Entscheidungsstichwort (Thema)
Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges für Streitigkeiten um den auf das Hamburgische Informationsgesetz gestützten Anspruch auf Informationszugang zu sich bei einem Finanzamt befindenden Unterlagen. Eigenständigkeit des voraussetzungslosen Anspruchs auf Zugang zu Informationen nach den Informationsfreiheitsgesetzen
Leitsatz (amtlich)
1. Für Streitigkeiten um den auf das Hamburgische Informationsfreiheitsgesetz gestützten Anspruch auf Informationszugang zu Unterlagen, die sich bei einem Finanzamt befinden, ist der Verwaltungsrechtsweg und nicht nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO der Finanzrechtsweg gegeben (entgegen BFH, Beschl. v. 10.2.2011, VII B 183/10).
2. Der voraussetzungslose Anspruch auf Zugang zu Informationen nach den Informationsfreiheitsgesetzen ist gegenüber den Vorschriften, denen die informationspflichtigen Stellen bei der Erledigung ihrer unmittelbaren Aufgaben unterliegen, eigenständig und kein bloßer Annex zum jeweiligen Fachrecht.
Normenkette
VwGO § 40 Abs. 1 S. 1; FGO § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2; HmbIFG § 3 Abs. 2 Nr. 5
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 6. September 2011 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Kläger begehrt in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Buchdruckerei … GmbH Zugang zu den Informationen, die in den beim Finanzamt … über die genannte GmbH geführten Vollstreckungsakten enthalten sind. Er stützt sein Begehren ausschließlich auf ein Informationszugangsrecht nach dem Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetz (HmbIFG).
Das nach Ablehnung des Akteneinsichtsgesuchs und Zurückweisung des dagegen eingelegten Einspruchs vom Kläger angerufene Verwaltungsgericht Hamburg hat mit Beschluss vom 6. September 2011 vorab nach § 17a Abs. 3 GVG über die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs entschieden und diese bejaht. Der Streit um einen Anspruch auf Informationszugang nach dem Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetz sei eine öffentliche-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art. Die Streitigkeit sei nicht im Sinn von § 40 Abs. 1 Satz 1, letzter Halbsatz VwGO ausdrücklich dem Finanzgericht zugewiesen. Eine solche Zuweisung ergebe sich nicht aus § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 FGO. Zwar zähle zu den Abgabenangelegenheiten im dort genannten Sinn auch die Entscheidung über die Gewährung von Akteneinsicht. Allerdings sei hierunter nach dem eindeutigen Wortlaut von § 33 Abs. 2 FGO nur eine Entscheidung unter Anwendung von abgabenrechtlichen Vorschriften zu verstehen, nicht aber eine Entscheidung über ein allgemeines Informationsbegehren aufgrund allgemeiner verwaltungsrechtlicher Vorschriften. Der Umstand, dass Informationen aus einer Vollstreckungsakte des Finanzamts begehrt würden, mache die Streitigkeit über das Bestehen eines Informationsanspruchs nach dem Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetz nicht zu einer Abgabenangelegenheit. Ob daneben – unter Zugrundelegung abgabenrechtlicher Akteneinsichts- und Auskunftsansprüche – auch eine Abgabenangelegenheit vorliege, sei für die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs unerheblich, da das angegangene Verwaltungsgericht gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG auch über rechtswegfremde Ansprüche mitzuentscheiden hätte, falls diese vom Kläger geltend gemacht würden. Der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 10. Februar 2011 (VII B 183/10, […]) sei nicht zu folgen. Die Begründung der dort vertretenen Ansicht, wonach es sich zumindest in denjenigen Fällen um eine Abgabenangelegenheit handle, in denen der Insolvenzverwalter, ohne sein Anliegen näher zu konkretisieren, allgemein Einsicht in die beim Finanzamt geführten Vollstreckungsakten begehre, überzeuge mangels Systemgerechtigkeit nicht. Wenn schon zur Bestimmung des Rechtswegs maßgeblich auf den Inhalt der Akten abgestellt werde, müssten auch Auskunftsansprüche eines Insolvenzverwalters auf der Grundlage eines Anfechtungsrechts nach der Insolvenzordnung als Abgabenangelegenheit mit der Folge des Finanzrechtswegs angesehen werden. Hierfür sehe aber der Bundesfinanzhof selbst (in Übereinstimmung mit dem Bundesgerichtshof) den Finanzrechtsweg nicht als gegeben an, da er dabei auf eine zivilrechtliche Anspruchsgrundlage für den Auskunftsanspruch abstelle. Sei aber zutreffenderweise auf die maßgebliche Anspruchsnorm abzustellen, könne für einen Auskunftsanspruch auf der Grundlage allgemeiner verwaltungsrechtlicher Vorschriften (hier: des HmbIFG) nichts anderes gelten.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten. Nach ihrer Ansicht liegt hier eine Str...