. Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der 6. EG-RL der Vorsteuerbetrag zu, der auf den Anteil seiner unternehmerischen Verwendung des gesamten Gegenstands entfällt (vorbehaltlich der Rechnungsvoraussetzungen gem. Frage 4)?
4. Bedarf es zur Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug gem. Art. 18 der 6. EG-RL einer Rechnung i.S.v. Art. 22 Abs. 3 der 6. EG-RL, die auf diesen Ehegatten/Gemeinschafter allein – und mit den auf ihn proportional entfallenden Entgelts- und Steuerbeträgen – ausgestellt ist oder reicht die an die Gemeinschafter/Ehegatten ohne solche Aufteilung ausgestellte Rechnung aus?
Normenkette
§ 14 Abs. 1 UStG , § 15 Abs. 1 UStG , Art. 17, 18 der 6. RL
Sachverhalt
Der Kläger und seine Ehefrau bauten ein Haus, in dem er ein "häusliches Arbeitszimmer" (12 % der Gesamtwohnfläche) für seine nebenberufliche Tätigkeit als Fachschriftsteller benutzte. In den Umsatzsteuererklärungen für 1991 bis 1993 machte er aus den Rechnungen Vorsteuerbeträge anteilig mit 12 % geltend.
Das FA versagte den Vorsteuerabzug mit der Begründung, Bauherr und Leistungsempfänger sei Grundstücksgemeinschaft gewesen.
Die Klage hatte zum Teil Erfolg. Das FG meinte, der Kläger sei nur zu 1/4 zivilrechtlicher Auftraggeber und Empfänger der auf das Arbeitszimmer entfallenden Bauleistungen. Es stützte sich insoweit – mangels weiterer Anhaltspunkte – auf die Eigentumsverhältnisse am Grundstück (3/4-Beteiligung der Ehefrau). Es ließ daher nur 1/4 von 12 v.H. der gesamten Vorsteuerbeträge zum Abzug zu. Dass die Rechnung an beide Eheleute gerichtet war, hielt das FG für unschädlich.
Kläger und FA legten Revision ein; das FA wegen der an die Gemeinschaft gerichteten Rechnungen, der Kläger will 12 % der Vorsteuer.
Entscheidung
Der BFH legte die im Leitsatz wiedergegebenen Fragen dem EuGH vor. Halten Sie "häusliche Arbeitszimmer"-Fälle offen.
Hinweis
1. Leistungsempfänger ist regelmäßig der vertraglich festgelegte Auftraggeber der Leistung. Bei gemeinschaftlicher Auftragserteilung durch mehrere Personen ist entscheidend, ob die Personenmehrheit als solche eine (umsatzsteuerrechtlich) eigenständige Rechtsperson (Personen- oder Kapitalgesellschaft) ist oder ob die Personenmehrheit ohne eigene Umsätze als solche lediglich für den Bezug einer Leistung gemeinschaftlich verbunden ist. Im letzteren Fall ist grundsätzlich jeder Gemeinschafter mit dem für ihn vereinbarten Anteil Leistungsempfänger (zuletzt BFH, vom 16.5.2002, V R 15/00, BFH/NV 2002, 1346). Dass die Rechnungen an die Gemeinschaft gerichtet sind, ist unschädlich.
2. Nutzen alle Gemeinschafter den Gegenstand für ihr Unternehmen, steht jedem der Vorsteuerabzug entsprechend seinem Anteil an der Gemeinschaft zu. Gleiches gilt, wenn nur einer den Gegenstand für sein Unternehmen nutzt; er erhält ebenfalls nur den anteiligen Vorsteuerabzug; mangels anderer Anhaltspunkte ging der BFH von der zivilrechtlichen Grundregel – gleiche Anteile der Gemeinschafter (vergl. § 742 BGB) – aus.
3. Anders als z.B. Österreich (seit 1996) kennt das deutsche UStG keinen Ausschluss und keine Begrenzung des Vorsteuerabzugs für ein "häusliches Arbeitszimmer". § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG n.F. nimmt nicht auf § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Buchst. b EStG Bezug. Dennoch sah der BFH Klärungsbedarf zur Abstimmung mit der Richtlinie, denn:
4. Nach der 6. RL Richtlinie ist nicht eindeutig, ob Leistungen zur Herstellung eines Wohngebäudes, in dem ein sog. häusliches Arbeitszimmer eingerichtet wird, von dem darin tätigen Ehegatten "als Steuerpflichtiger" (i.S.d. Art. 4 Abs.1 der 6. RL) und "für Zwecke seiner besteuerten Umsätze" (i.S.v. Art. 17 Abs. 2 der 6. RL) oder nicht vielmehr für private Wohnzwecke bezogen werden (mit der Folge: keine Zuordnungsmöglichkeit). Falls nicht schon deshalb ein Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist, ist zweifelhaft, ob solche Aufwendungen i.S.d. 6. RL "keinen streng geschäftlichen Charakter" haben und deshalb gem. Art...